Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
sie den ersten Hunger gestillt hatten, beschloss sie, abermals auf das Thema zu sprechen zu kommen. »Vater, hör mir mal gut zu. Ich bitte dich inständig, dich nicht in abstruse Ideen hineinzusteigern. Wir können nicht sicher sein, dass Rhys hier bei uns im Dorf bleiben wird. Er ist ein Adliger, der Gefallen daran findet, im Moor Steine aufeinanderzusetzen. Und wenn er die Lust daran verliert, was dann? Dann befindet er unter Umständen, dass seine ›Bestimmung‹ woanders liegt, und verlässt uns wieder.«
»Warum sollte er das tun?«
»Warum denn nicht?« Sie senkte die Stimme zu einem eindringlichen Flüstern. »Ist es dir noch nicht aufgefallen, Vater? Jeder, der diesen Ort verlassen kann , zieht auf Nimmerwiedersehen von dannen.«
Er legte die Stirn in Falten. »Seit wann bist du so verdrossen, Merry?«
Seit zehn Jahren. Seit ich einen Mann ehelichte, um einiges älter noch als du, bloß um uns ein Dach über dem Kopf zu verschaffen.
» Ich bin nicht verdrossen. Ich bin realistisch. Einer muss es ja schließlich sein.« Dummerweise schien sie stets diejenige zu sein, die realistisch denken musste. Ganz gewiss nicht Rhys mit seinem abstrusen Beharren auf dunklen Schicksalsmächten. Es wäre doch zu schön gewesen, wenn es eine wundersame Fügung gegeben hätte, die ihr die Wäsche machte, oder?
Sie schob ihren Schemel zurück und sprang vom Tisch auf. »Ruf Mrs. Ware, wenn du noch etwas brauchst. Ich sammle derweil die Bettwäsche für Betsy zusammen.«
Sie lief nach oben und zog in sämtlichen Zimmern die Betten ab, erst in ihrer eigenen beengten Kammer, dann in der unwesentlich größeren ihres Vaters, ehe sie ihre Arbeit in jedem einzelnen Fremdenzimmer fortsetzte, ganz gleich, ob es in der letzten Woche benutzt worden war oder nicht. Meredith war sich gewärtig, dass wohlhabende Gäste ihre eigene Bettwäsche mitbrachten, trotzdem war es ihr ein Bedürfnis, die Betten mit frischen Leinenlaken zu beziehen, allein schon aus Gründen der Sauberkeit und aus persönlichem Besitzerstolz.
Sie hob sich Rhys’ Kammer für den Schluss auf, fest entschlossen, das leere Zimmer zu betreten, die Laken herunterzureißen und schnell wieder zu verschwinden. Überflüssigerweise wickelten sich die Enden eines Lakens um den Bettpfosten, und sie musste auf die Matratze klettern, um daran zu zerren … und verflixt, die Laken waren peinlich sauber, obschon sie doch von Lust und Leidenschaft gezeichnet hätten sein können.
Sie war so entsetzlich müde.
Einen Herzschlag lang erwog sie, sich wohlig auf dem Bett auszustrecken, sich in seinen maskulin herben Duft zu kuscheln und sich den Luxus einer Entspannungspause zu gönnen. Sie vermochte sich mit Leichtigkeit vorzustellen, wie er dabei neben ihr lag. Darin hatte sie genug Erfahrung. Inzwischen genoss sie den Vorzug eines weit umfänglicheren Wissens. Sie wusste, wie sich sein Körper mit ihrem ergänzte – er war hart an den Stellen, wo sie weich war. Sie wusste darum, wie sich seine Haut anfühlte – ledrig und sonnenverbrannt an den Oberarmen, weich wie Seide an den Arminnenflächen.
Sie wusste, wie seine Küsse schmeckten.
Oh Rhys.
Mit einer unwirschen Handbewegung riss Meredith das störrische Laken vom Bettpfosten und sich selbst aus ihren Fantasien. Zuweilen liebte sie es, in ihren Träumen zu versinken. Sie war nicht verdrossen, wie ihr Vater meinte. Gleichwohl war ihr gewärtig, wo die Grenze zwischen Traum und Realität zu ziehen war.
Das fröhliche Lachen der Waschfrau drang aus dem Hof zu ihr hinauf. Meredith verknotete die Schmutzwäsche zu einem Bündel und lief zum Fenster, von dort rief sie nach Betsy. Sie schob den Leinenberg durch das Fenster, und Betsy fing ihn geschickt mit ihrem Waschkorb auf, worauf ein paar Männer, die in der Nähe herumstanden, anerkennend klatschten.
»Hervorragend gezielt, Mrs. Maddox!« Darryl winkte ihr aus den Stallungen, die hechelnden Jagdhunde balgten an seiner Seite.
Meredith, die ihm daraufhin ein Lächeln schenkte, wandte sich ab. Sie verließ ihren Platz am Fenster, um nach unten zu eilen, denn sie hatte Robbie Brown gesehen, der eben ein Fass Torf zum Feuermachen in den Hof rollte. Folglich war es vonnöten, dass sie ihn mit klingender Münze und Brot entlohnte. Danach wollte sie mit Mrs. Ware die Mahlzeiten des heutigen Tages besprechen, die davon abhingen, welche Fleischstücke die Farrell-Jungen ihr brächten.
Immerhin musste sie einen Gasthof führen und ein Dorf unterstützen.
Als sie die
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