Zweifel in Worten
Gabriel zu fokussieren. Franks andere Hand glitt an Sams Wange, sein Daumen strich darüber, und er versuchte zu lächeln.
Ein Bleigewicht in seinem Magen zog seine Mundwinkel herab. Wenn er nicht wäre, ginge es Sam tausendmal besser. Dieses schlechte Gewissen nagte unendlich an ihm und er wusste nicht, wie er es jemals wieder loswerden sollte.
Sams Lippen strafften sich, wurden zu einem müden Lächeln, mit welchem er ihn und Gabriel bedachte.
Es fühlte sich warm an, liebevoll und gleichzeitig so hilfesuchend. Sams Hand bewegte sich leicht, Gabriel streckte seine freie nach Sams anderer Wange aus.
„Hallo Stern. Wie fühlst du dich?“, drang Gabriels tiefe Stimme durch den Raum.
Frank wollte aufschreien, so viel Schmerz lag in der Frage. Gabriel hatte höllische Angst um Sam, das kam neben dem beruhigenden Zeug in seinem Körper so klar in ihm an. Alles meine Schuld.
Er nahm seine Hand von Sams Wange, als hätte er sich verbrannt, versuchte auch, die andere zu befreien, doch Gabriel schien zu merken, was in ihm vor sich ging, und hielt sie einfach fest.
„Es ... geht“, kam es brüchig von Sams Lippen. Frank sah darauf. Sie wirkten spröde und rissig. Meine Schuld.
„Und ... euch?“, schob Sam leise nach und sein Blick heftete sich auf Frank, der einfach nur noch schrumpfen und verschwinden wollte. Er presste die Lippen fest aufeinander und straffte sich. Sam jetzt seine Schwäche zu zeigen, war weder fair noch gut. Er musste jetzt tapfer sein, durchhalten. Gute Miene zu ... nein, das hier war kein Spiel. Sven hatte Sam weh getan, so weh!
„Alles okay!“, sprudelte es enthusiastisch aus seinem Mund. „Gabriel hat uns gerettet!“
Er wollte ersticken an dieser Lüge, bemerkte, dass Gabriel, der noch immer dicht bei ihm war, sich erstaunt zu ihm wandte. Gerettet ... Sam war gerettet, vielleicht war es nur eine halbe Lüge.
„Du wirst wieder! Mika hat gesagt, du wirst keine bleibenden Schäden davontragen!“ Wieso klang seine Stimme so piepsig und schrill?
Gabriels Arme schlossen sich um ihn. Wann hatte er Sam losgelassen und vor allem wieso? Sam war wichtiger, alle waren wichtiger! Fragend hob er den Blick zu Gabriels Kornblumenaugen und schaffte es doch nicht, länger als zwei oder drei Sekunden standzuhalten.
„Du hast ihn gerettet, Frank.“
Nein, das hatte er nicht! Er hatte einen Menschen getötet, hatte geschrien und getobt, hatte seine eigene, erbärmlich Haut retten wollen ...
Lügner. Du hättest ihn doch beinahe alles machen lassen!
Wenn Sven nicht von Sam geredet hätte, von dem, was er ihm antun würde, sobald er mit Frank ‚fertig‘ war, hätte er nie das Schwert genommen, nie versucht, zu entkommen. Er hätte es stumm ertragen, hoffnungs- und hilflos. Einfach so, weil er das Opfer war. Die Beute.
Das Wort waberte durch seinen Kopf. Beute.
„Danke“, brachte Sam hervor und riss Franks Aufmerksamkeit an sich. Wieder dieses Lächeln, so liebevoll und sanft. Und er schenkte es Frank, der Bestie.
Er schluckte hart und traute sich nicht, sich an Gabriel zu lehnen, dessen Wärme anzunehmen. Wenn er wüsste, was Frank getan hatte! Er schüttelte unwillkürlich den Kopf, versuchte, diesen Gedanken loszuwerden.
„Für dich konnte ich es.“ Woher kamen diese Worte? Aus seinem Mund? Die Wahrheit, so einfach ließ sie sich sagen, und doch hatte sie spür- und sichtbare Folgen.
Gabriels Arme umschlossen ihn dichter, Sams Augen weiteten sich erschrocken.
„Für mich?!“, hauchte Sam und drehte den Kopf. Seine Augenbrauen kräuselten sich.
Frank nickte, er konnte nicht anders. Für Sam. Nur für Sam hatte er sich gewehrt, hatte ihn verteidigt. Ohne darüber nachzudenken. Nur mit dem festen Willen, Sam vor weiteren Schäden zu bewahren.
Tränen liefen aus seinen Augen und ein seltsam klebriger Kloß saß plötzlich in seinem Hals. Er räusperte sich. Alles meine Schuld.
Sprechen konnte er nicht, nur wieder zittern, wohl wissend, dass er die Wärme, die Gabriels Umarmung ihm schenkte, nicht verdiente.
~*~
Sams Kopf war noch immer voller Nebel, trotzdem sah er, wie sich Franks Haltung immer wieder veränderte. Bemerkte sein Zittern, seine plötzlich wieder gestrafften Schultern, jetzt diese Tränen, das tiefdunkle Grün in seinen Augen.
Es tat ihm weh. Einfach nur weh.
„Kannst ... du näherkommen?“, bat er und ärgerte sich, dass seine Stimme noch immer wackelte. Er wollte ihm Stärke geben, ihn an sich ziehen und ihm sagen, dass alles wieder gut würde.
Frank
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