Zwei Seiten
während Julia und ich aufstanden.
»Wir machen uns heißen Kakao«, sagte ich. »Kann ich euch auch für eine Tasse begeistern?«
Beide schüttelten den Kopf.
»Lieb von dir zu fragen.« Nathalie fächerte sich etwas Luft zu. »Aber ich schwitze jetzt schon wie ein Yeti.«
Mit mir in der Küche rumwerkelnd, sagte Julia leise: »Nathalie hat recht, weißt du?«
»Es ist schon warm«, sagte ich. »Trotzdem hab ich Lust drauf. Aber du musst ja nicht.«
Julia schüttelte den Kopf. »Nicht das. Ich meine, was sie über Oliver gesagt hat.«
Ich berührte Julia sanft an der Schulter.
»Er benimmt sich wie ein Riesenarschloch.« Julia stoppte in ihrer Bewegung, Kakaopulver auf die Tassen zu verteilen. »Scarlett, glaubst du … glaubst du, er kommt nur, um mir den Urlaub zu verderben?«
Ich nahm ihr die Dose Kakaopulver aus der Hand, stellte sie auf der Küchenplatte ab und schloss Julia in die Arme. »Ich weiß nicht, warum er das tut. Mir fehlen die Worte, um dir zu sagen, wie wütend ich auf ihn bin, dass er dir so wehtut. Und das wegen nichts.«
Julia vergrub ihr Gesicht in meinem Nacken und für eine Weile standen wir bewegungslos da. Irgendwann löste sich Julia langsam von mir und ich sah, wie ihr einige Tränen die Wangen herunterrollten.
Wir sahen einander an und sagten erneut zeitgleich: »Kakao.«
* * *
Die Tür ging auf und eine Frau Anfang zwanzig kam herein, einen Koffer im Schlepptau. Das musste Olivers Neue sein.
Ich hatte sie mir irgendwie anders vorgestellt. Diese Jennifer war etwa so groß wie ich und hatte sogar eine ähnliche Frisur und Haarfarbe wie ich. Als Schwestern wären wir wohl nicht durchgegangen, aber eine gewisse Ähnlichkeit ließ sich nicht leugnen. Schätze, mein Ex hatte ein bestimmtes Beuteschema, was das Äußere betraf. Wie oberflächlich. Ich hatte ihn wirklich total falsch eingeschätzt.
Oliver kam hinter Jennifer zum Vorschein, schloss die Tür und stellte seinen Koffer ab. Anschließend blieb er neben der Blondine stehen und betrachtete uns abfällig. »Jennifer, das ist Daniels Freundin Nathalie.« Er zeigte auf meine ehemalige Mitbewohnerin.
Nathalie winkte.
»Und das sind Julia und ihre … Freundin Scarlett.«
Ich glotzte Oliver fassungslos an. Die Art, wie er Freundin sagte, ließ keinen Zweifel daran, welche Art von Beziehung er mir und Julia unterstellte.
»Mitbewohnerin«, sagte Julia und rang sich ein schiefes Lächeln ab.
Ich scheiterte kläglich an dem Versuch, Jennifer freundlich anzulächeln, und starrte Oliver mit zusammengekniffenen Augen an. Bevor ich etwas sagte oder tat, das ich später bereuen würde, flüchtete ich auf die Terrasse.
Bei meiner Rückkehr ins Wohnzimmer, einige Minuten später, war Julia die Einzige dort. Sie saß auf der Couch und schaute in die Feuerstelle.
Ich setzte mich schweigend neben sie. Am liebsten wäre ich zu Oliver gegangen, um ihn dahin zu treten, wo es wehtat. Aber stattdessen legte ich den Arm um Julias Schultern.
* * *
Daniel und Nathalie trauten sich in die kalte Nordsee.
Julia und ich breiteten unsere Strandtücher nebeneinander aus und streiften unsere Klamotten ab, bis wir in Bikinis dastanden.
Ich war wirklich zufrieden mit meinem mittlerweile deutlich sportlicheren Körper. Trotzdem beneidete ich Julia immer noch um ihr Aussehen.
Als Nathalie und Daniel aus dem Wasser zurückkamen, hob ich den Kopf und bemerkte, wie Nathalie Julia anstarrte. Ich schmunzelte und warf ihr einen Blick zu, der ausdrücken sollte: »Siehst du, ich hab‘s doch gesagt: Julias Körper ist perfekt«.
»Cremt euch lieber ein«, sagte Daniel. »Es ist zwar windig und daher nicht besonders warm, aber die Sommersonne ist ziemlich stark.«
Julia sah zu mir und holte die Sonnencreme aus dem mitgebrachten Korb.
Ich drehte ihr den Rücken zu.
Wortlos begann Julia, die Lotion in meine Haut einzumassieren.
Meine Augen fielen zu. Die vorsichtigen, aber dennoch kräftigen kreisenden Bewegungen fühlten sich unglaublich gut an. Überall auf meinem Körper bekam ich eine Gänsehaut. Gleichzeitig wurde mir auf einmal ganz heiß. Es war fast wie … Erregung. Ich riss die Augen auf. Erregung?
Quatsch! Klar war mir warm, ich war ja schließlich in der prallen Sonne. Und was meine schnelle Atmung betraf … na ja, so schnell war sie auch wieder nicht. Doch warum prickelte mein Rücken und … der Rest meines Körpers? Und warum bekam ich eine Gänsehaut? Ach … der Temperaturunterschied zwischen warmer Sonne und kalter Sonnenlotion.
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