Zwei Toechter und drei Hunde
— drei Steinpilze und an einem faulen Baumstumpf, der von den großen Waldameisen zur Ritterburg ausgebaut war, ein ganzer Haufen von Halimaschen. Ganz jung und fest. Ich füllte sämtliche Tüten, Beutel und auch noch meine Jacke und den Hut mit Pilzen und schleppte es etappenweise zum Wagen. Auf der letzten Etappe traf ich den Konkurrenten. Er machte einen ausgesprochen melancholischen Eindruck, und die Augen quollen ihm aus dem Kopf, als er den Pilzberg in meinem Wagen sah. »Wo haben Sie die bloß gefunden?« fragte er.
»Genau in der Richtung, die ich Ihnen empfohlen habe«, ich sagte es leichten Herzens, denn ich wußte bestimmt, er würde glauben, daß ich ihn anschwindelte, und deshalb nie in mein’ neues Revier geraten. Ja, so sind wir einfachen und treuherzigen Kinder des Waldes!
Das alles geht mir durch den Kopf, als ich mich nun Pfungsbichl nähere und an den ersten Höfen vorbeirolle — und dann , trete ich auf die Bremse, daß die Räder blockieren: vor einem Hof auf der linken Seite sitzt der kleine Löwe, mein Cocki sitzt dort, etwas brauner im Gesicht und mit noch längeren und schwereren Gehängen, aber mit den gleichen goldenen Augen, dicken Tatzen und gefiederten, krummen Vorderbeinen. Ich lasse den Wagen mitten auf dem Weg stehen und gehe auf ihn zu wie im Traum. Und siehe da — er kommt auf mich, den Fremden, ebenfalls zu, wie magnetisch angezogen und ganz gekrümmt vor Demut. Allerdings zieht er die Nase kraus, was bei anderen Hunden kurz vor dem Beißen kommt. Ich zögere einen Moment, dann knie ich mich nieder und nehme den schmalen, hohen Kopf mit der großen Pappnase zwischen die Hände. Er macht sich vollends krumm und schmiegt sich ganz in mich hinein, während ich es nicht verhindern kann, daß meine Hände zittern. Das Krausziehen der Nase, stellt sich heraus, ist ein freundliches Grinsen, ein Phänomen, das ich noch bei keinem anderen Hund beobachtet habe. »Ja, mein Cockchen«, murmele ich, »hast du mir den hier geschickt, mein kleiner Löwe daheim unterm Rasen?«
Der Hund sieht mich an, als verstehe er jedes Wort. Dann leckt er meine Hand.
Ober mir sagt eine Stimme: »Gell, ein Hund spannt’s gleich, wenn einer ihn mag!«
Ich blicke auf und sehe in zwei gute, nußbraune Augen. Die Bäuerin offenbar. Ein blitzsauberes, junges Weiberl, so sauber und freundlich wie das ganze Anwesen. Jetzt stürmen zwei Rangen aus der Haustür, Junge und Mädchen, so drei bis vier Jahre alt. »Das ist der Franzi und das ist die Kathi«, sagt die Bäuerin.
Kathi macht einen Knix, Franz bohrt in der Nase, dann schmiegen sich beide in die Rockfalten der Mutter.
»Wie heißt er denn?« frage ich und deute auf den Hund.
»Wastl!« schreit Franz und ist gleich wieder in einer Rockfalte verschwunden. Ich streichele den etwas üppigen Rücken Wastls: »Mir ist so einer gestorben, vor ein paar Wochen. Möchtet ihr den nicht verkaufen?«
»Nein, das geht nicht«, sagt die Bäuerin, »der ist nämlich von meiner Schwester, die einen Baron geheiratet hat, drüben in Fichtlstein, den Herrn Baron von Itzenplitz, Cockerzwinger Itzenplitz, kennen Sie den nicht?«
»Nein. Wie alt ist er denn, der Wastl?«
»Anderthalb Jahre.«
»Bißchen dick. Darauf müssen Sie bei Cockern achten!« (Nur im Gespräch bleiben, vielleicht gelingt es mir doch noch!)
Die Bäuerin lacht: »Ja mei, wenn er halt die Mehlspeisen so gern hat, der Wastl, gell?«
Der Dicke hat bei >Mehlspeise< die Ohren hochgenommen, löst sich aber trotzdem nicht aus meiner Umarmung. Merkwürdig.
»Und warum wollen Sie ihn mir nicht verkaufen?« frage ich.
»Ja, mei, wenn meine Schwester das hört, die würd’ mir das übelnehmen, wo’s ihn mir doch zum Namenstag geschenkt hat.«
»Ja, das verstehe ich.« Aber dabei rasen meine Gedanken. Dieses hochrassige Tier hier auf dem Bauernhof, als Dorfhund! Das kann doch für die Züchterin nie im Leben eine befriedigende Lösung gewesen sein, ist wahrscheinlich im verwandtschaftlichen Überschwang zustande gekommen. Und du, Wastl, scheinst mir auch nicht sehr zufrieden zu sein...
Ich nenne der Bäuerin einen guten Preis — sie lehnt ab. Dann nenne ich einen sehr guten und schließlich einen ganz verrückten Preis — sie lehnt wieder ab. Hinter mir hupt es, es ist der Bauer, der mit seinem Bulldog in die Scheune will und dem mein Wagen im Weg steht. Ich springe auf, winke ihm freundlich zu und fahre den Wagen zur Seite. Dann schlendere ich zu ihm in die Scheune. Er klettert gerade vom
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