Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
den Sohn eines Herzogs korrekterweise an? Mit »Euer Gnaden« oder »Mylord«?
Letztlich brachte sie keinen Ton heraus. Stattdessen zwang sie sich zu einem matten Lächeln.
»Mrs. Maddox, sehe ich das richtig?«
Sie nickte stumm ergeben und schalt sich eine Närrin. Einerlei, was sie jetzt äußerte, es würde sie als Hochstaplerin entlarven, sie konnte genauso gut weiter schweigen.
»Angenehm.« Sein peinlich berührter Ton ließ das exakte Gegenteil vermuten.
Falls Corning auch nur einen Hauch von Interesse an ihr gezeigt hatte, zerstreute sich dieses vollends. Er wandte demonstrativ den Blick von ihr ab, gleichsam als wäre sie Luft.
In unausgesprochenem Einvernehmen trennten sich die Wege des jungen Paares alsbald von denen Cornings.
Was für ein Desaster. Meredith fragte sich, ob sie sich jemals unter solchen Leuten bewegen könnte, ohne sich wie ein störender Eindringling zu fühlen. Wenn sie Rhys ehelichen und Lady Ashworth werden sollte, überlegte sie, müsste sie lernen, mit diesen Menschen umzugehen. Einstweilen wähnte sie sich der Herausforderung indes nicht gewachsen.
»Weißt du«, hob sie an, »ich bin mir unschlüssig, ob ich mich heute Abend danach fühle, ins Theater zu gehen. Wärst du sehr enttäuscht, wenn wir auf den Besuch der Vorstellung verzichten würden?«
Er musterte sie mit schiefgelegtem Kopf, als wollte er prüfen, ob ihr damit ernst war. »Ganz und gar nicht«, erklärte er schließlich. »Möchtest du lieber ins Hotel zurückkehren?«
»Was hältst du von einem Spaziergang? Wir haben längst noch nicht alles von Bath gesehen.«
»Ist mir recht. Magst du zum Fluss hinunterschlendern?«
Nach einem zustimmenden Kopfnicken verschränkte sie ihren Arm mit seinem, und gemeinsam flanierten sie gemessenen Schrittes die Allee entlang.
»Ich bin untröstlich wegen vorhin, ich meine, unsere Begegnung mit Lord Corning.«
»Oh, das musst du nicht sein.« Sie biss sich auf die Lippe, bestürzt über den Umstand, dass Rhys das Verhalten des Gentlemans ihr gegenüber sehr wohl bemerkt hatte. »Du hast dich absolut untadelig verhalten.«
Er verstummte einen Moment, als überlegte er, ob er ihre Äußerung als Entschuldigung oder als Einladung zur weiteren Diskussion werten sollte. »Weißt du, für einen Mann wie ihn ist es nicht leicht, mich zu grüßen. Ich kann ihn durchaus verstehen, aber es lässt sich nun einmal nicht ändern. Wann immer sich Cornings und meine Wege kreuzen, wird er zwangsläufig an seinen Bruder erinnert, der im Krieg gefallen ist. Ich vermag es in seinen Augen zu lesen, wenn er mich ansieht. Er fragt sich, weshalb ein Mann wie ich den Krieg überlebte, sein Bruder hingegen nicht.« Rhys seufzte schwer. »Das ist eine Frage, die ich ihm nicht beantworten kann. Letzten Endes gibt es darauf keine befriedigende Antwort.«
»Warte.« Meredith verlangsamte ihre Schritte und zupfte ihn am Ärmel. Schließlich verharrten beide. »Heißt das, du glaubst, Lord Cornings Reserviertheit vorhin hatte nur mit dir zu tun?«
»Aber natürlich. Mit wem sonst?«
»Mit mir, du törichter Mann.« Sie lachte. »Er dachte bestimmt, er hätte dich mit einer Schönen der Nacht erwischt.«
Rhys starrte sie an, als wäre sie von allen guten Geistern verlassen. »Nein, ganz gewiss nicht.«
»Rhys, es ist mir nicht verborgen geblieben, wie er mich angeschaut hat. Von oben herab, als wäre ich ein Schankmädchen.«
Nach kurzem Schweigen antwortete er: »Du dachtest, er verachtet dich. Ich hingegen dachte, er verachtet mich. Amüsant, oder?«
Nicht bloß amüsant, sondern auf befreiende Weise erleichternd. Wieso hatte sie das nicht bemerkt? Rhys fühlte sich hier nicht minder als Fremder. Sie hätte es schon viel früher erkennen müssen, an der Art, wie er mit seiner Krawatte gekämpft hatte. Er war nervös, genau wie sie.
Während sie in den dämmrigen Abendhimmel schaute, überlegte sie laut: »Weißt du, was ich glaube? Also ich habe das Gefühl, dass Lord Cornings verkniffene Miene weder mit dir noch mit mir zu tun hatte. Vielleicht hatte er sich kurz zuvor den Magen verdorben. Oder, noch naheliegender, das ihm verabreichte Blutreinigungsmittel begann, im ungünstigsten Augenblick zu wirken.«
Verschwörerisch kichernd setzten sie ihren Spaziergang über die von Ladengeschäften gesäumte Straße fort.
»In welche Richtung sollen wir gehen?«, wollte er wissen. »Möchtest du dir Orange Grove anschauen?«
»Oh ja. Ich liebe Orangen!«
»Orangen wachsen dort keine. Der Park
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