Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
mit dem Kurzzeitgedächtnis eines Baumfrosches! Du erzählst mir ständig, ich soll mich teurer kleiden, oder hältst mir vor, dass es sich für einen reichen Schnösel nicht schickt, den anderen die Milch wegzutrinken. Das Zeitreisen ist dir gut bekommen.«
»Das ist eine Lüge, und du weißt das ganz genau.«
Es war aber hilfreich, dass er reich war, deshalb hatte ich ja gefragt. Jess hatte schon vor dem Abschluss der Highschool begonnen, Heiratsschwindler aus dem Kreis ihrer Verehrer auszusondern. Ich fragte mich sogar, ob ihre Beziehung so weit hätte gedeihen können, wenn N/Dickie nicht reich gewesen wäre.
Ich meinerseits konnte mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn die Kerle mich nur wegen des Geldes wollten. Vor Sinclair hatten die meisten Typen mich wegen meiner tollen Titten gewollt, das allein war schon bei jeder Verabredung eine schwere Last gewesen.
»Wenn wir bitte beim Thema bleiben könnten«, schlug Sinclair vor. Ich hörte also auf, an Nicks blaue, gold gefleckte Augen zu denken, und verbannte auch jeden Gedanken an seine schlanke und doch kräftige Gestalt (diese Schultern!) und an die Tatsache, dass er mich nicht hasste.
»Selbst für unsere Verhältnisse schweifen wir zu sehr ab«, stimmte Marc Sinclair zu. »Herrgott! Wie lahm ist das denn?«
»Nimm den Namen des Herrn vor meinem Gemahl nicht in den Mund.« Ein Satz, den ich gar nicht oft genug sagen konnte. Obwohl er bereits zusammenzuckte, hatte Sinclair immer noch seine steinerne Miene bewahrt. »Du weißt, dass es ihn nervt, und dann nervt er mich.«
»Außerdem«, legte Jessica böse grinsend noch einen drauf, »ist es Sünde.«
»Genau! Das wäre mir in wenigen Minuten auch wieder eingefallen. Tatsächlich finde ich …«
Die Schwingtür wurde mit Schwung aufgestoßen. Das war merkwürdig, denn die meisten von uns waren bereits in der Küche, und Tina pflegte Schwingtüren nicht aufzustoßen. Und ich hatte so laut gequasselt, dass ich keine Schritte im Korridor vernommen hatte.
»Ihr seid wieder da.«
Ich schaute auf und vermutete stark, jeden Moment meinen ersten Schlaganfall zu erleiden. Ein Riesen-Meilenstein, ein ganz persönliches Ziel, das ich seit längerer Zeit zu erreichen gedachte: Schlaganfall durch Erschrecken, juchhu! Als Nächstes kam dann wohl die erste Gehirnblutung. Danach würde ich mir wahrscheinlich die Mandeln rausnehmen lassen.
Oh, es würde eine ganz tolle Woche werden!
Wer da in der Küchentür stand, äußerst zerknittert und bleich und gar nicht tot, war einer meiner toten Mitbewohner: Garrett.
Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er gerade fleißig dabei gewesen, Selbstmord zu begehen.
Habe ich schon erwähnt, dass es ihm auf höchst spektakuläre Weise gelungen war?
5
»Aaaaah!«, brachte ich gerade noch heraus, bevor der Küchenboden auf mich zustürzte und mir vor die Stirn klatschte. Blöder Küchenfußboden, was hatte er auch auf mich zuzurasen, wenn ich einen so furchtbaren, furchtbaren Schock erlitt?
Oh. Moment mal! Ich war gestürzt und kam nicht wieder auf die Beine. Alte Leute hatten doch oft so einen Piepser … Wo war mein Piepser? Ich wollte einen Piepser. Bringt mir einen Piepser! Die Königin hat gesprochen. »Zu viel … Unheimliches … Werde ohnmächtig …«
Um mir zu helfen, ließ Nick(?) Smoothie auf meine Stirn tropfen. Sinclair rieb meine Hände, und Marc versuchte, meine Vitalfunktionen zu überprüfen.
»Warum tue ich das eigentlich immer?«, schimpfte er. »Warum versuche ich überhaupt, dir den Puls zu fühlen oder deinen Blutdruck zu messen?«
»Weil du in jedem Zeitstrom ein Trottel bist.« Ich widerstand in letzter Sekunde dem Drang, in sein Stethoskop zu brüllen.
»Ich muss mich entschuldigen.« Sinclairs dunkle Augen waren vor Schreck weit aufgerissen. Er rieb mir so fleißig die Hände, als wollte er ein Feuer in Gang setzen. »Meine arme Königin! Diese Reaktion hätte ich voraussehen müssen.«
»Warum denn? Wann hättest du das je gekonnt? Mir geht’s doch prächtig.« Wenn ich für jedes Mal, wo ich unsanft auf meinen Hintern geknallt oder zu Boden gegangen war (ob vor Schreck oder weil ich angeschossen wurde), einen Dollar erhalten hätte, dann wäre ich jetzt reich … Nun ja. Da Sinclairs Vermögen inzwischen auch das meine war, besaß ich tatsächlich so viele Dollars. »Lasst mich aufstehen!«
»Nein«, sagten mindestens drei von ihnen gleichzeitig. »Dein Puls schlägt sieben Mal in der Minute«, gab Marc zu bedenken. »Ich habe
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