Zwergenfluch: Roman
Arbeiterkaste bereits angewiesen, an allen geeigneten Stellen Sprengpulver anzubringen«, entgegnete Tharlia lächelnd. »Wenn wir schon sonst nichts damit erreichen, verschafft es den Kriegern wenigstens die Gelegenheit
für einen geordneten Rückzug. Und Euch ein wenig mehr Zeit.«
Auch Selon lächelte.
»Ihr seid eine bemerkenswerte Frau«, sagte er. »Ich bedaure nur, dass Ihr ausgerechnet zu einer so schlimmen Zeit den Thron bestiegen habt. Anfangs habe ich Eure Wahl nur in Ermanglung eines anderen aussichtsreichen Kandidaten unterstützt. Mittlerweile aber glaube ich, dass unser Volk gerade in schweren Zeiten wie diesen kein geeigneteres Oberhaupt finden konnte.«
»Das gefällt mir nicht. Ich habe noch nie erlebt, dass unsere Krieger vor einem Kampf so nervös waren«, stellte Barlok fest, nachdem er die Verteidigungsstellungen ein weiteres Mal inspiziert hatte. »Hast du nicht gesagt, die Moral wäre ausgezeichnet?«
»Aber das ist sie auch«, behauptete Loton. »Zumindest war sie es. Kurz vor einem Kampf steigt die Nervosität immer. Du kennst das doch: Nichts ist schlimmer, als auf eine bevorstehende Schlacht zu warten. Sobald der Kampf einmal losbricht, ist es dann fast wie eine Erlösung. Die Krieger wissen, worum es geht.«
»Wissen sie das wirklich?« Barlok ließ einen zweifelnden Blick über die Reihen von Kriegern gleiten, die entweder gebannt hinaus auf die dunklen Wogen des Tiefenmeeres blickten oder alles taten, um sich genau davon abzuhalten. »Ich bin mir da nicht so sicher. Sie haben so viel Schreckliches über unseren Feind gehört, der bereits zwei Expeditionen, darunter einen schwer bewaffneten Kampftrupp, nahezu ausgelöscht hat, dass die Furcht tief in ihnen sitzt. Sie überlagert alles andere und lässt sie fast erstarren. Ihr Kampfeswille leidet darunter. Sie glauben nicht, dass sie gewinnen
können, nicht so tief in ihren Herzen, wie es nötig wäre. Mit einer solchen Einstellung werden wir gegen einen so schrecklichen Feind bestimmt unterliegen.«
»Dann müssen wir ihren Kampfeswillen wieder wecken. Niemand ist dazu besser geeignet als du. Du solltest eine Ansprache an sie halten, um sie wachzurütteln.«
Widerstrebend nickte Barlok Loton zu. Er hasste es, Reden zu halten, aber er sah ein, dass es in diesem Fall wohl nicht anders ging. Jeder der Männer musste voller Inbrunst und Leidenschaft kämpfen, musste bereit sein, sich eher in Stücke hacken zu lassen, als auch nur einen Fuß breit zurückzuweichen. Nur so hatten sie Aussichten, diese Schlacht zu gewinnen.
»Ich werde zu ihnen sprechen«, entschied er. »Versucht Ihr, den Leuten von hier aus Mut zu machen.«
Über mehrere stark ansteigende Stollen und eine Art natürlicher Treppe erreichte er eine Plattform etwa auf halber Höhe der Felswand. Sie war von einer steinernen Brüstung umgeben, sodass sie fast wie ein Balkon in die Felshöhle hinausragte. Hierhin hatte Tharlia Breesa, die neue Hohepriesterin Li’thils, alle neun Oberpriesterinnen und zusätzlich mehrere besonders starke Weihepriesterinnen beordert. Von hier aus sollten sie in einem geistigen Verbund versuchen, mittels ihrer Fähigkeiten die Dunkelelben sichtbar zu machen. Hier waren sie ausreichend geschützt und besaßen dennoch einen guten Überblick.
Auch die Königin selbst hielt sich auf dem Plateau auf. Sie war vor wenigen Minuten erst eingetroffen und würde den Verlauf der Schlacht von hier aus beobachten. Keine der Priesterinnen reagierte, als Barlok auf die Plattform trat. Mit vereinten Kräften konzentrierten sie sich darauf, die Annäherung der Dunkelelben rechtzeitig zu spüren, für
den Fall, dass sie auch ihre Flöße oder Boote in den Schutz ihrer Unsichtbarkeit einbeziehen konnten. Lediglich Tharlia eilte auf ihn zu, als sie ihn erblickte.
»Barlok!«, rief sie. »Wie sieht es aus? Ist alles vorbereitet?«
»Soweit es die Verteidigungsstellungen betrifft, ja. Ich wüsste nicht, wie wir sie in der kurzen Zeit noch verbessern könnten. Aber mir bereitet der Kampfeswille der Männer Sorgen. Loton meint, ich solle an sie appellieren und ihnen die Wichtigkeit dieses Kampfes noch einmal vor Augen führen. Aber vielleicht wäre es besser, wenn ihre Königin zu ihnen spräche.«
»Das glaube ich nicht, nicht in diesem Fall«, widersprach Tharlia. »Sie wissen noch nicht recht, was sie von mir halten sollen, und haben kein großes Vertrauen in mich. Wie soll ich sie da begeistern können? Wenn ich ein großer Recke wäre, der an ihrer
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