Zwei Toechter auf Pump
Fellhosen. Es ist ja auch barbarisch kalt. Sonst, wenn man aus dem warmen Haus ins Freie tritt, hat man noch ein paar Augenblicke eine Art Wärmemantel um sich. Der aber ist jetzt im Moment zerstoben, und die Kälte bohrt mir ihre Lanzen bis in die Knochen. Gerade als ich Weffi hineingelassen, sehe ich den Mühlner-Schorsch, unseren Ortspolizisten. Er ist wieder in Zivil und steuert in den Gartenweg.
»Wollen Sie zu mir?« frage ich ihn.
»Nur einen Augenblick.«
»Dann kommen Sie schleunigst ‘rein, Menschenskind. Es ist ja saumäßig kalt.«
Drinnen gibt er zu, daß es tatsächlich noch kälter sei als gestern. Oben an der Kirche habe man um drei Uhr früh dreißig Grad gemessen. Mit seinem runden Pickelgesicht, aus dem allmählich die Frostkälte weicht, sieht er überwältigend unbedeutend aus, aber die hellen Augen sind wach und wandern in der Bibliothek umher: »ja mei«, seufzt er, »so viele Bücher! Da sind Sie ja direkt berühmt!«
Ich gebe geschmeichelt eine gewisse Bekanntheit zu!
»Kann ich etwas für Sie tun?« (Man muß sich mit der örtlichen Polizei immer gut stellen, schon wegen falschem Parken und so.)
Er wehrt hastig ab, läßt wieder seine Blicke wandern. Ich biete ihm eine Zigarre an und hole den Steinhäger. Dann frage ich ihn, ob er mit der Faschingssache schon weitergekommen sei. Er erklärt, für ihn stehe fest, daß es sich erstens um Berufsverbrecher handele und daß sie sich — zweitens — noch hier in der Nähe aufhielten. Er hat sich vorgeneigt und zählt an den Fingern die Argumente dafür auf. Plötzlich sieht er gar nicht mehr unbedeutend aus. Es fällt mir ein, daß er eine sehr nette kleine Frau und zwei Jungen hat, die jedesmal die Mütze abnehmen, wenn sie mir begegnen, und anständig »guten Tag« sagen. Meine noch aus Journalistentagen stammende Sympathie für die Arbeit der Polizei wird wach. Ich stehe auf und greife in die Bibliothek: »Ich hab’ da letzthin einen Kriminalroman geschrieben — wenn er Sie interessiert...«
Er wird verlegen und nimmt das Buch, als sei es eine abgezogene Handgranate: »Sehr freundlich von Ihnen.« Er spricht heute hochdeutsch, und das wirkt verdächtig bei ihm.
Jetzt steht er auf und tritt ans Fenster: »Die Bentlers da drüben sind verreist, gelt?«
»Ja, endlich mal.«
»Und die Madeln?«
»Wir passen auf sie auf.«
Er sieht noch immer aus dem Fenster: »Ziemlich einsam hier heraußen.«
»Ja, aber dafür ist auch unsere Straßenlaterne alle drei Tage kaputt. Sagen Sie’s mal dem Bürgermeister, wenn Sie ihn sehen.«
»Und es treibt sich so allerhand Gelichter hier ‘rum. Das Zuchthaus Waldweiler — wenn da einer auskneift, der taucht erst mal bei uns unter, weil wir so abseits liegen.«
»Interessant. Daran habe ich noch gar nicht gedacht.«
»Na, Sie haben ja ‘ne Pistole.«
»Aha, die Polizei weiß alles! Ich habe aber auch einen Waffenschein!«
Er dreht sich um und zeigt die Zähne. Es soll wohl ein Lächeln sein: »Das weiß ich auch. Wenn ich mich nicht irre, ist er aber abgelaufen.«
»Abgelaufen — Donnerwetter, da muß ich doch gleich mal...« Ich krame den Schein aus der Brieftasche: »Hier — nein, gilt bis ersten April, bitte!« Ich reiche ihm den Schein. Er studiert ihn: »Das wäre in zwei Wochen — wenn Sie wünschen, besorge ich Ihnen schon immer das neue Formular und fülle alles aus. Sie brauchen nur zu unterschreiben, ich geb’s dann an den Bürgermeister weiter. Es läuft übers Landratsamt.«
»Na, das wäre aber wirklich reizend von Ihnen, Herr Mühlner! Papierkrieg liegt mir gar nicht.«
Er studiert immer noch den Schein: »Ich darf ihn gleich mitnehmen. Eine Mauser haben Sie? Wird gar nicht mehr hergestellt. Dürfte ich die mal anschauen, ich interessiere mich für Pistolen.«
Komischer Kauz! Laut sage ich: »Gern — das heißt, ich muß erst mal sehen, wo ich sie habe.«
Er zeigt sich erstaunt: »Das wissen Sie nicht? Wenn nun hier nachts einer auf taucht, dann haben Sie keine Zeit zum Suchen!«
Ich ziehe mehrere Schubladen auf: »Hier ist sie auch nicht — wo steckt denn nur das Luder —, was sagten Sie? Keine Zeit? Ach, die habe ich nur damals angeschafft für meine Vortragsreisen, wenn ich nachts unterwegs war. Und da waren doch diese Autobahnräuber...«
Plötzlich ist er neben mir. Sein Ton wird ausgesprochen väterlich: »Ich würde sie mir aber doch unbedingt an einen festen, schnell zugänglichen Platz legen!«
»Ja, müßte man, müßte man — man müßte so vieles,
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