Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
hin.
»Saukomisch.«
Ich starrte auf seine weiche, rosige Hand. Er war der harmloseste Mann, den ich je getroffen hatte. Tatsächlich sah er wie ein Riesenbaby aus. Ein Riesenbaby, das mit meiner Mom knutschen wollte.
Seine rosigen Wangen wurden noch röter, während ich auf seine Hand starrte und die bösen Gedanken einer bösen untoten Vampirkönigin in meinem Geist bewegte.
Keine gute Idee, Freundchen. Ein Händedruck (für den ich mich nicht mal besonders anstrengen muss) – und du wirst anstelle von Knochen Zahnstocher haben. Einmal den Arm verdrehen und du bist der einarmige Mann aus Auf der Flucht. Oder wie wär’s mit beiden Armen? Mit zwei ausgekugelten Schultergelenken kannst du Mom doch wohl nicht mehr belästigen, wie?
»Ich bin sicher, dass du dich bald wieder auf deine guten Manieren besinnst«, sagte Mom. Unausgesprochen schwang in ihren Worten mit: Wehe, wenn nicht ! Ich konnte förmlich ihre Zähne knirschen hören: krrrk - krrrk - krrrk .
»Ihr Ruf eilt Ihnen voraus …« Clive wandte sich meiner Mutter zu und lächelte durchaus nicht. Aber seine wässrigen blauen Augen waren von Lachfältchen umgeben. Er hatte ein weiches rundes Gesicht und war wie viele Mittfünfziger ein wenig aus dem Leim gegangen. Nicht gerade dick, aber … mollig. Er strengte sich gewaltig an, nett zu sein, war jedoch gleichzeitig nervös (yay!). Wenn er schluckte, hüpfte sein hervorstehender Adamsapfel auf und ab. Es sah aus, als hätte er einen Korken verschluckt. Warum war ich nicht diejenige, die ihm diesen Korken in den Rachen gerammt hatte?
Sein spärliches Haar war braun. Er trug eine schwarze, mit Grasflecken verzierte Hose, ein schwarzes, mit Grasflecken verziertes Hemd und eine weiße Krawatte, die noch nicht mit dem Gras in Berührung gekommen war. Himmel, war er etwa ein Mafiosi? »Sie ist einfach bezaubernd!«
Und du bist lebensmüde, Freundchen . Ich fürchtete, Mom würde aufgrund ihres Zähneknirschens womöglich einen Schlaganfall erleiden, und bequemte mich dazu, Clive notdürftig die Hand zu schütteln. Sie kennen doch diese armseligen, passiven Schweißhände, die einen unangenehmen Eindruck hinterlassen? Genauso einen Händedruck hatte Clive.
»Dr. Lively wollte gerade gehen. Aber du kommst jetzt herein, junge Dame.«
»Ja, Mom, ich weiß wohl, dass ich hergekommen bin, um dich zu besuch… Moment mal. Sein Name ist Clive Lively?« Clive Lebhaft ? Jetzt wünschte ich wirklich, ich hätte ihm die Schulter ausgekugelt. Oder das Gesicht. »Oh, Mann. Die Einschläge kommen näher. Clive Lively. Nett, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Lively. Ich geh jetzt rein, um mich umzubringen, und hoffe, dass Sie nicht sechs oder sieben Mal von einem Lastwagen in unserer Einfahrt überrollt werden.«
Ich ließ meinen Worten Taten folgen. Natürlich nur dem ersten Teil des Satzes.
34
Als Mom ins Haus kam – ich betete, dass sie sich nicht mit einer leidenschaftlichen, schmalzigen und sehr feuchten Umarmung von meinem neuen Erzfeind Clive Lively verabschiedet hatte –, wühlte ich bereits in ihrem Kühlschrank.
»Also! Das war ja … wo soll ich bloß anfangen?«
Diät-Pepsi? Igitt. Milch? Im Kühlschrank war nur noch ein knapper Liter. Mineralwasser? Mom sah keinen Sinn darin, klare Flüssigkeiten in Flaschen zu kaufen und diese mühsam nach Hause zu schleppen. Diät-Root-Beer? Wenn man mir eine Pistole ins Ohr steckte, dann vielleicht.
»Ich weiß ja, dass du immer schon einen Sinn für Dramatik hattest, du schreckliches Kind, aber dieser Auftritt eben grenzte schon an schwere Körperverletzung.« Sie stutzte und legte die Stirn in Falten. »Hm. Nein, du hast ja keine Waffe benutzt. Also nur Körperverletzung. Hm … nein, dieses Vergehen wird je nach Bundesstaat unterschiedlich ausgelegt. Welche Rechtsprechung greift denn in Minnesota, wenn ein Angriff zwar mit Absicht, aber ohne Waffe durchgeführt wird? Ich muss das mal nachschlagen.«
Apfelsaft? Klar, wenn ich unbedingt etwas trinken wollte, das wie Urin aussah. Chai? Nein, ich kann keine Getränke ausstehen, die nach Raumdeo schmecken, auch wenn man viel Milch dazugibt.
»Ich bin zwar erleichtert, dass du keine Pistole gezogen hast, doch dein Benehmen war dennoch unpassend, und du wirst dich dafür rechtfertigen müssen.«
Fertig-Flüssigei? Was war das hier, ein Rocky -Remake? Ich würde ganz gewiss keine rohen Eier schlürfen und eine Million Stufen rauf- und runterrennen! Salatsauce? Also ehrlich! Das wurde allmählich
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