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Zweiherz

Titel: Zweiherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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hatte.
    Als Kaye auf der Ranch ankam, stand Ashkii noch bei den anderen Pferden auf der Weide, und Kaye vermutete, dass Will mit Hoskie und Ashie im Gelände unterwegs war. Manchmal galt es, eine Arbeit zu Ende zu führen, und dann blieben die Männer auch mal, bis es dunkel wurde.
    Kaye brachte ihre Einkäufe in die Küche, wusch die Tomaten, schälte Zwiebeln und schnitt die Tortillas in dünne Streifen. Pete kam pünktlich, und während sie die Suppe fertig zubereitete, erzählte er Kaye, dass er eine Freundin hatte.
    »Das freut mich für dich«, sagte sie.
    Die Tatsache, dass Pete nicht mehr in sie verliebt war, nahm ihr das schlechte Gewissen, das sie jedes Mal in seiner Gegenwart empfunden hatte - weil sie seine Aufmerksamkeit genossen hatte, ihm jedoch vorenthalten hatte, was er sich wünschte.
    »Und ich wette«, sie lächelte verschmitzt, »du kennst sie seit genau sechs Monaten.«
    »Das stimmt«, gab er zu, und offensichtlich war es ihm ein wenig peinlich, denn seitdem hatte er sich nicht mehr bei Kaye blicken lassen. Er war anderweitig beschäftigt gewesen.
    Kaye lachte, als sie Petes bekümmertes Gesicht sah. Aber gleich darauf wurde sie sehr ernst. »Will ist wieder da.«
    Pete blickte auf. »Sie haben ihn vorzeitig entlassen?«, fragte er überrascht.
    Der Hopi wusste eine Menge über Will Roanhorse. Kaye hatte ihm alles erzählt, damals, als er ihr gestanden hatte, dass er sie liebte. Nach diesem Kuss, bei dem sie gespürt hatte, dass sie ihn nicht liebte.
    »Ja«, sagte Kaye. »Sie haben Will vorzeitig entlassen.« Gerne hätte sie Pete erzählt, was sie von ihrem Onkel erfahren hatte. Aber das durfte sie nicht, auch wenn es die Dinge, die damals geschehen waren, erklärte. Wie schwer es doch war, ein Geheimnis zu hüten.
    »Ich freue mich für dich, Kaye«, sagte er. »Irgendwie war es damals eine idiotische Situation. Ich war so verliebt in dich, doch du hast immer bloß an ihn gedacht. Manchmal war ich richtig wütend. Sie ist die ganze Zeit einem Phantom treu, habe ich mir eingeredet. Aber nun ist Will hier, und ich bin froh, dass du nicht schwach geworden bist. Ich würde mich sonst schämen. Ich nehme an, er braucht dich jetzt sehr. Ich würde Will gerne kennenlernen. Vielleicht komme ich dich mal zusammen mit Nadja besuchen. Sie wird dir gefallen.« Petes Augen leuchteten.
    »Nadja?«, wiederholte Kaye verblüfft den Namen, den Pete genannt hatte.
    »Ja, ihre Eltern sind Russen, sie stammen aus einem Dorf in der Nähe von Moskau. Seit zwei Jahren arbeiten sie oben bei den Four Corners an einem Projekt für Uranförderung.« Pete blickte Kaye ein wenig betreten an.
    »Uranförderung?« , fragte sie ungläubig. Das Wort bedeutete viele Dinge in einem: neue Arbeitsplätze, Geld für die Diné, Umweltverschmutzung durch strahlende Abfälle. Es bedeutete Krankheiten für die Menschen. Knochenkrebs, Atembeschwerden und und und. Verstrahlte Pflanzen und Tiere, verseuchtes Grundwasser.
    »Niemand kann etwas für seine Eltern und das, was sie tun«, sagte Pete.
    »Da hast du allerdings recht«, stimmte sie ihm zu. »Mein Vater wandelt zurzeit in San Francisco auf den Spuren seiner Vergangenheit. Auf einmal fehlt ihm die Stadt. Ich glaube, er hat den Tod meiner Mutter immer noch nicht verkraftet.«
    »Und was ist mit dir?«, fragte Pete. »Kommst du jetzt besser damit zurecht, dass sie nicht mehr da ist?«
    »Ich versuche, es zu akzeptieren, aber es fällt mir noch schwer. In meinen Gedanken ist sie immer bei mir. Ich frage sie oft, was ich tun soll, doch in letzter Zeit bekomme ich manchmal keine Antwort mehr.«
    »Vielleicht sind ihr deine Fragen zu schwierig.« Pete lächelte.
    »Da könntest du recht haben. Meinem Vater sind sie es jedenfalls.«
    »Wann kommt er denn wieder?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Nicht dass er mir furchtbar fehlen würde, aber auf der Ranch ist er ganz nützlich.«
    Pete musste herzlich lachen. Plötzlich klopfte es an der Tür und er verstummte abrupt. Kaye zuckte zusammen, als wäre sie bei etwas Verbotenem ertappt worden. »Ja?«, rief sie. »Wer ist da?«
    Will trat in die Küche.
    Er sah müde und abgekämpft aus. Seine Arbeitskleidung war staubig und in seinen zusammengebundenen Haaren hingen kleine Zweige und Grashalme. Er musterte Pete Yatasi kurz, nahm den würzigen Duft der fertigen Suppe wahr, dann wandte er sich an Kaye und sagte: »Wir sind fertig mit dem Zaun und die Schafe sind umgetrieben. Ich gehe jetzt. Und schönen Abend noch.« Er drehte sich um und

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