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Zwergenfluch: Roman

Zwergenfluch: Roman

Titel: Zwergenfluch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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würde er den Schlaf der Zwerge durch einen Betäubungszauber, den er schon vor einiger Zeit von einem Magier in Gormtal gekauft hatte, noch etwas vertiefen. Seine Hand glitt in die Tasche seines Mantels und ertastete ein etwa faustgroßes Kästchen. Wenn er eines der kleinen, rötlichen Kügelchen darin ins Zimmer der Zwerge schleuderte, könnte er sich anschließend völlig ungehindert dort umsehen. Die Schläfer würden nicht einmal erwachen, wenn er sie aus ihren Betten warf.
    Vom Gästeflügel aus führte eine Tür auf einen Hof hinaus. Sie war nicht verschlossen, Barg musste lediglich einen Riegel zurückziehen. Der in dieser Gegend verbreitete Aberglauben vom Schattenlord vermochte ihm keinerlei Angst einzujagen. Tief atmete er die kalte, aber frische
Nachtluft ein. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes befanden sich die Ställe, ein nur mit einem Zaun versperrter Torbogen führte zur Straße. Alles war still, lediglich der Wind heulte so unheimlich ums Haus, dass man wirklich glauben konnte, das Wehklagen der Verdammten zu hören.
    Barg verdrängte den Gedanken. Er glaubte nicht an Dämonen, Geister, Verdammte und ähnlichen Unsinn. Entschlossen trat er auf den Hof hinaus und blickte an der Außenwand entlang. Das dritte Fenster gehörte zum Zimmer der Zwerge. Er wollte darauf zugehen, als er ein leises Geräusch hinter sich hörte. Sofort blieb er stehen und fuhr herum. In einer der finsteren Ecken des Hofes meinte er eine blitzschnelle huschende Bewegung zu sehen, doch als er direkt in die Richtung schaute, konnte er nichts entdecken.
    Zögernd ging er näher heran. Zwar konnte er sich kaum vorstellen, dass einer der anderen Gäste oder gar der Wirt in dieser Nacht freiwillig das Haus verlassen würden, aber wenn auch nur die geringste Gefahr bestand, dass jemand ihn bei seinem Vorhaben beobachten könnte, musste er sich darum kümmern. Er krampfte die rechte Hand um den Dolch in seinem Gürtel.
    »Ist da jemand?«, fragte er leise. Er bekam keine Antwort, und es war so dunkel, dass er auch jetzt noch nichts erkennen konnte. Beherzt trat er noch ein paar Schritte vor. Ein Geräusch ertönte, das ihn an das drohende Zischeln einer Schlange erinnerte. Erschrocken wich er einen Schritt zurück und zog seinen Dolch.
    »Ich weiß, dass da jemand ist, also komm raus!«, verlangte er und starrte mit eng zusammengekniffenen Augen in die Finsternis. »Komm heraus, oder ich komme dich holen!«

    Ein Schatten glitt aus der Dunkelheit auf ihn zu. Barg erstarrte. Fassungslos glotzte er die Gestalt an. Langes, helles Haar fiel ihr über die Schultern. Auch ihre Haut war so bleich, dass sie fast weiß aussah. Sie trug enge, schwarze Lederkleidung. Ein Windstoß bauschte ihren Umhang, sodass er fast wie ein Paar großer Schwingen aussah. Das Schrecklichste an dem Unbekannten aber waren seine rötlich glühenden Augen.
    In den letzten Sekunden seines Lebens erkannte Barg, welchen Fehler er begangen hatte, als er den vermeintlichen Aberglauben der Menschen hier verächtlich als Unsinn abgetan hatte. Es gab den Schattenlord, der auf der Suche nach Opfern durch die Nacht streifte, und er stand unmittelbar vor ihm. Die Gestalt vor ihm konnte nichts anderes als ein Dämon aus der Hölle sein.
    Barg öffnete den Mund zu einem Schrei, kam aber nicht mehr dazu, ihn auszustoßen. Blitzartig zuckte eine Hand des Unheimlichen, die er mitsamt dem Schwert, das er darin hielt, bislang hinter dem Rücken verborgen gehalten hatte, vor. Die Klinge zerfetzte Bargs Kehle und bohrte sich gleich darauf tief in seine Brust. Er war bereits tot, bevor er zu Boden stürzte.
    Kaum zwei Dutzend Schritte entfernt fuhr Ailin in ihrem Bett hoch. Ihr Herz raste, während sie in die Dunkelheit starrte. Ihre geschärften Sinne hatten etwas wahrgenommen, das bis in ihren Schlaf vorgedrungen war und sie aus ihren Träumen gerissen hatte. Trotz ihrer Benommenheit konzentrierte sie sich mit aller Kraft, ohne die fremde Präsenz noch einmal wahrnehmen zu können. Vermutlich war es nur die Ausgeburt eines Albtraums gewesen. Nach wenigen Minuten ließ sie sich zurücksinken und war gleich darauf wieder eingeschlafen.

    Erst spät am nächsten Vormittag wurde Bargs schrecklich zugerichteter, wie mumifiziert wirkender Leichnam hinter einigen leeren Bierfässern gefunden, die in einer Ecke des Hofs aufgestapelt standen. Alle, die ihn sahen, murmelten voller Entsetzen leise Gebete und vollführten mit den Fingern Gesten, die Dämonen und anderes Böses

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