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Zweifel in Worten

Zweifel in Worten

Titel: Zweifel in Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Jaeger
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missbilligend und bitter, als Frank von seinem Leid und vor allem vom schrecklichen Verhalten des behandelnden Notarztes berichtete. Der Mann hatte sich als ausgesprochen homophob erwiesen und Frank noch Vorwürfe für sein angeblich so sorgloses Verhalten gemacht. Und ihr kleiner Liebling hatte sich geweigert, einer Narkose zuzustimmen, um seine Verletzungen nähen zu lassen. Der Arzt hatte sich schließlich dazu herabgelassen, die Wunden unbetäubt zu nähen und Frank hatte keine große Veranlassung gesehen, mit diesem Menschen auch noch über die Risiken einer möglichen HIV-Infektion zu sprechen.
    Immer wieder musste Gabriel sich dazu zwingen, seine Umarmung zu lockern, um Frank nicht weh zu tun, nur weil er ihn in einem akuten Anfall von Beschützerinstinkt fast seinen Verstand verlor. Wie konnte ein Mediziner so grausam und bösartig sein? Wieso hatte er Frank nicht wenigstens eine Vereisung oder eine lokale Betäubung angeboten? Wieso hatte er statt der verweigerten Vollnarkose nicht Milde und Mitleid walten lassen?
    Auch danach hatte Frank sich nicht mit seiner Angst zum Arzt getraut. Er nannte sich feige und schüttelte den Kopf über sich selbst.
    „Bevor ich auf eure Annonce geantwortet habe, hatte ich ja auch keine Ahnung, dass ich jemals wieder mit jemand anderem als meinen Händen Spaß haben würde ...“
    Für Gabriel und offenbar auch Sam eine glaubhafte Begründung, wenn auch keine besonders schlaue.
    Frank berichtete von seiner Flucht nach Berlin, als die Anstellung bei den Stadtbibliotheken sich anbot. „Natürlich hatte ich überhaupt keine Ambitionen mehr, mich durch die Gegend zu vögeln. Bis ... ich euch traf. Schlimm genug, aber ... na ja, am Donnerstag hab ich mir endlich Blut abnehmen lassen, um doch mal zu klären, was los ist. Und mindestens bis ist das Ergebnis habe, werde ich ganz sicher gar nichts entscheiden können.“
    Er atmete tief durch und wirkte bei aller Ungewissheit wegen des Tests doch erleichtert. Gabriel lächelte ihn aufmunternd an. „Egal, wie das Ergebnis ist, wir sind für dich da, das weißt du.“
    Zu seiner Erleichterung nickte Frank und machte auch keine Anstalten, sich aus seinem Klammergriff zu befreien.
    Gabriel sah ihm in die Augen und hoffte, dass alles gut werden würde.
    „Darf ich unseren Liebling jetzt auch mal so halten?“, fragte Sam und klang eher belustigt als eifersüchtig. Gabriel und Frank sahen zu ihm, und als Frank nickte, löste er die Umarmung.

    ~*~

    Sam zog Frank dicht an sich und schloss genießend die Augen, als dessen Körper sich so an seinen schmiegte. Es tat gut, so gut, seinen nicht mehr ganz so heimlichen Liebling festhalten zu können.
    Noch immer versuchte er herauszubekommen, wieso er kein bisschen eifersüchtig war, wenn er Frank und Gabriel so eng beieinander sah. Wenn er beinahe körperlich spüren konnte, wie nah sie sich standen. Er gefiel ihm irgendwie, dass die beiden Menschen, denen er seine Zuneigung geschenkt hatte, sich so gut verstanden. Sam hatte es aufgegeben, über die Unmöglichkeit einer solchen Doppelliebe nachzudenken. Es brachte ja doch nichts. Was er fühlte, führte die bislang bekannteren Beziehungsformen so oder so ad absurdum. Wieso also sollte er es nicht einfach auskosten?
    „Geht es dir besser, seitdem du es erzählt hast?“, fragte er und musterte Frank.
    „Ein bisschen. Aber ich ... ich will kein Mitleid, okay? Darum geht es einfach nicht. Nur darum, dass ihr verstehen sollt, wieso ich so ... bereitwillig abhaue, wenn etwas zu ernst, zu kompliziert oder schlicht zu intensiv wird.“
    Sam strich ihm das Haar aus dem Gesicht und küsste ihn, ganz sanft, eher fragend als fordernd. „Dazu besteht kein Anlass. Du siehst doch, dass wir uns sowieso nicht von dir trennen können ...“
    Frank lächelte. „Ich wünschte wirklich, dass es so einfach wäre. Aber ich fürchte, dass es das nie wird.“
    Gabriel beugte sich zu ihnen. „Ich denke, wir haben genug Zeit, um das herauszufinden, glaubst du nicht?“
    „Keine Ahnung, im Gegensatz zu euch bin ich ja jung!“, feixte Frank und grinste unvermittelt.
    Sams Herz setzte ein paar Schläge lang aus, so sehr freute ihn der Stimmungswechsel. Vielleicht war Frank wirklich auf dem Weg, das alles zu verarbeiten. Er hatte keine Details berichtet, aber das war auch nicht wichtig. Wichtig war nur, dass Frank lernte, ihnen alles sagen zu können.
    „Drei Jahre. Du denkst, drei Jahre machen den Unterschied zwischen jung und alt aus?“, fragte Gabriel

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