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Zwei Stunden Mittagspause

Zwei Stunden Mittagspause

Titel: Zwei Stunden Mittagspause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Todesseufzen in der herrlichsten Sekunde zwischen zwei Menschen, einer Sekunde, in der sie sich von aller Erdenschwere gelöst hatten … Margot hatte sich vollkommen gelöst, und er hatte sie später verscharrt wie einen ekligen Kadaver.
    Zumbach blickte kurz auf die Instrumente. Alles in Ordnung. Höhe eintausendzweihundert, Fluggeschwindigkeit zweihundertneunzig Kilometer. Im Radarkreis kein fremdes Flugobjekt … dafür zirpte es ununterbrochen im Kopfhörer, der auf Zumbachs Schoß lag. Er stülpte sich die Halbschalen wieder über die Ohren und hörte die aufgeregte Stimme einer Bodenstation.
    »Melden! Melden! Zum Teufel, schlafen Sie? Soll man das für möglich halten … gondelt durch die Luft und meldet sich nicht!«
    »Bin schon da …«, sagte Zumbach gemütlich. »Leute, macht euch nicht in die Hosen. An Bord ist alles okay.«
    »Warum antworten Sie nicht?« rief die Stimme von der Erde. »Hier ist Flugplatz Stuttgart.«
    »Ich habe meditiert«, erwiderte Zumbach fröhlich.
    »Dann meditieren Sie mal weiter! Wo wollen Sie hin?«
    »Zürich-Klothen.«
    »Verlassen Sie die Flugstrecke und ändern Sie Ihren Kurs. Fliegen Sie über das Rheintal bis Basel und dann nach Klothen. Melden Sie sich in Freiburg …«
    »Warum?«
    »Über der Schwäbischen Alp liegt eine dichte Gewitterfront. Keine Bodensicht mehr, starke elektrische Strömungen …«
    »Na und?« fragte Zumbach zurück. Er schaltete wieder auf Handbetrieb und flog den alten Kurs weiter. »Ich habe keine Angst vor Blitzen.«
    »Windstärke neun, Mann!«
    »Dann halten Sie mal schön Ihren Hut fest.«
    Zumbach lachte.
    Von weitem erkannte er die dunkle, drohende Wand. Wallende Wolken, ein Gebrodel schwarzgrauer, sich ständig verändernder Massen.
    »Ich gehe höher und spucke auf Ihre Wetterfront!« rief er.
    »Sie wissen nicht, wie hoch die Gewitterfront reicht. Mann, nehmen Sie die Rheinstraße! Wir haben Sie gewarnt, wir garantieren für nichts, wenn Sie stur geradeaus fliegen. Und Sie wissen, was das kostet. Ihr Flugschein ist futsch!«
    »Kinder, macht doch keinen feuchten Pipi!« Zumbach umklammerte das Halbrad des Steuerknüppels. »Ich habe über Tunesien einmal einen Sandsturm überlebt. Was ist da ein biederes deutsches Gewitter? Jungs, trinkt euch einen … ich rufe euch aus Klothen an …«
    Heinrich Zumbach hörte, wie es im Kopfhörer knackte. Die Bodenstation Stuttgart hatte abgeschaltet.
    Jetzt alarmieren sie die Flugüberwachung, dachte er. Jetzt machen sie Meldung ans Luftfahrtsamt. Entzug der Flugerlaubnis.
    Am Arsch können sie mich alle lecken. Jawohl, am Arsch! Nur noch bis Agno bei Lugano … dann können sie sich den Flugschein an den Hut stecken. Drüben in Brasilien fragt keiner danach, ob ich bei Gewitter über die Schwäbische Alp geflogen bin. Die wissen noch nicht einmal, was die Schwäbische Alp ist. Denken vielleicht, das sei ein typisch deutsches Kuchengebäck …
    Die kleine Chessna zog unbeirrt weiter. Ihre zwei Motoren brummten vertrauenerweckend, sicher, mutig.
    Eine gute Maschine, dachte Zumbach. Wenn die Menschen wüßten, wie sicher und schön fliegen ist! Doch die meisten haben Angst. Luft hat keine Balken … das stimmt, aber ein Baumstamm ist auch nicht gerade weich, wenn man mit hundert Sachen dagegenprallt. Man sehe sich nur an einem frostigen Morgen die Autobahnen an … und blicke dann in den Himmel. Wo ist es sicherer?
    Zumbach stieg höher. Zweitausend Meter. So hoch liegt kein Gewitter, dachte er. Und wenn's unter der Hose blitzt und donnert, was kümmert's mich?
    Die Schwäbische Alp, begraben unter wogenden Wolkenschichten. Wälder unter Nebelschleiern, Bergkuppen und Felsriffe wie hingeworfene Steine. Wo die Wolken ein Loch ließen, nasses, glänzendes, poliertes Land, reingefegt von Sturm und Regen.
    Zumbach starrte auf die Wetterfront. Blitze zuckten aus den Wolken, gezackt wie auf Zeichnungen kleiner Kinder. Die Wolken prallten zusammen, rangen miteinander, verschmolzen, rissen wieder auseinander, bildeten Höllenkrater, aus denen Feuer spie. Zumbach zog die Stirn kraus und gab Seitenruder.
    Weg von hier, dachte er. Verdammt, sie hatten recht in Stuttgart. Das hier ist eine ekelhafte Suppe. Umfliegen wir sie in elegantem Bogen … ich bin schneller als der Wind …
    Aber das war ein Irrtum. Der Wind, das Gewitter, die Hölle holten ihn ein.
    Plötzlich flog er durch wallende Dunkelheit, eine Riesenfaust packte die kleine Sportmaschine und schleuderte sie wie eine, Flocke hoch. Zumbach

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