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Zwergenfluch: Roman

Zwergenfluch: Roman

Titel: Zwergenfluch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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Orientierungsvermögen bewährte sich auch im Labyrinth der Straßen und Gässchen von Gormtal. Nicht ein einziges Mal mussten sie überlegen, wohin sie sich wenden mussten.
    Die Nacht war bereits weit fortgeschritten. Mitternacht war lange vorüber, bald würde der Morgen grauen. Mittlerweile hielten sich deutlich weniger Menschen auf den Straßen auf, aber die meisten von denen, die jetzt noch unterwegs waren, hatten bereits reichlich getrunken und machten umso mehr Lärm. Erst als sie das Stadtzentrum verlassen hatten und sich den äußeren Bezirken näherten, wurde es ruhiger.
    Nur einen Straßenzug von der Herberge entfernt entdeckten sie eine weitere reglos vor einer Hauswand liegende
Gestalt, ein für diesen Teil Gormtals eher untypischer Anblick, der gerade deshalb Warlons Neugier weckte. Nach all der rohen Gewalt, die er in den vergangenen Stunden erlebt hatte und die niemanden in dieser Stadt zu stören schien, wollte er sich nicht ebenso verhalten. Vielleicht war der Mann verletzt und benötigte Hilfe, die Warlon ihm nicht verwehren wollte. Obwohl Lokin ihn beschwor, sich nicht um Dinge zu kümmern, die ihn nichts angingen, trat er auf die Gestalt zu und stieß sie mit dem Fuß an.
    Obwohl es sich nur um einen leichten Stoß handelte, reichte er aus, den Mann auf dem Pflaster mit dem Gesicht nach oben zu drehen.
    Augenblicklich erkannte Warlon, dass für ihn jede Hilfe zu spät kam. Gleichzeitig wurde ihm von dem Anblick so übel, dass er sich für einen Moment abwenden musste. Er hatte in seinem Leben schon viele Leichen gesehen, aber noch keine, die so aussah wie diese. Der Unbekannte war durch einen Schwert- oder Messerstich in die Brust gestorben, doch das war nicht das Schreckliche. Vielmehr sah er aus, als würde er bereits seit Jahrzehnten hier liegen, dabei war Warlon sich ziemlich sicher, dass er sich noch nicht hier befunden hatte, als sie aufgebrochen waren. Dünne, bräunliche Haut, so brüchig wie uraltes Leder, spannte sich über seinen Knochen und ließ ihn wie mumifiziert aussehen. Das erklärte auch, wieso er so leicht mit dem Fuß umzudrehen gewesen war.
    »Was … Wie bei den Seelen der Verdammten kann so etwas geschehen?«, stammelte Warlon.
    »Ich weiß es nicht, und ich möchte es auch gar nicht wissen«, antwortete Lokin und wandte sich schaudernd ab. »Vielleicht wurde er das Opfer irgendeines düsteren, magischen Kults, von denen es hier viele gibt, die angeblich
auch Menschenopfer vollziehen. Ich weiß nur, dass wir jetzt so schnell wie möglich von hier verschwinden sollten. Kommt schon, es ist nicht mehr weit bis zum Roten Hahn .«
    Ohne Widerstand ließ Warlon sich von dem Leichnam wegzerren, blickte sich aber noch mehrfach um, als befürchtete er, dass der Tote sich plötzlich erheben und sich auf sie stürzen könnte.

14
    RUHE VOR DEM STURM
    »Evakuieren?« Fassungslos starrte Selon Königin Tharlia an. »Aber das … Das ist unmöglich! Wohin sollen wir gehen? Habt Ihr auch nur die geringste Vorstellung davon, was es bedeuten würde, unser ganzes Volk umzusiedeln?«
    »Um ganz ehrlich zu sein - nein«, gestand Tharlia. »Aber ich glaube, dass es einen ungeheuren Aufwand darstellen würde. Trotzdem müssen wir uns mit dieser Möglichkeit auseinandersetzen. Barlok hält es für denkbar, dass wir diesen Krieg verlieren könnten, und wenn selbst er das sagt … Ich gebe sehr viel auf seine Einschätzung.Wenn es uns nicht gelingt, die Dunkelelben aufzuhalten, was sollen wir dann tun, statt zu fliehen? Hier herumsitzen und darauf warten, abgeschlachtet zu werden?«
    Sichtlich erschüttert senkte der greise Schriftgelehrte den Blick.
    »Natürlich nicht«, murmelte er. »Aber es muss doch auch noch andere Möglichkeiten geben.«
    »Dann nennt sie mir. Um mit Euch darüber zu beraten, bin ich hergekommen.«
    Selon überlegte eine Weile und strich sich dabei gedankenverloren über seinen langen, weißen Bart.
    »Warum versperren wir nicht alle Zugänge nach Elan-Dhor?«, fragte er schließlich. »Mit Sprengpulver könnten wir in den tieferen Ebenen alle entsprechenden Stollen zum
Einsturz bringen. Zwar wären die Minen dann auch für uns unzugänglich, aber das ließe sich zumindest für eine gewisse Zeit wohl verkraften. Jedenfalls eher, als ganz Elan-Dhor aufzugeben.«
    »Auch Barlok hat das bereits versucht, wie Ihr Euch erinnern werdet«, wandte Tharlia ein. »Unsere Feinde haben nur wenige Stunden gebraucht, um den Stollen wieder freizuräumen.«
    »Er hatte auch kaum

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