Zwei Seiten
Ich lächelte und beglückwünschte mich im Stillen zu dieser logischen Erklärung. Wie hatte ich das alles bloß mit Erregung verwechseln können? Wie lächerlich, anzunehmen, Julias Berührungen könnten mich irgendwie … ich schluckte … stimulieren. Ich schüttelte den Kopf und lachte über mich selbst. Die stressige Situation mit Oliver und die ständigen Verdächtigungen nahmen mich offenbar mehr mit, als ich dachte.
Julia stoppte das Eincremen. »Was ist so witzig?«
Ich drehte mich zu ihr um und nahm die Sonnenlotion. Damit cremte ich den Rest meines Körpers ein. Zufällig sah ich auf und bemerkte, wie Julias Blick meiner eincremenden Hand folgte, die Lotion auf meinem Dekolleté verteilte. »Du«, sagte ich grinsend.
Eigentlich erstaunlich, aber dass Julia meinen Körper betrachtete, störte mich nicht. Ganz im Gegenteil. Offenbar schien sie, genau wie Nathalie, die positiven Veränderungen an meinem Körper zu bemerken.
Julias Wangen nahmen eine tiefrote Farbe an. Sie drehte den Kopf weg und schaute aufs Meer hinaus.
Ich beobachtete ihr Profil und cremte mich weiter ein. Oder … Ich stoppte in meiner Bewegung. War Julias Blick am Ende nicht nur freundschaftlicher Natur und sie hatte mich … abgecheckt? Ach, so ein Quatsch. Olivers dummes Gelaber machte mich ganz verrückt. Ich beschloss, diese Gedanken ein für alle Mal zu begraben. Julia war meine beste Freundin. Was mich betraf, war sie asexuell. Basta. »Dreh dich um, Julia. Jetzt bist du dran.«
Julia tat wie geheißen und nahm ihren Pferdeschwanz nach vorne.
Im Folgenden begann ich, ihren Rücken gründlich einzucremen. Sie lehnte sich leicht gegen meine Berührung.
»Wow, bist du verspannt«, sagte ich. »Am besten gebe ich dir auch gleich eine kurze Massage.«
Julia räusperte sich. »Musst du nicht.«
»Ich weiß. Und jetzt entspann dich.«
Julia ließ die Schultern etwas hängen.
Mit meinen Fingern und Handflächen bearbeitete ich die angespannten Muskeln. Ich hätte das ewig machen können. Hoffentlich entspannte die Massage Julia genauso sehr wie mich.
Irgendwann hielt Julia meine Hände fest und ich ließ von ihr ab.
Ich gab Julia die Sonnenlotion und legte mich wieder hin, um die Sonne zu genießen.
»Danke«, murmelte sie leise und cremte sich zu Ende ein.
* * *
Am frühen Abend, als ich aus dem Bad kam, hörte ich Stimmen aus der Küche oder dem Wohnzimmer. Waren das Julia und Oliver? Es klang fast so. Neugier trieb mich an. Auf Zehenspitzen schlich ich den Gang entlang. Nach ein paar weiteren Schritten konnte ich das Wohnzimmer einsehen. Wer immer da redete, sie mussten in der offenen Küche sein.
»Warum tust du das bloß?«, fragte Julia.
»Dasselbe könnte ich dich fragen.« Oliver klang abweisend und kalt. »Sie war meine Freundin, verdammt.«
Julia wurde, vollkommen untypisch für sie, laut: »Zwischen mir und Scarlett war und ist nichts außer Freundschaft.«
Oliver grunzte.
Ich hörte ein oder zwei Schritte in der Küche. Sollte ich mich verstecken oder einfach hier stehen bleiben? Eine Entscheidung erübrigte sich, als die Unterhaltung weiterging.
»Für wie naiv hältst du mich eigentlich?«, zischte Oliver. »Du hast sie vom ersten Tag an mit deinen Blicken fast ausgezogen. Ich dachte, ich würde mir das nur einbilden, und war auch noch so blöd, sie mit dir hierhin zu schicken. Als Nächstes kommt sie wieder, ist distanziert und macht Schluss. Ich bin vielleicht nicht so schlau wie du, aber ein totaler Volltrottel bin ich auch nicht. Verdammt, ich hab dir vertraut. Ich war so bescheuert.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll, um es dir endlich begreiflich zu machen. Zwischen Scarlett und mir ist nie etwas passiert.« Julias Stimme zitterte. »Nicht so etwas. Und nur weil sie nicht mit dir schlafen wollte und die Beziehung beendet hat, heißt das nicht, dass zwischen ihr und mir was lief.«
»Das hat sie dir also erzähl!«, schrie Oliver.
Ich zuckte zusammen.
Das hatte sicher jeder im Haus gehört. Aber keiner ließ sich blicken.
»Was kam bloß über mich, dass ich mit meiner Freundin schlafen wollte?«
»Sie aber nicht.« Julias Stimme klang angespannt. »Ihr wart doch erst eineinhalb Monate zusammen.«
Ich hörte ein lautes Geräusch und es dauerte einen Moment, bis ich es als einen Schlag mit der offenen Hand auf eine Fläche erkannte. Oh Gott, hatte er Julia etwa geschlagen? Wenn ja, würde er das bereuen. Dafür würde ich sorgen. Nach zwei Schritten konnte ich um die Ecke und in die
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