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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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verabredet oder so. Aber er war mein Gute-Laune-Gedanke für diesen Tag.
    Doro ist zu ihrer Galeristin gefahren und ich habe großspurig behauptet, ich käme schon klar und kam natürlich überhaupt nicht klar. Das leere Haus bot so viel Platz für Gedanken, dass ich mal wieder an Oliver denken musste. Und ich habe es einfach nicht geschafft, an etwas Gemeines zu denken. Weil nämlich das Herz im Gegensatz zum Verstand ein paar Umwege macht und sich hin und wieder in den schönen Erinnerungen festbeißt statt in den beschissenen, wie es sich gehört, und einem damit alles vollkleckert; mit rosarot und schön und Sonne im Haar und dieser ganzen verfluchten Herzscheiße. Manchmal denke ich, das Herz ist ein Idiot. Aber das ist wohl sein Job. Diese Portion Schwachsinn in unser Leben zu bringen, meine ich. Mit dem wir uns – zugegeben – hin und wieder ganz gut fühlen.
    Ich denke zum Beispiel, Schmetterlinge im Bauch sind nichts anderes als eine sozial akzeptierte Form von Schwachsinn. Sonst würden wir uns mit unserem riesigen Gehirn und unserer maßlosen Intelligenz vermutlich zu Tode langweilen.
    Und dann brauchst du eine halbe Ewigkeit, um dich vom Schock der schönen Erinnerung zu erholen und in all dem Dusel nicht zu versinken und dann denkt Marie: Mensch, ich hab’s drauf. Ich geh jetzt nicht kaputt vor Schmerz, ich geh jetzt an den Strand und mach mir einen dermaßen schönen Tag, ihr werdet schon sehen. Aber es kommt anders.
    Und dann sitzt Marie auf der Titanic, zu Füßen der großen Lady und ihr fällt nichts ein. Ihr fällt nicht mehr ein, was sie vor fünf Tagen gedacht und empfunden hat, als sie am selben Ort war und glaubte, sie hätte etwas begriffen. Sie versteht nicht mehr, was das Meer ihr sagen will und sie fühlt sich irgendwie verraten. Sie fühlt sich, als hätte einer sein Versprechen gebrochen. Oliver. Isabella. Das Meer. Der anonyme Gitarrist. Das Leben. Sie weiß es nicht.
    Ich krame das Notizbuch aus meiner Tasche, stopfe mir meine Kopfhörer in die Ohren und tue, was ich immer tue, wenn die Gedanken Amok laufen.
    Ich schreibe.
    Zuerst sind es nur einzelne Wörter und dann werden aus den Wörtern Sätze. Ich weiß am Anfang nie, wo die Worte herkommen und wo sie hinwollen und was sie bedeuten, aber das ist ja auch das Tolle am Schreiben: dass man nicht immer schon vorher wissen muss, was man eigentlich sagen will.
    Als nichts mehr in mir ist, was hinauswill, schaue ich auf das Gekritzel in meinem Schoß. Ich weiß nicht, ob es wahr ist, weil ich es nicht sofort wieder durchstreichen will. Aber ich weiß, dass es mir nicht gefällt. Weil es wieder so eine Laune meines Herzens ist, die ich nicht kontrollieren kann. Und weil es vielleicht ein bisschen stimmt. Und weil ich eigentlich viel zu stolz und wütend sein müsste, es zuzugeben. Weil ich’s gern vergessen würde. Weil es viel schicker und logischer wäre, es zu vergessen. Weil das Es eine Sie ist.
    Isa.
    Sie fehlt mir.
    Rose fehlt mir.
    Wer
Wer gibt mir einen Namen,
einen, der mich nennt?
Wer leiht mir seinen Spiegel?
Meiner ist heut blind.

Wessen Herz klopft heut laut und schön
an meins?
Ist es deins?

Küsste ihn, als täte ich’s das letzte Mal.
Fuhr ihm mit der Zunge in sein Herz.

Meine Flügel darf er haben.
(Ich träum ab jetzt zu Fuß.)
Und treff ich ihn ein zweites Mal,
kriegt er die Hand zum Gruß.

Nur sie fehlt. Immer noch.
Die Elfe mit den blonden Haaren.
Sie ist das Loch in meinem Tag.
Ob wir noch mal werden,
was wir einmal waren?

Wessen Herz klopft heut laut und schön
an meins?
Ist es deins?
    Ich klettere die Leiter hinunter und mache mich auf den Heimweg. Der Weg durch den Sand ist mühsam, denn ein kräftiger Wind weht mir entgegen. Selbst die große Lady lässt sich von den Böen aus der Ruhe bringen und spuckt schäumende Gischt ans Ufer. So aufgewühlt habe ich sie in den letzten Tagen noch nicht erlebt. Was ist das bloß für ein komischer Sommer?
    Und was ist das? In einiger Entfernung sehe ich eine einsame Gestalt mit Kapuze auf dem Kopf den Strand entlangstapfen. Sie trägt etwas Schwarzes auf dem Rücken und scheint wie ich den Elementen zu trotzen. Wir laufen geradewegs aufeinander zu. Und da sehe ich plötzlich die blonden Locken unter der schwarzen Kapuze hervorschauen. Der Gitarrenjunge! Mein Gute-Laune-Gedanke! Oh nein! Wieso bin ich denn nicht ein paar Sekunden länger geblieben? Jetzt werden wir aneinander vorbeilaufen und dabei hätte ich ihn so gern spielen gehört.
    Wir sind nur noch ein paar

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