Zwei wie wir: Roman (German Edition)
halt.«
»Klar, und weißt du auch, warum? Weil Väter wie du so eine verdammt laxe Einstellung haben.«
»Ich bin also schuld?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Doch, hast du.«
»Stimmt. Weil ich es eigentlich auch denke.«
Wir sehen uns an und rüsten ab. Wir stoßen an, mit Bier aus Tonkrügen. Sie sieht fantastisch aus, denke ich, und wenn sie sich Sorgen macht, fast noch ein wenig mehr. Versöhnungssex. Wieder eine Chance.
Wir reden doch weiter über die Sache mit Julian, und wieder verspreche ich ihr, mit ihm darüber zu reden. Als wenn ich das nicht schon tausendmal getan hätte. Grundsätzlich sind Inna und ich einer Meinung. Kiffen kommt nicht in die Tüte. Wir selbst tun es nicht mehr, das heißt, Inna fand es noch nie gut. Bis auf ein paarmal. Und unsere Kinder sollen es auch nicht tun. Ich weiß von anderen Eltern, dass es ein echtes Problem werden kann. Einer von Julians Schulfreunden hat’s übertrieben. Morgens vor dem Unterricht der erste Joint, dann in der Pause, dann am Nachmittag. Er fiel durch alle Maschen. Und das in der zehnten Klasse. Psychiatrie statt Schule. So weit soll’s bei Julian nicht kommen. Aber das tut’s auch nicht. Inna sollte sich keine Sorgen machen, auch wenn sie dann vielleicht nicht so hübsch aussieht.
Dessert mit Kümmel zum Nachtisch, Espresso zum Nach-Nachtisch. Ich hatte Inna gebeten, nur eine kleine Tasche mitzunehmen, gerade genug für eine Nacht und einen Tag. Ich hab’s nicht geschafft, das muss ich einsehen. Sie hat ganze Schrankkoffer eingepackt, wenn auch unsichtbare. Die Probleme mit den Kindern, mit der Schule, mit den anderen Eltern, mit dem Job, mit den Kollegen, mit den Mitarbeitern, mit unserer Putzfrau. Alles hat sie eingepackt, und alles holt sie raus.
Meine Idee war, einfach mal ein Wochenende rauszukommen. Hat nicht funktioniert. Vielleicht weil es gar nicht funktionieren kann. Wir kommen nicht mehr raus. Wir sind so dermaßen verstrickt mit unserem eigenen Leben, dass wir die Knoten einfach nicht mehr aufbekommen.
Um Mitternacht sind wir im Zimmer. Ich bin stolz auf mich. Immer nur grillen am Wochenende? Ich habe Inna heute das Gegenteil bewiesen. Ich habe uns von zu Hause weggelotst. Damit wir endlich mal alleine sind. Sie ist im Bad, ich liege auf dem Bett. Dann Rollentausch. Ich dusche noch einmal. Als ich zurück ins Zimmer komme, ist sie eingeschlafen. Selig. Völlig erledigt. Die Sorgen hat sie vergessen. Aber mich auch.
Ich lege mich vorsichtig neben sie, weil ich sie nicht wecken möchte. Ich bin auch müde, habe aber keine Lust zu schlafen. Lieber einfach daliegen und ihren Atem hören. Meinen Gedanken nachhängen. Perfekt.
Dreizehn Jahre. Mit den zwei Jahren davor sogar fünfzehn Jahre. Das ist mehr als ein Drittel meines Lebens! Und die ganze Zeit mit derselben Frau – und mit keiner anderen. Auch zwischendurch nicht.
Die Zeit fühlt sich wie ein Fingerschnippen an. Ist vergangen wie nichts. Familien sind Zeitfresser, Kinder sind Zeitfresser. Bekomme ich das eigentlich irgendwann mal zurück? Will ich das überhaupt? Viele gute Zeiten, wenig schlechte Zeiten. Kein Grund zur Klage.
Natürlich hätte alles auch ganz anders verlaufen können. Aber wer kann das nicht von sich behaupten?
10
D i e nächste Woche vergeht wie Wochen vor großen Ereignissen so vergehen: rasend schnell und quälend langsam zugleich.
Die große Party soll am Wochenende steigen, und ich bin derjenige, der die Dinge in die Hand nimmt. Es gibt die ganze Woche über mehr als genug zu tun.
Ich miete für Unsummen ein riesiges Partyzelt für den Garten, weil die Wettervorhersage sich auf einmal für Regen entscheidet. Dann ordere ich beim Caterer zusätzliche Weinflaschen – es soll kein Mangel herrschen. Ich hake bei all denjenigen nach, die ihr Kommen noch nicht fest zugesagt haben. Und dann mache ich mich erneut nützlich, bringe das Haus auf Vordermann und genauso den Garten. Schließlich erwarten wir an die hundert Gäste, wie damals auf der Hochzeit. Und die sollen unser Zuhause in einwandfreiem Zustand vorfinden. Meint Inna. Und ausnahmsweise habe ich keine Lust zu widersprechen.
Dann habe ich auch noch Streit mit mehreren Lieferanten des Schuster’s, weil Erik vergessen hat, die entsprechenden Rechnungen zu bezahlen, woraufhin ich dann mit meinem Angestellten aneinandergerate. Dazwischen: Emma zum Reiten fahren, mit Julian zum Arzt, mit unserem Programmierer die Änderungen auf der Homepage des Schuster’s durchgehen, mit Inna die
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