Zwergenkinder 3
darüber zu erfahren.
»Alle Könige von Rugala werden von Bagalon dem Drachenhüter in der Kunst der Magie unterrichtet. Irgendwann, wenn der Drachenhüter glaubt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, nimmt er den jeweiligen Thronfolger zu sich. Niemand weiß im Voraus, wann das sein wird. Manchmal sendet Bagalon eine Botschaft, manchmal führt scheinbar der Zufall den Thronfolger zu ihm. Es kam auch schon vor, dass einige Herrscher Jahre nach ihrer Krönung noch nicht von ihm unterrichtet worden waren – vermutlich, weil Bagalon sie für nicht reif genug hielt. Diese Könige durchstreiften immer wieder die Berge, in der Hoffnung, Bagalon würde sie endlich zu sich rufen. Sie riskierten es sogar, von Drachen angegriffen zu werden. Ein König ohne Magie bleibt in Rugala nicht lange an der Macht.«
»Und wie war das bei König Wendur?«, fragte Tomli.
Der Diener lächelte. »Die Geschichte kennt hier jedes Kind: Als König Wendur noch ein junger Thronfolger war, nahm er an dem großen jährlichen Drachenpferderennen teil, das von einem Ende der Insel zum anderen führt. Dabei kann jeder Teilnehmer selbst bestimmen, welche Strecke er nehmen möchte. Wendur war schon damals für seinen Mut bekannt, und so wählte er die kürzere, aber gefährliche Route durch die Berge, wo die großen Keulendrachen und die räuberischen Hundereiter-Stämme hausen. Ein Vulkanausbruch wurde ihm fast zum Verhängnis. Wendurs Drachenpferd kam dabei um, er selbst wäre sicherlich auch gestorben, wenn Bagalon ihn nicht gerettet hätte. Er brachte den Thronfolger in das Innere des Berges Kamlor, wo auch die großen Keulendrachen Zuflucht suchten. Über Monate blieb Wendur dort.«
»Und in dieser Zeit erlernte König Wendur die Kunst der Magie?«, fragte Lirandil nach.
Der Diener nickte. »Und wir alle sind dankbar dafür, denn die Tagoräer von den Inseln weiter nördlich hätten Rugala längst erobert, wäre unser König nicht ein so mächtiger Magier.«
»Und was verbindet König Wendur mit dem Wassergeist Rhialban?«, wollte Olba wissen.
»Darüber«, so erklärte der Diener mit sehr ernstem Unterton, »sprechen wir hier auf der Burg nicht. Es würde nur Unglück heraufbeschwören.«
In diesem Moment sah Tomli den Hundereiter, der über die karge Ebene ritt, die sich nördlich der Burg erstreckte. Der fellbehangene Mann drehte sich in seinem Sattel um und zog den Riesenhund am Nackenfell, bis das Tier stehen blieb. Der Reiter blickte zur Burg empor und schien etwas zu sagen.
Auch Lirandil hatte ihn bemerkt. »Er verflucht die Burg und den König«, erklärte er. »Doch obwohl er die Sprache der Rhagar benutzt, verstehe ich nicht jedes Wort.«
»So wird auch das Gehör eines Elben mit der Zeit schwächer?«, fragte Tomli erstaunt.
»Nur ein wenig«, erwiderte Lirandil mit nachsichtigem Lächeln. »Nein, der Grund ist, dass sein Akzent sehr stark ausgeprägt ist und er unter anderem Worte benutzt, die wohl nur Mitglieder seines Stammes verwenden.«
Tomli wollte noch etwas sagen, aber Lirandil gebot ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. Dann runzelte er die Stirn und wirkte auf einmal sehr angestrengt. Für einen Moment schloss er fest die Augen, so als würde er sich stark konzentrieren.
»Ihr solltet die Hundereiter nicht weiter beachten«, sagte der Diener. »Geht ihnen einfach aus dem Weg und kümmert Euch nicht um sie.«
»Ihr seid nicht der Erste, der schlecht über sie redet«, erwiderte Tomli. »Wie kommt das?«
Dem Diener gefiel es nicht sonderlich, danach gefragt zu werden, das merkte man ihm an. Aber er war offenbar zu höflich, um den Zwergenjungen einfach abzuweisen. Außerdem hatte man ihn angewiesen, den Gästen des Königs jeden Wunsch zu erfüllen.
»Sie erkennen die Macht des Königs nicht an«, erklärte er. »Sie achten die königlichen Gesetze nicht, und wer ihnen in die Hände fällt, dem ergeht es schlecht. Nur der Magie unseres Königs ist es zu verdanken, dass sie sich mittlerweile friedlich verhalten und nicht mehr die Küstenorte überfallen.«
Am Abend, beim Bankett, waren außer den drei Zwergenkindern, Ambaros, Meister Saradul und den beiden Elben Lirandil und Olfalas einige Vögte geladen, die für den König die Steuern eintrieben, und zudem einige Adelige und Ritter, die am Hof lebten, sowie der Hofschreiber.
Die Tische bogen sich unter den erlesenen Speisen. Es gab mehrere Sorten Fleisch, außerdem Fisch und gekochtes Gemüse. Dieses wurde, wie die Gefährten erfuhren, mit Schiffen
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