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Zweiherz

Titel: Zweiherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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dass Will unschuldig ist«, erwiderte Kaye gereizt. Sie stocherte lustlos mit der Gabel in dem Essen auf ihrem Teller herum, das langsam kalt wurde.
    Arthur zog prüfend die Augenbrauen nach oben. »Hast du Will getroffen?«
    »Ja.« Sie nickte. »Er stand auf einmal vor dem Laden. Sehr gesprächig war er nicht.« Ihr traten Tränen in die Augen und Arthur griff nach der Hand seiner Tochter.
    »Na komm, nun heul mal nicht. Nach fünf Jahren im Gefängnis ist es nicht so leicht, plötzlich wieder zu Hause zu sein. Niemand weiß, was all die Monate in Will vorgegangen ist. Vielleicht hat er im Gefängnis Schreckliches gesehen oder erlebt, Dinge, die wir uns nicht einmal vorstellen können. Du musst ihm schon etwas Zeit lassen, sich zurechtzufinden im normalen Leben. Sogar Freiheit bedarf einer gewissen Gewöhnung. Für ihn hat sich hier eine Menge verändert. Auch du hast dich verändert.«
    Kaye schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte laut. Sie hatte mit Ablehnung und Sturheit von Seiten ihres Vaters gerechnet, aber dass er jetzt auf einmal Verständnis signalisierte, brachte sie völlig durcheinander. »Er hat keinen meiner Briefe gelesen, Vater, keinen .« Sie schniefte und suchte nach einem Taschentuch.
    Arthur schüttelte ungläubig den Kopf. »Das ist allerdings etwas merkwürdig. Dass er dir nie geschrieben hat, fand ich schon seltsam. Aber dass er deine Briefe nicht gelesen hat … Was für einen Grund sollte es dafür geben?«
    »Es waren 99 Stück, Daddy. 99 ungelesene Briefe«, stieß sie hervor. »Ich habe Stunden damit verbracht, ihn an meinem Leben teilhaben zu lassen. Und er hat all die Jahre nichts von mir wissen wollen. Er wusste nicht mal, dass Mom tot ist.«
    Arthur fuhr seiner Tochter zärtlich übers Haar, das unter seinen Fingern leise knisterte. »Es gibt noch andere junge Männer als diesen Will Roanhorse«, sagte er sanft. »Ich muss zugeben, es verursacht mir einige Bauchschmerzen, dass meine Tochter in jemanden vernarrt ist, der einen Menschen auf dem Gewissen hat.«
    Vernarrt , dachte Kaye empört. Das hörte sich an, als wäre sie immer noch zwölf Jahre alt und als wären ihre Gefühle für Will die eines Kindes. Aber so war das nicht. Schon lange nicht mehr und erst recht nicht, seit sie ihm heute begegnet war. Ihr Inneres war ein einziges Chaos, so aufgewühlt und durcheinander war sie seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr gewesen.
    Kaye wusste, es hatte ihrem Vater ganz gut in den Plan gepasst, dass sie in den vergangenen Jahren keinen Blick für Jungs gehabt hatte, weil sie nur an Will dachte. Ihr Freund Rob hatte seine Mutter und Kayes Vater vor einiger Zeit bei einem Gespräch belauscht und ihr alles brühwarm erzählt.
    »Du bist ein braves Mädchen, hat dein Dad gesagt, um das man sich nicht sorgen muss und das nie Ärger macht.« Robs Augen hatten dabei spöttisch gefunkelt.
    »Und was hat er noch gesagt?«, hatte Kaye gefragt.
    »Dass er Will Roanhorse nicht mag.«
    Dad mag Will nicht . Daran musste sie jetzt denken.
    »Es war ein Unfall«, erwiderte Kaye trotzig, fest entschlossen, an Wills Unschuld zu glauben. All die Jahre hatte sie sich an diesem Gedanken festgehalten. Will Roanhorse hatte ein gutes, ein mitfühlendes Herz, und sie liebte ihn, seit er ihr Jazz geschenkt hatte.
    Arthur schüttelte den Kopf. »Die Richter sahen das anders, Kaye.«
    »Weil er ein Indianer ist«, verteidigte sie ihn.
    »Vielleicht war es ein Unfall«, sagte Arthur. »Aber Will ist in die Wohnung seines Direktors eingedrungen und auf den Mann losgegangen. Du erwartest doch nicht, dass ich das normal finde?«
    Kayes Tränen waren getrocknet. »Ich glaube, er hatte einen Grund für das, was er getan hat. Irgendetwas muss da passiert sein. Will war nie gewalttätig, Vater, ich kenne ihn.«
    »Du kanntest ihn, Kaye. Damals war er noch ein Kind. Jetzt ist er ein Mann von zwanzig Jahren.«
    »Neunzehn«, verbesserte sie ihren Vater und begann, das Geschirr vom Tisch in die Spülmaschine zu räumen.
    Mochte er denken, was er wollte. Sie wusste, Will Roanhorse war kein schlechter Mensch. Und für das, was er getan hatte, war er bestraft worden. Mit fünf langen Jahren hinter Gefängnismauern.
    »Deine Mutter hat Will geliebt wie einen eigenen Sohn«, sagte Arthur mit belegter Stimme.
    Kaye nickte. »Mom war eine echte Navajo. Sie liebte ihr Volk. Sie liebte auch die, die vom Pfad der Schönheit abgekommen waren.«
    »Und sie liebte mich«, sagte Kingley.
    Bevor John Roanhorse sich zur Armee gemeldet

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