Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
behelligen.«
Sie legte sich auf ihrer Seite nieder, schlang die Arme um ihren Körper, um sich gegen die Kälte zu wappnen. Er kroch zur anderen Seite des kleinen Feuers, wo er, mit dem Rücken an ein Fass gelehnt, die Arme um seine angewinkelten Knie legte.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet schienen Flammen und Rauch um sein Gesicht zu tanzen, sie verschatteten seine Züge. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Er war so angespannt, dass sie fast meinte, ihn vor unterdrücktem Zorn erbeben zu sehen.
Er kämpfte mit sich, das fühlte sie. Focht dort in der Ecke einen inneren Kampf aus. Mit sich, mit seinen Dämonen, mit ihr. Vielleicht mit seinem eigenen erbitterten Zorn. Sie wusste es nicht. Jedenfalls wollte er sich von ihr nicht helfen lassen. Er wollte nicht einmal, dass sie ihm nahe kam.
Sie musste schließlich eingeschlafen sein, denn das Nächste, was sie aufmerken ließ, war das mahlende Knirschen von Stein auf Stein.
Sie schauderte. Das Feuer war heruntergebrannt, und die Felle waren im Schlaf von ihrem Körper heruntergeglitten. Sie schlang die Arme um ihre Knie, zog sie hoch bis an die Brust, um sich selber zu wärmen.
Sie blinzelte auf die Gänsehaut auf ihren Armen, in diesem Augenblick dämmerte ihr die Erkenntnis. Oder besser gesagt, die Dämmerung selbst war ihre Erkenntnis. Das Feuer war erloschen, doch es gab genug Licht, um die Umgebung auszumachen. Es schien Tageslicht zu sein. Schwaches, dunstiges Tageslicht, aber dennoch Tageslicht. Das gesamte Kellergewölbe wurde erhellt.
Rhys war nirgends zu sehen.
»Rhys? Bist du da?«
Sie machte Anstalten, sich von dem Teppich zu erheben. Ganz gleich, wie ärgerlich Rhys war, er würde sie hier unten doch gewiss nicht allein lassen, oder?
»Rhys?«
Ihr Ruf hallte durch den Keller und blieb ohne Antwort. Meredith’ Herz begann zu rasen. Ihre Röcke hatten sich um ihre Beine gewickelt, und sie versuchte, sie auszuschütteln, derweil sie sich aufsetzte.
Von der Treppe her vernahm sie das leise, von Anstrengung gekennzeichnete Keuchen eines Mannes.
Gefolgt von einem mächtigen Krachen.
»Rhys!«
Staub schwängerte die Luft, und sie musste sich mühsam den Weg zur Treppe ertasten. Kaum dass die Wolken aus Staub und Schutt zu Boden gesunken waren, gewahrte sie seine Silhouette in dem freigelegten Durchgang. Geduckt schickte er sich an, einen letzten Geröllbrocken aus dem Weg zu rollen. Er hatte eine Eisenstange unter den Steinquader gestemmt, die er mit all seiner Kraft herunterdrückte. Die Öffnung war bereits groß genug. Indes unterbrach sie ihn nicht. Er war klug genug, ebendieses zu erkennen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war es ihm wichtig, die gesamte Öffnung freizuräumen.
Mit einer letzten Anstrengung gelang es ihm, den Quader zu bewegen. Ein gezielter Tritt mit seinem Stiefel und der Stein rollte beiseite.
»Geschafft.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Fingerknöchel waren zerkratzt und blutig. »Ich habe mit diesem Ort abgeschlossen.«
Seinen Worten wohnte ein Hauch von Endgültigkeit inne. Sie fragte sich, was sie zu bedeuten hatten. Hatte er abgeschlossen mit diesem grausigen Keller? Oder mit Nethermoor in Gänze?
Was war mit ihr? Hatte er auch mit ihr abgeschlossen?
Schweigend legten sie den Weg ins Dorf zurück. Er schien nicht gewillt, mit ihr zu plaudern, um es milde auszudrücken, folglich fiel Meredith dankbar einige Schritte zurück. Ihr schmerzten sämtliche Glieder. Ihre Muskeln beklagten sich über die auf dem kalten felsigen Boden verbrachte Nacht, ihr Kopf dröhnte, und ihren Magen verlangte es nach einer Mahlzeit. Das Schlimmste von allem war jedoch der herzzerreißende Schmerz in ihrer Brust.
Der Schmerz linderte sich beträchtlich, als sie das Three Hounds betraten und feststellten, dass die Schankstube beinahe zum Bersten mit Menschen gefüllt war.
»Sie sind zurück!«, rief Darryl durch den Raum. »Mrs. Maddox und Seine Lordschaft, sie sind zurückgekehrt!«
Durch die jubelnde Menge hinkend, bahnte sich ihr Vater den Weg zu ihr und stolperte ihr geradewegs in die Arme. »Merry«, brachte er schwer atmend heraus. Er schloss sie in eine innige Umarmung und strich ihr übers Haar. »Ich war derart in Sorge. Ich meine, ich wusste, dass du bei Rhys bist und er auf dich achtgeben würde, aber dennoch …«
»Ich bin wohlauf, Vater.« Sie erwiderte seine Umarmung. »Es tut mir aufrichtig leid, wenn ich dir Sorge bereitet habe. Sind die anderen ebenfalls alle zurück?« Sie reckte den
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