Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
Hals und blickte über seine Schulter in die Menge. So viele Leute – jeder Bewohner des Dorfes, so schien es –, indes gab es keine Spur von der einen Person, die sie suchte.
Bis sie einen Korb mit frischen Hefewecken erspähte und ihr der Atem in der Kehle stockte. Sie entzog sich der väterlichen Umarmung.
»Hier bin ich, Mrs. Maddox.« Cora kam aus der Küche gestürzt und klopfte sich Mehl von den flachen Händen. »Ich bin hier. Und hab mich gleich nützlich gemacht. Ich bin untröstlich, Ma’am. Denn ich weiß nicht, ob Sie mir das jemals verzeihen können, aber ich schwöre, ich werde niemals …«
Meredith unterbrach den Redeschwall, indem sie das Mädchen in eine innige Umarmung schloss. Cora brach sogleich in Tränen aus. Meredith warf einen erleichterten Blick in Rhys’ Richtung, doch der war in der Menge verschwunden. Sie vermochte ihn nirgends zu entdecken.
Sie richtete ihr Augenmerk erneut auf das schluchzende Mädchen in ihren Armen. »Mein armes liebes Mädchen. Wir waren alle fürchterlich in Sorge um Sie.« Schmutz und Staub auf ihrem Gesicht paarten sich mit der Mehlwolke, die Cora verbreitete. Ungeachtet dessen strich sie dem Mädchen übers Haar.
Cora wand sich in ihren Armen. »Die Wecken werden verbrennen.«
»Ach, was macht das schon!« Sie bedeutete Darryl mit einer stummen Geste, das Backwerk aus dem Ofen zu retten. Dann geleitete sie Cora an einen nahen Tisch und drückte sie sanft auf einen Stuhl. »Wo waren Sie, meine Liebe?«
Cora, die sich unschlüssig auf die Lippe biss, senkte den Blick auf die Steinfliesen. In der Schänke wurde es mit einem Mal ungeheuer still.
»Sie war bei mir.« Eine schwere Männerhand legte sich auf die Schulter des Mädchens.
Meredith’ Blick glitt von der Hand zum Arm, vom Arm weiter zur Schulter und geradewegs auf ein Gesicht, das ihr hinlänglich bekannt war. Verflixt, sie hätte es gleich wissen müssen.
»Sie war bei mir«, wiederholte Gideon Myles. »Die ganze Nacht.«
Als sie ihn anfunkelte, war es, als loderte auf dem Grund ihrer Augen ein rotes Feuer. Sie bekam lediglich ein Wort über die Lippen. »Wo?«
»An einem privaten Ort. In Sicherheit.«
»Wir wollten bloß einen Spaziergang unternehmen«, erklärte Cora laut schniefend. »Aber dann zog Nebel auf, und Gi… und Mr. Myles meinte, wir müssten abwarten, bis es aufklaren würde. Dass es nicht sicher genug wäre, um den Heimweg anzutreten.« Ihr Griff um Meredith’ Hand verstärkte sich. »Ma’am, ich schwör’s Ihnen. Es war wahrlich nicht meine Absicht. Wir wollten doch bloß spazieren gehen, und als der Nebel aufkam …«
»War es nicht sicher genug, um den Heimweg anzutreten. Ich weiß.« Meredith schluckte vernehmlich und drehte sich zu Gideon herum, sie erwiderte seinen Blick, der keinerlei Reue zeigte. »Es war dir nicht sicher genug zurückzukehren, du, der dieses Moor schon länger seine Heimat nennt, als dieses Mädchen Lebensjahre zählt. Aber für alle anderen im Dorf war es sicher genug, das Tal, die Schlucht, den Fluss und das Moor nach ihr abzusuchen? Jemand hätte dabei den Tod finden können!«
Er zuckte mit den Achseln und wandte den Blick ab.
»Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!« Mit entschiedenem Druck löste sie Coras Hand von ihrer. Bebend vor Zorn stützte sie die Handflächen auf der Tischplatte auf, während sie sich langsam erhob. »Hast du sie angerührt?«
Cora senkte schuldbewusst den Kopf und weinte.
Meredith’ Kiefer mahlten. Sie maß Gideon, bis er ihren Blick erwiderte. »Ich habe dir eine Frage gestellt. Hast du sie angerührt?«
»Das geht dich nichts an, Meredith.«
»In der Hölle sollst du schmoren, und ob mich das etwas angeht.« Sie trat den Stuhl beiseite, der zwischen ihnen stand, und drängte näher an ihn heran. »Antworte mir.«
»Ich hab nichts getan, was sie nicht gewollt hätte.«
Sie erinnerte sich nicht einmal, mit der Hand ausgeholt und zugelangt zu haben, sie vernahm lediglich das leise Klatschen, als ihre Handfläche auf Gideons unrasiertes Gesicht traf. »Du Mistkerl. Sie ist ein naives junges Mädchen.«
»Sie ist kein naives junges Mädchen, sie ist eine …«
»Wage ja nicht, das auszusprechen. Wehe dir, wenn du sie so nennst!«
Bevor sie erneut ausholen konnte, packte er ihr Handgelenk mit unnachgiebigem Griff. »Glaub mir, du ahnst nicht einmal, was ich eben sagen wollte.« Er gab sie wieder frei und bedachte sie mit einem Blick, in dem sich einzig Verachtung spiegelte. »Was willst du von mir? Das
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