Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
wirken sollte, doch Rhys hatte in seinem Leben schon zu viele Schmähungen erduldet, als dass ihn dergleichen erschütterte.
Was ihn berührte, über die Maßen berührte, war der feste Druck, mit dem sie unversehens sein Handgelenk umklammerte.
»Wir müssen reden«, sagte sie ruhig, ihr Blick schweifte zu ihrem Vater. »Allein.«
»Ganz recht.«
Ein wohliger Schauer prickelte über Meredith’ Körper, als Rhys eine Hand auf ihr Rückgrat legte und sie ein Stückchen weiter schob. Offen gestanden bedeckte seine große Hand weit mehr als ihr Rückgrat. Sein Daumen verharrte dicht unter ihrem Schulterblatt, sein kleiner Finger auf dem Schwung ihrer Hüfte.
Nachdem sie sich einige Schritte entfernt hatten, wandte er sich mit den Worten an sie: »Also, was wollen Sie mit mir bereden?«
Guter Gott, wie sollte sie bloß einen klaren Gedanken fassen, so wie er jetzt ausschaute? Entblößt bis zur Taille, seine Muskulatur glitzernd vom Schweiß und gestählt von der Anstrengung, sein Oberkörper war sonnengebräunt. Sie ließ vorsichtshalber den Blick sinken, doch das war ein Fehler. Seine Reithose klebte wie eine zweite Haut an seinen Hüften und Schenkeln.
Es kostete sie wahrhaft Mühe, ihre Augen abermals auf sein Gesicht zu lenken. Im grellen Sonnenlicht musste sie blinzeln, deshalb beschirmte sie mit einer Hand die Stirn.
»Rhys, was haben Sie vor?«
»Wie ich schon sagte, ich baue ein Haus. Das da sind die Fundamente.«
Sie spähte zu dem sorgsam ausgerichteten Rechteck aus Steinen. Im Hintergrund stand die Ruine von Nethermoor Hall wie ein dunkler Wächter auf dem Hügelkamm. Wie konnte er ernsthaft beabsichtigen, hier ein neues Haus zu errichten, im Schatten jenes grausigen Ortes?
»Das ist keine Arbeit für meinen Vater«, entgegnete sie. »Er ist ein alter Mann und seit vierzehn Jahren gehbehindert. Er darf keine anstrengenden Tätigkeiten verrichten.«
»Ich bin derjenige, der die anstrengenden Tätigkeiten verrichtet. Er übernimmt lediglich die Aufsicht.«
»Es spielt keine Rolle – Sie setzen ihn hier draußen den ganzen Tag der heißen Sonne aus. Allein das ist schon eine Strapaze. Ganz zu schweigen von dem Umstand, dass Sie ihm einen Floh ins Ohr setzen von wegen Ställe bauen und Rennpferde züchten …«
»Ich finde, er blüht sichtlich auf.«
Meredith musste einräumen, dass ihr Vater glücklicher und gesünder aussah als die ganzen letzten Monate. Er war förmlich aufgelebt. Und wenn das mit der Zucht erfolglos blieb? Dann wäre er sicherlich am Boden zerstört.
»Natürlich freut es ihn, und das ist ein Dilemma. Sie begeistern ihn für Dinge, die sich unter Umständen gar nicht umsetzen lassen. Das ist nicht gut für sein Herz.«
Und es ist auch nicht gut für mein Herz.
» Ich habe nicht vor, ihn zu enttäuschen. Ich werde ihn auf alle Eventualitäten vorbereiten. Sie sind diejenige, die sich über Dinge aufregt, die beileibe nicht eintreten werden.« Er stupste ihr mit dem Zeigefinger unters Kinn. »Ich gehe nicht mehr fort, Merry Lane.«
»Bitte …« Wenn er solche Dinge sagte, mit tiefer Ernsthaftigkeit in jenen warmen braunen Augen, dann wollte sie ihm so gern glauben, dass es sie schier zur Verzweiflung brachte. »Bitte nennen Sie mich nicht so.«
»Gefällt es Ihnen nicht?«
Nicht einmal Maddox hatte sie Merry gerufen, auch keiner ihrer Liebhaber. Ihre Liebhaber hatten sie überhaupt nicht mit Namen angeredet. Na ja, der eine nette Gentleman hatte »Liebste« zu ihr gesagt, und dann war da noch der Kerl mit den traurigen Augen gewesen, der sie fortwährend »Sally« nannte, als er sich nachher eine geschlagene Stunde lang in ihren Armen ausgeweint hatte. Das war erschütternd und höchst befremdlich für sie gewesen. Danach hatte sie sich ein Jahr lang keinen Liebhaber mehr genommen.
Es war eine ganze Weile her, dass sie von einem Mann umarmt worden war. Und Rhys hatte angenehm starke Arme. Vermutlich hätte er sie gleich zweimal um ihren Körper schlingen können.
Konzentrier dich auf das Wesentliche, Merry Lane.
» Das ist mir zu vertraulich, wissen Sie. Zudem heiße ich nicht mehr Lane.«
»Sie haben recht.« Er nickte. »Wir sollten die Sache geziemend angehen. Ich nenne Sie nicht mehr mit Ihrem Mädchennamen, bis wir vermählt sind. Und auch das erst wieder, wenn sich der Reiz des Neuen abschleift, Sie mit Ihrem Titel Lady Ashworth anzureden.« Er grinste. »Das kann ein bis zwei Monate dauern.«
Wer hätte das gedacht? Der Mann wusste durchaus charmant zu sein,
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