Zweifel in Worten
getan. Ein zweites Mal.
Der Anblick des Raumes hatte ihn schaudern lassen und er konnte sich nicht vorstellen, dass Sven diesen Raum nur für ihn so eingerichtet hatte. Vielleicht setzte er öfters Männer unter Drogen und brachte sie hierher? Egal, alles egal, solange es nur bald vorbei und Sam frei sein würde!
Doch Svens Worte hatten etwas in ihm ausklinken lassen, hatten Franks Hände mit einem Eigenleben erfüllt, und seinen Peiniger innerhalb von Sekunden zurückgedrängt.
Sven war gestürzt und dabei gegen die Wand geknallt. Frank schüttelte den Kopf, um das Bild von Svens überraschten Augen aus seinem Bewusstsein zu bekommen. Er war ein Monster, eine Bestie!
Und das wollte er nicht sein. Nicht grausam, nicht verabscheuungswürdig.
Immer wieder schauderte er bei der Erinnerung, wie leicht seine Fäuste durch die Luft und gegen Sven gewirbelt waren, wie viel Genugtuung es ihm beschert hatte, den verhassten Körper zu treffen, zu verletzen.
Und wie vorhin, als er angewidert zu sich gekommen war, überkam ihn auch jetzt ein Übelkeitsgefühl der besonderen Art. Er versuchte, dagegen zu kämpfen, wollte sich nicht übergeben, wollte keinen Millimeter von Gabriel abrücken, um den Kopf wenigstens in eine andere Richtung zu halten.
Eine Hand streckte ihm unvermittelt eine Pappschale vor das Gesicht. „Da rein, Frank. Wenn’s nicht reicht, kriegst du die nächste.“
Frank schaffte es nicht, die Nierenschale zu ergreifen, das tat Gabriel und hielt sie ihm unter das Kinn. Mit der anderen Hand strich er über Franks Kopf und Rücken.
„Es ist in Ordnung, Liebling. Es ist in Ordnung.“
Frank wunderte sich nicht darüber, dass Gabriel so liebevoll war, auch nicht darüber, dass Mika offensichtlich genau wusste, was in seinem Leib vor sich ging. Er würgte und hoffte einfach, diese verdammte Schale zu treffen.
~*~
Gabriel sah zu Sam und Mika, zu zwei weiteren medizinisch geschulten Mitarbeitern, die sich um das Leben seines langjährigen Geliebten kümmerten.
Die leisen, schluchzenden Würgegeräusche von Frank taten ihm weh. Er würde ihm all das so gern ersparen, aber er hatte recht: Nichts konnte das Geschehene rückgängig machen.
Er wollte es, aber was nutzte das?
Seine Hand hielt die Pappschale, in der auch nach zahlreichen, wirklich schmerzhaft klingenden Würgern von Frank nur wenig Flüssigkeit war. Dunkelgrüne Galle. Armer Liebling. Er quälte sich mit der Übelkeit.
Gabriel konnte nur erahnen, wie schwer seine eigene Tat auf Franks Seele lastete, aber er wusste jemanden, der helfen konnte. Er würde sie später anrufen. Jetzt mussten sie Sam helfen.
Frank verstummte und zitterte noch schlimmer als zuvor. Gabriel gab die Schale ab, die einer der Helfer sofort entsorgte, dann zog er Frank dichter an sich. „Habt ihr etwas Wasser für ihn?“
Mika wandte sich um. „Nur zum Mund spülen, okay? Sonst geht’s gleich weiter mit der Übelkeit.“
Einer seiner Helfer reichte Gabriel einen Becher und hielt eine weitere Nierenschale hin.
Frank reagierte mechanisch, als Gabriel ihm den Becher an die Lippen setzte, spuckte aus und schüttelte den Kopf, als Gabriel ihm den Becher erneut bot.
Frank hob den Kopf, sah ihn traurig an und flüsterte: „Ich liebe dich.“
Das hatte er von ihm noch nicht zu hören bekommen. Nicht so, deshalb erfüllten ihn diese Worte mit einer Wärme, die ihn lächeln ließ. Sein Mund senkte sich ganz kurz auf Franks Lippen. „Ich dich auch.“
Das Lächeln von Frank wirkte nicht so zwanghaft, wie Gabriel befürchtet hatte. Er zog ihn noch dichter an sich, legte eine Hand auf dessen zitternde Finger, die sich noch immer Sam festhielten.
„Wohin fahren wir?“, fragte Frank.
„In ein privates Krankenhaus. Er muss erst aufwachen, bevor ich einen Transport nach Berlin erlauben kann.“ Mika wandte sich zu ihnen um und musterte Frank eindringlich. „Frank, hör zu. Ich weiß, dass Sam ein starkes Beruhigungsmittel bekommen hat. Hat dir der ... hast du mitbekommen, welches?“
Frank hob die Schultern, dachte sichtlich angestrengt nach. „Irgendwas ... Mi… Nein, ich weiß es nicht genau, tut mir leid.“
Mika nickte und schürzte die Lippen. „Midazolam, möglicherweise?“
Wieder kräuselte sich Franks Stirn. „Könnte sein ... ja ... er sagte ... ‚eine nicht unerhebliche Menge‘ ...“ Der schmale Körper an seinem zitterte noch einmal heftig.
„Gut, dann weiß ich, was ich tun kann. Hab keine Angst, Frank. Ich kriege ihn wirklich wieder hin,
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