Zwei Worte bis zu Dir - Die Wildrosen-Insel 1: Ein Serienroman (German Edition)
aufzulauern, um sicherzugehen, dass ich dir keine Szene mache.«
»Unsere letzte Begegnung endete zu abrupt«, antwortete er. »Zu vieles ist unausgesprochen geblieben.«
»Ich habe alles gesagt.«
»Aber ich nicht.«
»Du wiederholst dich, Lenny. Was auch immer du zu sagen hast, es wird auf dasselbe hinauslaufen: Ich will es nicht hören. Also bitte sei so lieb und lass mich allein. Auch wenn es für dich vielleicht nicht so aussieht, aber ich arbeite gerade.«
»Ich hatte geahnt, dass du mir nicht zuhören würdest«, sagte er und holte einen Umschlag aus der Innentasche seiner Jacke. »Deshalb habe ich gehofft, dass du stattdessen lesen würdest, was ich dir zu sagen habe.«
Zögernd nahm sie den Brief, den er ihr in die Hand drückte. Der Drang, ihn augenblicklich zu zerreißen, wechselte im Sekundentakt mit dem Verlangen, ihm einfach wortlos in die blauen Augen zu schauen. Die Gefühle ihm gegenüber, die sie gerade seit der letzten Begegnung mit Gregor als gänzlich verblasst betrachtet hatte, raubten ihr für einen Moment den Atem. Hörte das denn nie auf? Und was viel schlimmer war: Hörte er denn nie auf, diese innere Unruhe immer wieder auf die Probe zu stellen?
»Besser du nimmst ihn gleich wieder mit«, antwortete sie und streckte ihm den Umschlag entgegen.
Lenny ignorierte ihre Geste und schob die Hände in die Jackentaschen.
»Nein, Ness«, sagte er. »Ich werde ihn nicht wieder mitnehmen. Du hast die Wahl: Entweder du liest diesen Brief, oder ich werde hier stehen bleiben und dir sagen, was ich zu sagen habe. Und glaube mir, ich habe dir viel zu sagen. Sehr viel.«
Vanessa starrte schweigend auf den Umschlag in ihrer Hand. Sie wollte nicht mit ihm streiten, nicht vor den Kindern.
»Ich werde ihn mitnehmen«, erwiderte sie leise. »Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich ihn auch lesen werde.«
Er lächelte leicht, seine so typische Selbstsicherheit schien ihm jedoch gänzlich abhandengekommen zu sein.
»Und jetzt entschuldige uns, aber wir haben noch zu tun«, sagte sie in beherrschtem Tonfall.
»Natürlich«, antwortete er.
Er sah zu Jenna hinüber, die mit den anderen beiden euphorisch kichernd einen Frosch beobachtete, dann schaute er wieder Vanessa an. Er wollte etwas sagen, das war offensichtlich; gleichzeitig schien er aber zu spüren, dass sie nicht bereit war, ihm weiter zuzuhören.
Sie wandte sich von ihm ab und bückte sich zu den Kindern hinunter. »Na, was haben wir denn da?«, rief sie in gespieltem Enthusiasmus, als sie den Frosch entdeckte, während Lenny nach einem letzten Zögern schließlich die entgegengesetzte Richtung einschlug und nach wenigen Schritten hinter einem Fliederstrauch aus dem Blickfeld verschwand.
* * *
Kim liebte es, in einem Feldsalat stochernd über den Tellerrand hinweg die Gäste des Bistros zu beobachten. Gemeinsam mit Vanessa und Carina ließ sie sich nur allzu gern über die männlichen Gäste aus und fällte Urteile darüber, ob die Einheimischen oder die Touristen mehr Charme besaßen. An diesem Nachmittag jedoch gab es wichtigere Themen.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass du das getan hast.« Kim schüttelte mit ungläubiger Miene den Kopf. »Sie ist unsere Freundin, Carina. Wie konntest du nur?«
»Eben weil sie unsere Freundin ist«, wehrte sich Carina. »Hast du das denn noch immer nicht verstanden?«
»Wenn sie das erfährt, wird sie dir den Hals umdrehen.«
»Mir ist lieber, dass sie mir den Hals umdreht, als dass sie in ihr eigenes Unglück rennt.«
»Wenn man dich so reden hört, könnte man meinen, du seist ihre Mutter und nicht ihre Freundin.«
Carina schob ihren Teller mit dem kläglichen Rest eines faden Hähnchenauflaufs zur Seite und ließ ihr Kinn seufzend auf die Handflächen fallen. »Ich weiß doch selbst, dass ich Scheiße gebaut habe, aber in dem Moment fühlte es sich einfach richtig an.«
»Du weißt, dass du es ihr sagen musst, oder?« Kim trank einen Schluck von ihrer Diät-Cola und setzte das Glas mit bedeutungsschwerem Blick ab.
»Vielleicht hat ihn mein Anruf ja auch völlig unbeeindruckt gelassen«, verteidigte sich Carina. »Er machte jedenfalls nicht den Eindruck, als hätten ihn meine Behauptungen aus der Bahn geworfen.«
»Trotzdem«, entgegnete Kim. »Du musst es ihr sagen.«
»Vielleicht warte ich auch einfach ab, ob sie es selbst herausfindet. Und dann …«
»Und dann wird sie stinksauer auf dich sein.«
»Aber vielleicht auch nicht. Vielleicht habe ich mit meinem Anruf genau das
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