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Zweifel in Worten

Zweifel in Worten

Titel: Zweifel in Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Jaeger
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Die Adresse stimmte, sein Name auch, aber dieser Brief war nicht per Post verschickt worden. Auf der Rückseite stand: Hab dich am Samstag gesehen! =)
    Seltsam, selbst wenn ihn jemand gesehen hatte – Franks warnend über seinen Körper laufende Gänsehaut ließ ihn an seinen Ausflug in den Club denken – blieb die Frage offen, woher derjenige seine Adresse haben konnte.
    Er dachte an Sam und Gabriel, sie waren die Einzigen, die infrage kämen, ihm diesen Brief geschickt zu haben, oder nicht? Vielleicht hatte einer von ihnen ihn vorhin hier eingeworfen, als er noch in der Bibliothek gewesen war?
    Er öffnete den Umschlag und nahm den einzelnen DIN-A4 Zettel heraus.
    Hallo Du,
    Du warst doch am Samstag im Vida Loca oder nicht? Ich habe Dich dort gesehen. Du bist echt immer noch so niedlich. =)
    Ich habe dich nicht sofort wiedererkannt, aber als Du aus dem Darkroom zurückkamst, in dem Du den Blonden abgeschleppt hattest, wurde mir klar, dass ich Dich kenne.
    Doktor Frank Meißner. Wer hätte gedacht, dass ein Clubbing -Ausflug nach Berlin endlich aufklärt, wohin Du Dich verzogen hast?
    Dabei konnte ich Deinen süßen, kleinen Arsch nie vergessen! Warst Du wirklich noch Jungfrau, als ich Dich damals gefickt habe? Hm, gemessen an Deinen Schreien schon ... Tut mir echt leid, dass ich nicht zärtlicher sein konnte, aber Du weißt sicher noch, wie sehr Raoul gedrängelt hat, dass ich mich beeilen sollte ... ;) Er war eben ein Schisser. Vielleicht war er auch sauer, dass er Dich nur festhalten durfte?
    Ich weiß noch nicht, wie glücklich ich darüber sein soll, dass Du Dein Jagdrevier nach Berlin verlegt hast, aber interessant zu sehen, dass Du noch immer die gleiche Masche fährst wie damals.
    Wird das nicht irgendwann langweilig?
    Ich bin Dir am Samstag gefolgt, Du bist ja doch recht schnell wieder abgehauen ... Aber was soll’s? So weiß ich nun wenigstens auch, wo Du wohnst, Frankyboy!
    Wir sehen uns – ganz sicher!
    Sven
    Franks Augen konnten sich nicht von diesen Zeilen lösen, auch nicht, als er den Brief keuchend sinken ließ.
    Sven. Der Typ aus Köln, der ihn vergewaltigt hatte.
    Er hatte ihn gefunden, durch einen dummen Zufall, nein, durch Franks verfluchte Geilheit!
    Seine Hand krallte sich schmerzhaft um die Armlehne, die Worte auf dem Papier verschwammen unter seinem starren Blick und ein nicht enden wollendes Zittern ließ seinen Körper schlottern.
    Die Bilder, die sich in seinem Kopf zu einem grausamen Puzzle zusammensetzten, die Gerüche, die Geräusche, alles war wieder da, der ziehende, brennende Schmerz, alles.
    Er versuchte zu schlucken, die widerlichen Eindrücke zu verscheuchen, schrie laut und wütend auf und warf den Brief von sich.
    Frank sprang auf und trat an die Brüstung. Er sah nach oben. Die Sonne brannte vom strahlend blauen Himmel, es war Tag. Helllichter Tag. Keine Sterne über ihm, keine tiefschwarze Nacht, keine Motorhaube unter ihm, kein nachtfeuchtes Gras, niemand hinter ihm, niemand vor ihm, niemand hielt ihn fest, er konnte sich frei bewegen. Alles war gut.
    Es ist doch gut?!
    Seine Hände klammerten sich um den Holm des Geländers, die Blätter einer Geranie streifen seine Finger und er riss die Hand hektisch weg. Nichts und niemand durfte ihn anfassen!
    Niemals wieder.
    Mit roboterhaften Schritten sammelte er Umschlag und Brief ein, warf beides zusammengeknüllt in den Müll.
    Was nun? Hilflos drehte er sich um die eigene Achse und sah sich um, als gäbe es hier irgendein Versteck, in das er sich zurückziehen könnte. Wenn Sven seine Adresse hatte, dann ...!
    Er wusste, es würde nicht lange dauern, bis er hier auftauchen würde. Scheiße, das konnte doch nicht wahr sein!
    Immer wieder durchlief ein Schüttelfrost seinen Körper, ließ seine Zähne klappern und raubte ihm den klaren Verstand.
    Einzig Angst blieb zurück, malte in schrecklich grellen Farben aus, was passieren würde, wenn Sven vor der Tür stünde. Frank versuchte mit aller Kraft, sich gegen diese Horrorvorstellungen zu wappnen, sie aus seinem Kopf zu schieben, an irgendetwas anderes zu denken, aber es gelang ihm nicht. Svens Gesicht tauchte immer wieder auf, sein Mund zu einem Lachen verzogen oder auch bitterernst ...
    Frank schrie erneut auf, das Geräusch aus seiner Kehle klang wie ein Jammern, viel zu jung für ihn, viel zu weinerlich.
    Hastige Schritte brachten ihn in sein Schlafzimmer. Er kramte eine kleine Reisetasche heraus und warf wahllos Klamotten hinein. Hier in der Wohnung war er nicht sicher! Er

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