Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
Stimme. Sie überlegte fieberhaft, wie sie fortfahren sollte. »Ich bin untröstlich über das, was geschehen ist. Ich weiß, wie viel Arbeit du in dein Vorhaben gesteckt hast.«
Immens viel Arbeit und noch mehr Herzblut.
Er antwortete mit einem wegwerfenden Schulterzucken und wandte sich abermals seiner Beschäftigung zu. »Ich hatte ohnehin Sorge, dass es zu klein sein könnte. Jetzt kann ich das Cottage vergrößern.«
»Bist du denn gar nicht wütend?«
»Wozu sollte das gut sein?« Leise ächzend hob er einen schmalen Granitblock vom Boden auf.
»Keine Ahnung, ob es irgendwas nutzen würde, aber es wäre eine ganz natürliche Regung.«
Er warf den Stein gleichsam mühelos beiseite, als wäre es ein leichter Ball. Er traf mit einem donnernden Krachen am Boden auf. »Ich habe die meiste Zeit meines Lebens damit verschwendet, dass ich wütend war. Dadurch hat sich nie etwas geändert. Das Ende vom Lied war jedes Mal, dass ich allem und jedem in meiner näheren Umgebung Schmerzen zufügte.«
Meredith schmerzte es für ihn. Sie beobachtete, wie er damit fortfuhr, Steine zu sortieren und aufzuschichten. Seine Bewegungen waren unwirsch und mühsam kontrolliert. Es war gewiss nicht förderlich für sein seelisches Wohlbefinden, wenn er seine Emotionen derart im Zaum hielt. Wenn seine ungezügelte Wut alles in seinem Umfeld beschädigte, welchen Schaden mochte sie dann erst in seinem Innern verursachen, wenn er sie in seiner Brust einschloss?
»Rhys …«
Auf jeder Schulter einen Felsblock balancierend, trat er zu ihr. Seine Augen brannten sich in ihre. »Sag mir eines.«
Sie nickte stumm ergeben. Als wenn sie ihm irgendetwas hätte abschlagen können.
»War dir bekannt, dass sie etwas Derartiges planten? Bist du deswegen heute Morgen in meiner Kammer gewesen, weil du versuchen solltest, mich abzulenken? Damit ich länger im Bett blieb?«
»Nein«, gab sie eilig zurück. »Großer Gott, nein.« Die Vorstellung war über die Maßen entsetzlich … kein Wunder, dass er sie mit Verachtung strafte. »Rhys, so war es wahrhaftig nicht. Ich hatte keine Ahnung. Das musst du mir glauben.«
Mit einem ächzenden Seufzen setzte er die Steine ab. Erst einen, dann den anderen. »Ich glaube dir. Aber ich musste dich einfach fragen.«
Bevor er sich wieder abwenden konnte, fasste sie sein Handgelenk. »Warte einen Augenblick. Bitte.«
Er verharrte.
Der Wind frischte auf, bauschte den Rock um ihre Beine, zwang sie, die Stimme zu heben. »Ich hatte keine Ahnung, dass sie dergleichen im Schilde führten, allerdings, das gebe ich zu, hatte ich gewisse Mutmaßungen. Du musst verstehen, dass sie Bedenken haben. Ich bin nicht minder in Sorge, nachdem ich erfahren habe, dass du Nethermoor Hall wieder aufbauen willst. Ich habe dafür Verständnis, mehr als du vielleicht ahnst. Für dich ist dieses Vorhaben der Versuch der Wiedergutmachung, für sämtliche Dorfbewohner ist es indes … eine Bedrohung.«
»Eine Bedrohung? Wie kann das sein?«
»Wir haben uns hier mehr schlecht als recht eine Lebensgrundlage geschaffen. In erster Linie mit dem Gasthof und mit Darryls kleiner Nebeneinkunft als Touristenführer und …«
»Und mit Gideon Myles’ Bande von Schmugglern.«
Ihr versagte die Stimme. Er wusste um Gideons Geschäfte?
»Wahrlich, ich bin im Bilde. Myles und ich führten ein nicht unbedingt freundliches Gespräch, bevor er letzte Woche den Ort verließ. Inwieweit bist du in diesen Handel verstrickt?«
»Ich bin nicht …« Sie schluckte vernehmlich. Was hatte es für einen Sinn, es abzustreiten? »Hm … nicht sehr.«
Er bedachte sie mit einem zweifelnden Blick, ehe er sich abermals einer Ansammlung von Steinen zuwandte. »Das hatte ich gehofft. Aber heute Morgen kamen mir Bedenken.«
Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in ihrem Innern aus. Schuldgefühle. Aber warum sollte sie Schuld empfinden, bloß weil sie alles in ihrer Macht Stehende getan hatte, um das Überleben des Dorfes sicherzustellen?
»Rhys, bitte, versteh doch. Unsere Lebensgrundlage als Dorfgemeinschaft ist eine heikle Gratwanderung, und du drohst, sie zu vernichten.«
»Sie vernichten? Ich bin gewillt, einen Wiederaufbau zu wagen, aber auf solideren Fundamenten als auf Geistergeschichten und geschmuggeltem Brandy. Meine Vorfahren haben dieses Dorf über Generationen hinweg mit Rat und Tat unterstützt.«
»Gewiss, aber diese Generation begreift das nicht. In der Taverne werden bereits Wetten abgeschlossen. Die Männer setzen darauf, wie lange
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