Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
»Es gibt ein Goodwill in der Hölle ?«
»Ich bin nicht in der Hölle. Sondern in Apple Valley.«
»Oh. Na schön.« Ich ließ im Geiste alle Kommentare vorüberziehen, die ich zu Apple Valley abgeben könnte, einer wirklich netten Vorstadt der Twin Cities Minneapolis und St. Paul, falls man Städte ohne eigenes Gesicht mag. »Wann bist du denn zurückgekommen?«
»Ich … ich bin gerade erst zurückgekehrt.«
Merkwürdig. Wollte sie meine Geduld auf die Probe stellen oder mich provozieren? Warum drückte sie sich so vage aus? Ach, zum Teufel damit! Ich hatte Wichtigeres zu erledigen. »Hör mal, hier hat sich was ergeben, und ich brauche dich wirklich, wirklich dringend. Komm so schnell her, wie du kannst!«
»In zwanzig Minuten«, versprach Laura und beendete das Gespräch.
»In zwanzig Minuten«, teilte ich den anderen mit.
»Was soooolllen wir denn bis dahin machen?«, sang das Marc-Wesen. Zwar konnte er sich unter all den Lagen Isolierband nicht mehr bewegen, doch die unheimliche Lebhaftigkeit seines Gesichts war schrecklich genug.
»Wir könnten abwechselnd auf dich schießen«, schlug N/Dick vor. Aus seiner Stimme sprach ehrliche Abneigung, und ich konnte ihm das nicht verübeln. Mit der Marc-Kreatur zu sprechen war, als redete man mit einem Wesen, das man nicht sehen konnte, das einen aber beißen würde, sobald es die Gelegenheit erhielt. Es war, als wäre man mit einem großen Weißen Hai in einem Fahrstuhl gefangen. Einem Weißen Hai, der Handgranaten an den Flossen trug. Und Zahnschmerzen hatte, die seiner Laune auch nicht zuträglich waren.
»Ich bin darauf vorbereitet, wirklich vorbereitet, ein mörderisches Verhör über mich ergehen zu lassen und Antworten aus meinem Schlund von schwarzem Blut hervorzuwürgen.«
»Himmel«, beschwerte sich Jessica, »muss das sein?«
»Wer hat mich getötet? Und aus welchem Grund? Und was ist danach geschehen? Und warum? Warum bin ich dir und dem Anti… Laura hierher gefolgt? Und wie hab ich das gemacht? Und wie hab ich’s angestellt, dass mein Haar vor tausend Jahren so gut ausgesehen hat? Ich bin«, fuhr der falsche Marc fort, während er sich in der Küche umschaute, »von Primitiven umgeben. Gar nicht zu reden von primitiven Frisuren und Hautpflegeprodukten. Dass ich mich nicht zu rasieren brauche, bedeutet noch lange nicht, dass ich nicht super aussehen und riechen will. Ich kann mich nicht einmal erinnern, wann ich zuletzt …« Seine Augen waren wild umhergeschweift. Sein Blick erinnerte mich an den eines Wiesels: aufmerksam und gemein … und hungrig … alles zugleich.
Doch als das Marc-Wesen aus dem Fenster in den sternenübersäten Nachthimmel blickte, verlor seine Stimme ihren lustig-gemeinen Tonfall, und das Marc-Ding starrte nur, eine ganze Minute lang. Ich stoppte insgeheim seine Zeit, wie Madonna Tom Hanks’ Pinkelzeit in Eine Klasse für sich gestoppt hat, und sagte keinen Ton.
Tina hüstelte sanft, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Oh, denkt doch mal nach! Wir sind wirklich schlechte Gastgeber.«
»Schauderhaft«, stimmte Sinclair ihr zu, wobei er ungefähr so interessiert klang wie eine Leiche. Was er ja eigentlich auch w… Igitt, egal.
»Vielleicht möchtest du nach dem Verhör ein wenig vor die Tür gehen«, sagte Tina zu dem Marc-Wesen.
Irre! Das Mädchen war wirklich helle. Dieses Mädchen, das fast zweihundert Jahre auf dem Buckel hatte, war superhelle. Ich hätte dem Marc-Wesen mit einer Nasenkorrektur mittels Kettensäge gedroht, gefolgt von einem Einlauf mit dem Rasenmäher, aber Tina hatte sofort eine seiner Schwächen erkannt und dementsprechend reagiert. So etwas kann man nicht lernen. So etwas ist angeboren.
»Es soll später Regen geben«, fuhr sie fort und schlenderte durch die Küche, bis sie am Spültisch lehnte und das große Fenster genau im Rücken hatte. »Wir haben einen ungewöhnlich milden November.«
N/Dick, Jessica und ich überboten uns geradezu im Bemühen, ihr beizupflichten: Mann, ja, supermild, unglaublich mild, der mit Abstand schönste November seit dreißig Jahren, so toll und cool, und wir wollten auch unbedingt nach draußen! Mensch, vielleicht könnten wir ja alle rausgehen, sobald ein gewisses unerfreuliches Verhör vorüber wäre! Wie cool wäre das denn?
»Erinnerst du dich«, fragte Tina freundlich, »wie die Luft riecht, kurz bevor es regnet?«
»Nein«, sagte die Marc-Kreatur kurz angebunden, und das war auch das Letzte, was sie sagen sollte, bevor Laura endlich
Weitere Kostenlose Bücher