Zwei Wochen danach (German Edition)
der Beerdigung auf alle Fälle dabei sein.
Kristel darf nicht daran denken.
„Hast du das Frühstück noch nicht fertig?“, fragt Karl-Ludwig streng.
Und ohne eine Antwort abzuwarten: „Dann geh ich ohne!“
„Trink wenigstens einen Kaffee!“ Kristel ärgert sich. Wieder sitzt sie allein da. Schnell nimmt sie die Kaffeekanne unter der laufenden Maschine weg und schenkt eine Tasse ein. Als sie Milch dazugießt, kommt Karl-Ludwig mit Jacke und Schuhen in die Küche und trinkt hastig ein paar Schlucke.
Ein flüchtiger Kuss, die Jungen verabschiedet er nur von der Ferne und eine Minute später hört Kristel draußen das Auto starten.
Enttäuscht geht sie mit dem Tablett ins Wohnzimmer. „Jetzt hat der Opa auch noch den Zettel liegen lassen!“
***
(Heike)
Als Heike am Morgen die Treppe hinunterkommt, liegt ein Stapel Briefe auf dem Tisch. Briefe mit schwarzen Federn und Kreuzen darauf. Briefe, die sie nicht öffnen wird.
Sie setzt sich zu Veronika und überlegt, was sie essen soll.
„Geht es dir heute besser?“ Veronika mustert sie.
„Weiß nicht.“ Heike ist aufgestanden, ja. Aber besser geht es ihr eigentlich nicht.
„Deine Nachbarin kommt nachher gleich“, erwähnt Veronika nebenbei.
„Meine Nachbarin?“
„Ja, die aus der 21. Sie hat sich schon mehrmals nach dir erkundigt und ich habe sie gebeten, bei dir zu bleiben, während ich nicht da bin.“
Heike lässt das Messer, das sie eben in die Hand genommen hat, auf den Teller fallen und setzt sich zurück. „Ich bin doch kein kleines Kind!“
Aber Veronika bleibt heute gelassen. „Es tut mit leid, Heike, du verhältst dich nun mal so.“ Dann steht sie auf. Heike hört, wie Veronika ihr Geschirr in die Spülmaschine einräumt und nach oben geht.
Sie weiß nicht, ob sie weinen soll. Sie trinkt ihren Tee und starrt aus dem Fenster. Am liebsten würde sie Veronika fragen, wann Sybille kommt. Aber sie will ihr nicht hinterherlaufen. Es stört sie, dass ihre Schwägerin alles verplant.
Sie wartet, bis Veronika aus dem Bad kommt und geht hinauf zum Duschen.
***
(Nicole)
Die Frau des Piloten geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Ich überlege, was ich machen soll. Ich will nicht ins Krankenhaus und beschließe, einfach nur durch die Straßen zu laufen.
Vor einem Schreibwarenladen bleibe ich stehen und denke nach. Statt der Auslagen erblicke ich mein Gesicht im Schaufenster. Dann verschwimmt es und als ich es wieder ansehe, weiß ich, was ich tun werde.
Ich muss sie treffen. Muss wissen, wie es ihr geht.
Also werde ich nach Hause und nicht in die Klinik gehen. Außerdem ist sicher Raphael bei Ralph. Und schließlich wollten wir uns abwechseln.
Auf dem Rückweg genieße ich die Frühjahrssonne. Mein Puls ist ruhig und ich bin zufrieden. Ich werde mir die Adresse des Piloten heraussuchen. Sebastian Awe. So viele kann es davon ja nicht geben. Und dann fahre ich hin. Gleich morgen.
Natürlich kann ich nicht einfach bei ihr klingeln. Was soll ich ihr dann sagen? Wer weiß, ob sie mich überhaupt empfängt.
Aber es lässt mir keine Ruhe.
Jetzt beeile ich mich heimzukommen. Am Gemüsestand um die Ecke bleibe ich stehen und prüfe das Angebot. Die roten und blauen Beeren sehen verlockend aus, doch ich kann ihrem Preis widerstehen.
Die Erdbeeren finde ich einigermaßen okay. Schließlich lasse ich mir noch Kopfsalat und Tomaten in die blaue Plastiktüte packen und ein paar Äpfel für Susanne.
Zu Hause drehe ich den Schlüssel zweimal im Schloss und stelle die Tüte auf den Boden im Flur. Keiner ist da.
Raphael nicht und auch nicht Renate und Joachim.
***
(Joachim)
„Herr Karstenberger?“ Der jungenhaft wirkende Arzt hat mich und Renate kommen sehen. Er erinnert mich an Thilo, einen meiner Verkäufer.
Ich lasse den Türgriff los und gehe auf ihn zu. Renate folgt mir. Freundlich begrüßt er mich und Renate und bittet uns in einen kleinen Raum am anderen Ende des Ganges, in dem eine Liege steht.
„Das Büro ist im Moment nicht frei“, entschuldigt er sich.
Mein Herz rast. Ich kann nicht einordnen, was er von uns will. Als er nicht gleich zu reden beginnt, verliere ich die Geduld, die in diesen Tagen sowieso nicht meine Stärke ist.
„Ist alles in Ordnung mit meinem Sohn?“
„Ja, ja“, sagt der junge Mann etwas verschreckt. „Machen Sie sich keine Sorgen.“
Ich will endlich wissen, was los ist. Renate hat sich auf die Liege gesetzt und zieht mich zu sich hinunter. Beschwichtigend legt sie ihre Hand auf mein
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