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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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schleudern es nach uns. Ban macht es meist nicht viel aus, aber für euch Mondmädchen ist es wie giftiges Eis, das euer Blut zum Erstarren bringt.«
    Es war kein Raum für Tränen, eine Leere umgab sie, die so groß und schrecklich war, dass Mo unendlich zu fallen glaubte. Sie hob den Kopf und blickte über den Fluss. Immer noch strömten wie bei einem Menschen die Tränen über ihre Wangen, aber in ihrem Inneren war es still wie in einer Wüste. Es war eine überraschende Entdeckung: Hass unterschied sich gar nicht so sehr von Liebe. Er war ihr sogar erstaunlich ähnlich, auf eine dunkle, verzehrende Art. Und er betäubte den Schmerz, der zu schrecklich gewesen wäre, um ihn zu ertragen.
    »Ihr wisst, was wir zu tun haben«, knurrte Ban.
    »Leben gegen Leben«, flüsterte Night.
    »Eigentlich schade«, murmelte Coy mit versteinertem Gesicht. »Irgendwie mochte ich ihn.«

im reich der dinosaurier
    d ie meiste Zeit war es dunkel um ihn, aber wenn er doch einmal die Augen aufschlug, sah er Tiere, die ihn aus Glasaugen anglotzten, und manchmal auch Menschen, die tuschelten und ihn anstarrten. Einmal saß eine Frau an seinem Bett, die ein Brautkleid trug. Aber meist war es Ivy, die bei ihm war, wenn der Schüttelfrost ihn zittern ließ und er glaubte zu erfrieren. Jemand erzählte ihm mit leiser Stimme das Märchen von Dornröschen, aber er konnte sich später nicht daran erinnern, ob es Ivy gewesen war oder Liberty, die an seinem Bettende saß und ihre Perlenketten durch die Finger gleiten ließ.
    »Schlaf, mein Ire«, sagte sie gütig zu ihm. »Du wirst hundert Jahre schlafen, weißt du? Aber die zwei Elfen und der hässliche Schrat behüten dich. Die sind gar nicht so übel, wie ich dachte.«
    Es waren ganz sicher keine hundert Jahre, die er geschlafen hatte, allerdings befand er sich plötzlich auf dem Meeresgrund. Über ihm schwebte ein Wal, und als er sich umsah, entdeckte er weitere Meerestiere in staubigen, zum Teil zerbrochenen Vitrinen. Der Hurrikan hatte wohl auch hier Verwüstungen angerichtet. Nur wenige Kerzen erhellten die bizarre Szenerie.
    Als er versuchte, sich zu bewegen, pochte sein Arm, als sei die Haut zu eng. Er schielte an sich hinunter und sah einen straffen Verband, der nichts Gutes ahnen ließ. Entzündung , dachte er. Blutvergiftung. Wundstarrkrampf.
    Vorsichtig bewegte er die Finger. Das Pochen wurde stärker, aber seine Hand war noch zu gebrauchen. Haar kitzelte seine Finger. Fell? Tatsächlich. Er war auf ein Lager aus Fellen gebettet. Und neben ihm raschelte Papier.
    »Bist du wirklich ein Geist, Liberty?« Noch während er diese Frage flüsterte, gab er sich die Antwort selbst. Sie trug den Namen der Freiheitsstatue. Und zum ersten Mal fiel ihm auf, dass ihre klaren Züge sogar ein wenig an die riesige Skulptur auf Ellis Island erinnerten.
    »Etwas mehr Höflichkeit, wenn ich bitten darf«, antwortete die Holländerin gekränkt, aber würdevoll. »Man sagt nicht Geist zu anständigen New Yorkern.«
    Es strengte ihn sehr an, die richtigen Worte zu finden. Heute schien das Englische vor ihm zu fliehen. »Warum verfolgst du mich?«
    »Ich dich verfolgen?« Liberty schnaubte entrüstet. »Wenn ich dich störe, kann ich auch wieder gehen!«
    Er versuchte, ihre Hand zu greifen, um sie am Fortgehen zu hindern, aber seine Finger glitten durch die Gestalt hindurch. Mit rauschendem Kleid wehte sie davon.
    Jay biss die Zähne zusammen und setzte sich mühsam auf. Er trug Kleidung, die er nicht kannte, eine Hose aus grobem Stoff und eine Art Pullover, der aus Leder und aus eingenähten Fleece-Streifen bestand. Über das Fußende seines Lagers war eine Pelzjacke gebreitet. Und schwarzweiße Federn wie von einer Elster lagen überall auf der Decke wie kultische Zeichen.
    »Er ist wach!« Neben einer Vitrine stand eine junge Frau, die Ivy ein wenig ähnlich sah. Sie hatte ebenso kurzes Haar, allerdings war es kastanienbraun. Er hatte sie schon einmal gesehen. Und irritierenderweise trug sie immer noch ein staubiges Brautkleid. Flinke Schritte erklangen, dann tauchte Ivy auf. Im Kerzenlicht schimmerte ihr Haar wie eine goldene Aura.
    »Endlich«, rief sie. Ohne Umschweife setzte sie sich neben ihn und legte ihm die Hand auf die Stirn. »Du hast fast vier Tage geschlafen. Aber das Fieber ist gesunken.«
    »Wo bin ich?«
    »In Sicherheit.«
    »Im Museum of Natural History.« Liberty erschien wie herbeigeschnippt und plapperte eifrig drauflos. »Fünf Stockwerke, über dreißig Millionen Objekte und

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