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Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Titel: Zwei wie wir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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räuspert sich, streicht sich die Locke aus dem Gesicht, die ihr die Friseurin am Morgen absichtlich nicht hochgesteckt hatte. Inna schüttelt leicht verunsichert den Kopf. Dann wird sie ernst und legt los: »Ich heiße Corinna Johannsen. Noch. Gleich heiße ich Corinna Zimmer. Das heißt eigentlich heiße ich jetzt schon so. Auf dem Standesamt waren wir ja schon. Aber das ist etwas anderes. Es ist der 4. Juli1997 , und in ungefähr einer Stunde werde ich diesen Mann heiraten. Den hier, der direkt neben mir sitzt. Alex Zimmer. Genau, der Typ, der darauf bestanden hat, zur Hochzeit diesen abscheulichen Anzug zu tragen, was zweifellos ein Grund wäre, ihn nicht zu heiraten. Ich tu’s trotzdem. Weil ich ihn ganz zufällig liebe. Dafür ertrage ich sogar solche Anzüge. Und noch ein paar andere kleinere Macken. Zum Glück sind’s nicht so viele. Und wer bitte schön hat schon einen Mann ohne Macken? Eben. Gibt’s gar nicht. Aber ich will mich nicht beschweren, im Gegenteil. Ich bin unendlich glücklich. Ich habe das Gefühl, den Richtigen gefunden zu haben. Den, auf den ich immer gewartet habe. Ich habe das Gefühl anzukommen. Endlich da zu sein, wo ich immer sein wollte. Julian wird einen neuen Vater bekommen. Wir werden ein gutes Leben haben. Aber egal, darum soll es in dem Video gar nicht gehen. Wir machen das hier, weil wir uns selbst etwas mit auf den Weg geben wollen. Etwas Wichtiges. Eine Botschaft an uns selbst. Ich an mich. Alex an sich. Wir an uns. Also, ich bin zuerst dran … «
    Wieder räuspert Inna sich, streicht sich erneut die Locke aus dem Gesicht, dann fährt sie fort. »Hörst du, Inna? Das hier bist du. Also das hier, das bin ich selbst. Ich bin du, dein Ich in der Vergangenheit. Ich weiß natürlich nicht, wann du das hier jemals hören und sehen wirst. Und ob du es dann überhaupt noch hören und sehen willst. Aber ich finde, du solltest es. Weil ich dir ein paar wichtige Dinge zu sagen habe. Ich bin jetzt 30 Jahre alt. Und ich bin glücklich. Ich bin kurz davor, einen großen Schritt zu gehen. Alex und ich werden heiraten. Ich bin glücklich. Aber ich weiß auch, dass das nicht selbstverständlich ist. Wir werden uns Mühe geben müssen, dass es so bleibt. Darum möchte ich, dass du, wenn du dir das hier ansiehst, dich selbst fragst, ob du es geschafft hast. Bist du glücklich? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Ach ja, und noch etwas. Alex und ich haben uns etwas versprochen. Es ist sozusagen unser Trauversprechen. Ganz privat, nur unter uns. Wir wollen ehrlich sein zueinander. Auch wenn es wehtut. Das ist wichtig. Wenn du das hier siehst, dann überlege, ob du es geschafft hast. Ob ihr es geschafft habt, ehrlich miteinander zu sein … So, das war’s eigentlich. Jetzt ist Alex dran. Schatz, du bist dran.«
    Auf dem Video sehen wir, wie Inna sich zurücklehnt und sich mit der Hand Luft zufächelt, so als wenn die wenigen Minuten, die sie gesprochen hat, ungeheuer anstrengend gewesen wären. Ich selbst nehme Haltung an, grinse unsicher, räuspere mich. Mein Auftritt. »Hallo, Alex. Ich bin’s, Alex. Genau wie Inna es gerade zu sich selbst gesagt hat: Ich bin du, du bist ich. Nur dass vermutlich ein paar Jahre dazwischenliegen. Keine Ahnung, vielleicht bist du ja sogar ein alter Sack, wenn du das hier siehst. Das heißt, ich bin ein alter Sack. Kann aber auch sein, dass ich gar nicht mehr lebe. Autounfall, Herzversagen, was weiß ich … «
    Inna schiebt sich vor die Linse und schlägt die Hände zusammen. »Cut! Cut!«, ruft sie wie eine Regisseurin. Sie dreht sich zu mir und sagt: »Hör auf, so etwas zu sagen. Verkehrsunfall. Kommt gar nicht in die Tüte. Du wirst keinen Unfall haben. Du wirst mit mir alt werden. Alt, grau und glücklich. Und jetzt versuche es noch einmal. Und los, Alex Zimmer, die Zweite. Und action !«
    Ich nicke in die Kamera und fahre fort: »Du siehst es schon, Alex. Sie ist der Chef. Aber das wirst du vermutlich noch besser wissen als ich. Egal. Also: Ich bin Alex Zimmer. Ich bin derjenige, der das Wahnsinnsglück hat, diese Frau hier heiraten zu dürfen. Ich kann es selbst kaum glauben. Wenn mir das damals jemand, als ich sie kennengelernt habe, gesagt hätte, ich hätte es nicht geglaubt. Und doch wird es heute wahr. In einer Stunde ist die kirchliche Trauung. Wahnsinn! Wir sind schon eine gute Strecke gemeinsam gegangen in den zurückliegenden zwei Jahren. Es waren verdammt gute zwei Jahre. Eine Zeit, die mich stolz macht. Die mich ausfüllt. Einige Dinge sind

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