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Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Familientragödie rechtfertigte.
    Selbst Morde von dritter Hand schieden aus … weder war Großmann erpreßt worden, noch würde er beraubt werden, sein Tod nutzte also keinem anderen. Er hatte keine Feinde, seine Fabrik barg keine Staatsgeheimnisse, er war beliebt bei allen seinen Mitmenschen, genauso wie Zumbach zu den Männern gehörte, die man gute Kumpels nennen konnte.
    Benno Großmann und seine Frau würden einer jener geheimnisvollen Fälle werden, in denen niemand einen Sinn sieht. Sie verschwanden für immer. Warum? Wohin? Simple Fragen ohne Antwort.
    Zumbach nahm aus dem Geräteschuppen einen Spaten und eine Spitzhacke, schulterte sie, klemmte in seinen Gürtel ein kleines Beil und verließ seine Hütte in Richtung Norden. Dort, ein paar hundert Meter weiter, begann ein Waldgebiet, das mit natürlichen Gräben und Abhängen durchsetzt war, eine Art Urwald mit verfilztem Unterholz, einem schwammigen Boden und einem ewigen Fäulnisgeruch. Hier wurde kaum noch gejagt, nur noch bei Treibjagden durchkämmten die Treiber dieses abgelegene Waldstück.
    ›Vergessenes Land‹ nannte es Zumbach deshalb, und dieser Ausdruck wurde bald zur endgültigen Bezeichnung. Vergessenes Land war ein Begriff geworden. Zumbach liebte es. Er ließ es weiter verwildern. »Eine Marotte«, sagte er immer lachend zu seinen Jagdkameraden. »Ich will in der seltenen Lage sein, ein Stück Urwelt zu besitzen. Vielleicht wächst im Vergessenen Land ein neuer Saurier heran!«
    Zumbach bahnte sich einen Weg durch die hohen Farne und Sträucher, bis er in die Nähe des kleinen Baches kam, der das Vergessene Land durchfloß. Hier gab es sogar – welche Seltenheit – zwei Biberpärchen, die sich in einem Hang ihre Burg gebaut hatten. Zumbach hatte allen Bekannten verboten, auf sie zu schießen … morgen sollten sie das Lockmittel für Großmann sein!
    Den ganzen Tag hob Zumbach in der Nähe des Baches eine Fallgrube aus. Zwei mal zwei Meter im Durchmesser, drei Meter tief … es war eine verdammt saure Arbeit.
    Um die Mittagszeit aß er Luises belegte Brote, trank aus einer Taschenflasche zwei Schluck Kognak und grub dann weiter. An zwei Holzstangen hangelte er sich schließlich aus der fertigen Grube und begann mit dem Flechten des dünnen Bodens, der das Grab überdecken und unsichtbar machen sollte. Er steckte Zweige, Farne und Moos zusammen, deckte damit das Loch ab, streute etwas Erde darüber, lose Zweige und Blätter und beseitigte bis zum Abend die ausgehobene Erde. Er schaufelte sie in eine Bodenwelle und warf große Zweige darüber. Dann stand er vor dem trügerischen Stückchen Waldgrund und freute sich über sein Werk. Er selbst würde es nicht erkennen und hineinfallen, so geschickt war die Falle angelegt. Großmann blieb keine Chance, wenn er ihn in diese Gegend lockte … um die Biber anzuschleichen, mußte er über die Grube gehen. Was dann kommen würde, darüber war sich Zumbach noch nicht im klaren.
    Es gab da mehrere Möglichkeiten. Entweder brach sich Großmann beim Sturz in die drei Meter tiefe Grube den Hals; dann war es wirklich ein Unglücksfall, zu dem man die Polizei holen konnte. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit würde an Zumbach hängenbleiben, aber das war zu verkraften, das vergaß man schnell. Oder Großmann überlebte den Sturz, dann gab es zwei Auswege: Man überließ ihn seinem Schicksal, wartete, bis er an Hunger und Durst gestorben war und schaufelte dann das Grab zu. Doch das war zu grausam und satanisch, und Zumbach verwarf diesen Gedanken sofort. Ihn schauderte bei der Vorstellung, wie Großmann langsam zugrunde ging, dem Wahnsinn nahe, heiser gebrüllt, die Erdwände ankratzend, gefangen in einem Loch, in dem er Tag und Nacht kommen sah und aus dem seine Stimme nicht mehr hinausdrang.
    Es war ein Ende, das Benno nicht verdient hat, dachte Zumbach. Also entschloß er sich, Großmann nach dem Sturz in die Grube zu erschießen und dann die Leiche zuzuschütten. Aber auch dieser Plan war nicht ohne Hindernisse.
    War es ihm überhaupt möglich, auf Benno zu schießen? Brachte er, Zumbach, die Kraft auf, das Gewehr in das Loch zu senken und abzudrücken? Kann man überhaupt auf seinen Freund schießen, wenn er um Hilfe schreit?
    Zumbach tappte zu seiner Blockhütte zurück, warf die Geräte in den Schuppen, säuberte die Gummistiefel im Wasser der Regentonne und rauchte nervös vier Zigaretten hintereinander. Das beruhigte ihn zwar nicht, aber er war ehrlich gegen sich selbst, als er laut sagte: »Du bist

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