Zwei Toechter und drei Hunde
Fahrersitz, ein breitschultriger, kraftvoller Mann mit hellen, sehr wachen Augen.
»Entschuldigen Sie, bitte«, sage ich. »Aber ich habe gerade versucht, Ihren Cocker zu kaufen. Meiner ist mir vor ein paar Wochen gestorben.«
»Na — und was hat die Frau gesagt?«
»Sie könnte es nicht, wegen ihrer Schwester.«
»Hm«, macht der Mann, dann schaut er sich um, ob ihn die Frau wohl hört, und kratzt sich den Kopf: »Wissen Sie, an sich hätte ich nichts dagegen, wenn der Wastl wegkäme. Aber machen Sie was gegen die Weiberleut’! Sind Sie auch verheiratet?«
»Ja.«
»Alsdann, dann wissen Sie ja eh Bescheid.«
»Ja«, seufze ich, »ich weiß Bescheid. Und warum hätten Sie persönlich nichts dagegen?«
»Ja, sehen Sie, der Wastl ist ein Rassehund mit so einem Stammbaum, der gehört eben nicht auf einen Hof, der gehört zu einem Jäger, für die Wasserjagd. Sie sind bestimmt Jäger?«
»Nein.«
Er sieht mich überrascht und etwas mißtrauisch an. Vielleicht glaubt er, daß ich den molligen Wastl in Weißwürste und Geräuchertes verwandeln will. »So? Zu was wollen Sie ihn denn dann, den Wastl?«
»Nur so...«
Plötzlich kommt mir eine Idee. »Augenblick«, sage ich und renne schnell zum Wagen. Dort habe ich, wie mir eingefallen ist, zufällig ein Belegexemplar meines Hunderomans Der Bund der Drei, in dem mein kleiner Löwe eine der Hauptrollen spielt. Ich gebe dem Bauern das Buch: »Schauen Sie, das habe ich geschrieben, geben Sie’s der Frau zum Lesen, dann wird sie wissen, daß der Wastl es gut bei mir haben wird. Sie kann’s ja auch ihrer Schwester schicken.«
Der Bauer hält das Buch in seinen großen braunen Händen, als sei es eine chinesische Teetasse: »Ja mei, das haben Sie wirklich selber geschrieben, und dann haben Sie’s drucken lassen?« Er blättert und entdeckt ein Bild von Cocki: »Ja, da schau her — da ist er ja, der Wastl! Sie, das lese ich auch!«
»Ich schenke es euch.«
Er streckt mir die Hand hin: »Dann sag’ ich halt dank schön! Sie, das ist eine gute Idee! Wenn das die Weibsleut’ sehen — also, schauen Sie halt noch mal vorbei, nach der Ernte!«
Als ich nach nochmaligem Händeschütteln zum Wagen gehe, wer sitzt da auf dem Vordersitz? Wastl. Er grinst und fegt mit dem dicken Stummelschwanz das Polster. Ich presse ihn an mich und küsse ihn auf den schneeweißen Fleck, den er oben auf dem hohen Kopf hat, dann hebe ich ihn hinaus: »Jetzt noch nicht, Wastl. Aber ich lasse nicht locker, das kannst du mir glauben.«
Nie werde ich den todestraurigen Blick zwischen den langen, schweren Ohren vergessen, mit dem Wastl mir nachsieht, als ich kräftig Gas gebe und um die Ecke fege, um schnell wegzukommen. Im Wald fehlt der sonstige Friede. Ich finde nicht einen einzigen Pilz. Ich versuche es mit Autosuggestion: stell dich drauf ein, sage ich mir, daß es nichts wird. Auch das Buch wird nichts helfen. Frau und Familie dagegen, auch die Kinder sicher. Gib’s auf!
Aber durch all das hindurch schauen mich zwei große, goldene Augen traurig an, und eine braune Pappnase grinst. Schlimmstenfalls klaue ich ihn. Sie wissen ja meinen Namen nicht — doch! Sie haben mein Buch. Verflixt noch mal. Dann fahre ich eben zu der Schwester, dieser Hundezüchterin, und erkläre ihr als Mitglied des Tierschutzvereins, daß das Tier in ungeeigneten Händen ist!
Sie wird mich ‘rausschmeißen, und das mit Recht.
Ganz leise fahre ich in die Garage. In unseren beiden Häusern ist schon Licht. Bei Bentlers sitzen Teddy, Addi, Susanne und Margot beim Abendbrot. Teddy erzählt strahlend — wahrscheinlich von seinem neuen Traumwagen —, und die drei Frauen bemühen sich, ihn nicht merken zu lassen, wie schwer ihnen ums Herz ist.
Bei mir im Hause sehe ich die Mama den Abendbrottisch decken. Das Frauchen steht in Strümpfen auf einem Sessel und repariert die Stehlampe, deren Ziehkontakt ab und zu Launen hat. Sie ist die einzige, die damit fertig wird. Die beiden Hunde sehen ihr voll Andacht und die Mama voller Angst zu.
Es ist fast Vollmond und die Nacht angefüllt von Froschchören und Grillengegeige. Zwei Liegestühle stehen noch an Cockchens Grab. leb setze mich in den einen, er ist feucht von Tau, ebenso wie der weiße Stein auf dem Grab.
»Weißt du«, sage ich, »da habe ich gedacht, daß du ihn mir geschickt hättest, den Wastl. War aber wohl ein Irrtum. Der Bauer mag ihn nicht sehr, das habe ich gemerkt. Aber die andern... Ja, mein kleiner Löwe, es gibt eben Sachen, wo niemand etwas
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