Zwergenkinder 3
Saradul Heblons Buch von der Kommode nahm und in seinem Rucksack verstaute.
»Sieben magische Gegenstände, die die drei letzten Nachfahren Ubraks brauchen, um den Weltenriss zu schließen, den der Magier und Schmied Ubrak einst unbeabsichtigt verursachte. Doch es ist ungewiss, ob das gelingen kann, denn eine solche Art von Magie wurde noch nie angewendet.«
»Ihr solltet uns helfen«, fand Olba. »Denn auch Eure Insel wird sonst irgendwann zerstört.«
»Du hast die Gabe der Voraussicht, das weiß ich inzwischen«, antwortete Wendur. »Allerdings reicht sie nicht besonders weit in die Zukunft und funktioniert offenbar auch nur, wenn keine Wassergeister in der Nähe sind. Diese üben anscheinend einen störenden Einfluss auf deine Gabe aus. Es gibt dagegen ein Heilpulver, das ich selbst entdeckt habe, denn ich leide auch unter einer gewissen Abneigung gegen Wassergeister. Von ihrer Magie wird mir übel, so als wäre ich seekrank.«
»WiegutfürEuch,dassRugalavoneinemmagischenRingausNebelumgebenist,derdieWassergeistermeistdraußenaufdemOzeanhält«,entgegneteSaradul.
»Auf Rugala selbst gibt es unglücklicherweise auch Wassergeister«, widersprach der König. »Sie schießen in den Geysiren und heißen Quellen aus dem Boden und sind häufig noch mächtiger als jene auf See. Doch die übelsten sind jene, die eigentlich vom Land stammen und aufs Meer verbannt wurden.«
»Wie Rhialban«, vermutete Tomli. »Das stimmt doch, oder?«
»Ja, das ist wahr. Rhialban stammt von Rugala. Vor langer, langer Zeit kämpfte er gegen einen der großen Keulendrachen. Sie wollten feststellen, wer der Stärkere von ihnen ist. Rhialban löschte mit seinem Wasser das Drachenfeuer und ertränkte den Drachen beinahe. Da rief dieser nach Bagalon dem Drachenhüter. Der kam ihm zu Hilfe und hetzte eine ganze Herde Keulendrachen auf Rhialban. Bei dieser gewaltigen Schlacht sind die großen Schluchten im Gebirge von Rugala entstanden. Doch die Drachen konnten Rhialban nicht besiegen. Er löschte ein Drachenfeuer nach dem anderen und stand kurz davor, über sie alle zu triumphieren. Das machte Bagalon so wütend, dass er seine gesamte Magie sammelte, um Rhialban hinaus aufs Meer zu treiben und ihn dort zu bannen. Dann unterwies er den ersten König von Rugala darin, den Bann immer wieder zu erneuern, und brachte ihm die dafür notwendige Zauberkunst bei.«
»Doch nun ist Rhialban die Rückkehr gelungen«, stellte Tomli fest.
»Mit Eurer unabsichtlichen Hilfe«, bestätigte König Wendur. »Der Wassergeist folgte der überaus starken magischen Ausstrahlung von Heblons Buch.«
»Dann rechnet Ihr damit, dass er hier im Hafen wieder auftauchen wird?«, vermutete Lirandil.
König Wendur schüttelte den Kopf. »Nein, keineswegs. Er kann überall an Land gehen. Sicherlich hegt er einen gewissen Groll gegen mich, weil die Vorfahren unserer Familie getreue Diener Bagalons waren. Aber in erster Linie richtet sich sein Zorn gegen Bagalon selbst. Ihn betrachtet er als seinen schlimmsten Feind. Aber ich muss Euch die Geschichte noch weitererzählen, damit Ihr wisst, worum es geht.«
»So sprecht, Majestät«, bat Lirandil.
»DiegroßenDrachenwerdenuralt.Wennsiesterben,bleibennurnochihreKnochenzurück,dieSchuppenaberbeginnensichschonimAugenblickihresTodeszuzersetzen.DaslässtsichnurmitsehrvielMagieverhindern.EinerMagie,wiesienichteinmalBagalonzurVerfügungstehtundEuchmagischdochrechtbescheidenbegabtenElbenundZwergewohlerstrechtnicht.Vonmirganzzuschweigen.«
»Heißt das, es ist fast unmöglich, eine Drachenschuppe zu bekommen?«, fragte Tomli erschrocken.
»Daskannnichtsein!«,riefArro,nochbevorKönigWendurantwortenkonnte.»HieristderGegenbeweis!«ErzogUbraksAxtausdemFutteralaufseinemRückenundlegtesieaufdieTafel.»SehtsieEuchan.DieseAxtbestehtausdemgleichenMaterialwiedieSchuppenderDrachen,esistvonMagieerfülltesDunkelmetall – undoffenbarkonnteeseinZwergenschmiedbearbeiten!WarumsolltenwiralsoeinemDrachennichtbeilebendigemLeibeineSchuppeabnehmenkönnen?«
»Ich wüsste niemanden, der einen solchen Versuch überlebt hätte«, sagte Wendur. »Und die Zersetzungskräfte eines sterbenden Drachen sind sehr groß. Selbst wenn es Euch gelingen sollte, einen Drachen zu besiegen, würden Euch die giftigen Gase, die aus seinem Leib austreten, töten. Es ist, als stünde man neben einem ausbrechenden Vulkan. Die Glut, die den Drachen innewohnt, bricht nach ihrem Tod wie Lava nach draußen. Zudem dürfte es ein paar kleine magische Unterschiede zwischen dem
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