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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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reglos im Uferdickicht, und immer noch war sie umhüllt von dieser fremden Gestalt, dem Mädchen namens Jenna. Blut strömte aus der Wunde an ihrer Seite.
    Mo warf sich neben ihre Schwester auf den Boden und nahm sie in die Arme. »Wach auf, Cinna!«, schluchzte sie. Während sie den kraftlosen Körper hin und her wiegte, fiel Madisons Gestalt von ihr ab, ihr eigenes bernsteinhelles Haar strich über Cinnas Arm. Ihre Schwester stöhnte auf und öffnete die Augen. Auch ihre Truggestalt glitt von ihr ab wie Wasser, Jennas hochmütiges Gesicht verschwand und machte weicheren Zügen Platz. Cinnas rotes Haar mit dem zimtfarbenen Glanz leuchtete im Regen. »Mo«, stieß sie mit gepresster Stimme hervor. »Es ist so kalt.«
    Mo beugte sich über sie und streichelte ihr Gesicht. »Warte auf die Nacht«, flüsterte sie. »Der Mond kann dich heilen, ich weiß es!«
    »Was ist passiert?«
    »Menschenmagie ist passiert. Und genau davor habe ich euch gewarnt, oder nicht?« Night war neben sie getreten. Es war seltsam, Nights Stimme zu hören, während die Lippen sich immer noch in dem Gesicht bewegten, das der Nachbarin gehörte.
    Mo schloss die Augen. Noch immer glaubte sie, Jays letzten Kuss auf ihren Lippen zu spüren. Der Verrat schmeckte noch bitterer als jeder Schmerz. Mit verschleiertem Blick sah sie zum anderen Ufer hinüber. Jay war verschwunden, und mit ihm dieses kurzhaarige Mädchen und der Mann.
    Ein Stück flussabwärts kroch Ban gerade ans Ufer und hinkte ihnen entgegen, Wasser ergoss sich in Strömen aus seinem Fell, Algen lagen wie ein grotesker Schmuck um seinen Hals. Er hatte die Gestalt, die Jay Onkel Matt genannt hatte, längst achtlos abgestreift, eine Hülle, die ihm ohnehin stets lästig gewesen war. Er keuchte, seine sonst so freundlichen Augen waren schwarz vor Zorn. »Was ist deine Magie wert, wenn dieser Mensch dir einfach so davonlaufen kann?« Sein wütendes Brüllen war wie Donnergrollen.
    Mo krümmte sich wie unter einem Schlag.
    »Ich weiß nicht, was geschehen ist! Wir haben doch auf ihn aufgepasst, Coy hat ihn kaum aus den Augen gelassen. Und ich wusste nicht, dass es hier noch andere gibt.«
    Neben einer Weide tauchte Coy auf. Atemlos stand er mit hängenden Armen da. Seine richtige Gestalt verschwamm noch mit der des schwarzhaarigen Jungen und sein hageres Gesicht zeigte die verschlagene Wachsamkeit eines Wesens, das noch nicht wusste, was es von den anderen zu erwarten hatte.
    »Nun, ich habe es gesagt, oder nicht?«, sagte Night unbarmherzig. »So sind die Menschen. Sie greifen aus dem Hinterhalt an. Sie betrügen uns. Und ihr einziges Ziel ist es, uns zu töten.«
    »Jay hat mich nicht betrogen«, begehrte Mo verzweifelt auf. »Es war das Mädchen. Sie hat ihn mir gestohlen! Wer ist sie? Wo kommt sie her?«
    »Bist du immer noch unter seinem Bann?« Mit einer schnellen, fast beiläufigen Bewegung schüttelte Night die Gestalt der dunkelhäutigen Frau namens Linda ab und richtete sich auf. Schwarze Haut kam zum Vorschein, lange, muskulöse Arme und Hände, die sich zu Fäusten ballten. »Ich weiß nicht, wer sie ist. Aber das spielt auch keine Rolle. Er liebt dich nicht. Er liebt dieses Mädchen, mit dem er davongelaufen ist. Dich hasst er!«
    Mo rang nach Luft. Sie konnte nichts dagegen tun, dass sie sich vorstellte, wie Jay das Mädchen küsste. Und mit einem Mal erblühte etwas in ihrer Brust, das so neu war wie die Liebe, die sie eben erst entdeckt hatte. Es war heiß und schrecklich, eine schwarze Glut, die sich mit scharfen Bissen durch ihre Erinnerungen fraß und alles veränderte. »Hast du von ihr gewusst, Coy?«, schrie sie. »Hast du sie gesehen? Du solltest doch auf ihn aufpassen. Er hat so oft mit dir gesprochen. Hat er je von ihr erzählt?«
    Coy blickte zu Ban. »Nein«, sagte er. »Ich hatte keine Ahnung.«
    Cinna atmete tief aus. Ihr Kopf an Mos Schulter wurde noch schwerer. Mo legte die Hand an ihre Wange. Heiß lagen ihre Finger auf eiskalter Haut.
    »Cinna?«, fragte sie mit banger Stimme. »Du darfst nicht einschlafen. Noch ist der Mond nicht …«
    Aber dann sah sie, dass Cinnas Augen geöffnet waren. Mit einem Ausdruck von mildem Erstaunen starrten sie ins Leere. Ban begriff als Erster. Er seufzte und seine Schultern sanken nach unten. Night kauerte sich neben die Mondmädchen und strich Cinna zart über das zimtfarbene Haar. »Der Mond kann ihr nicht mehr helfen, Bernstein«, sagte sie sanft. »Es muss Eisen gewesen sein, das ihr die Wunde beigebracht hat. Sie

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