Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02
»Obwohl ich nicht sicher bin, ob ich das ›zügeln‹ als Anspielung verstehen sollte.«
Einen Augenblick lang hielt Saradul noch den Zauberstab auf Ambaros gerichtet, bereit, die furchtbarsten magischen Kräfte zu entfesseln und gegen den zentaurischen Händler einzusetzen, dann senkte er den Stab und murrte: »Nun gut …“
»Glaubt ja nicht, dass Euer Vorhaben so geheim ist, wie es Eurer Meinung nach sein sollte«, sagte Ambaros und machte noch einen Schritt in die Höhle. »Ich habe in den Gewölben und Gasthöhlen von Ara-Duun viele getroffen, die darüber redeten. Insbesondere in der Tiefenstadt. Und im Palastgewölbe des Zwergenkönigs, der ja wohl in Eure Absicht eingeweiht ist. Worum geht es noch mal? Um ein Amulett, eine Zauberaxt … Bei den anderen Dingen widersprechen sich die Gerüchte so sehr, dass ich nicht zu sagen vermag, was nun tatsächlich der Wahrheit entspricht.«
»Das ist unglaublich, Zentaur!«, entfuhr es Saradul. Er war fassungslos. »Wie kann es sein …“
»… dass über Eure Pläne geredet wird?« Der Zentaur zuckte mit den Schultern. »Sagt man nicht, dass ein Königspalast große Ohren hat? Ein Wächter hat es wohl einem anderen Wächter erzählt und der wiederum einem Diener und dieser einer Küchenmagd, und die hat es auf dem Markt weitergetratscht und so weiter. So könnte es jedenfalls gewesen sein.«
»Ihr habt ja keine Ahnung, in was Ihr Euch da einmischt, Zentaur«, knurrte Saradul. »Ich kann Euch nur raten, das Weite zu suchen. Denn alles, was Ihr über diese Angelegenheit erfahren könntet, bringt Euch in Gefahr. Und nicht nur Euch, sondern auch die Sache, der wir dienen.«
»Ara-Duun und das ganze Zwischenland vor der Vernichtung durch den Weltenriss zu bewahren?«, fragte Ambaros leichthin. »Manche Leute stellen sich eben großen Aufgaben, dagegen ist nichts einzuwenden. Aber es kommt eben ab und zu vor, dass sie sich dann selbst etwas zu wichtig nehmen, Meister Saradul. Und das scheint mir bei Euch der Fall zu sein.«
»Was erlaubt sich dieser … Pferdehintern!«, schrie Saradul wütend. Er stampfte so heftig mit dem Fuß auf, dass das Rostgoldbuch in seinem Rucksack klapperte.
»Ich biete Euch nur meine Hilfe an, aber anderseits will ich mich natürlich auch nicht aufdrängen.« Mit diesen Worten drehte sich der Zentaur um.
Er war drauf und dran, die Höhle zu verlassen. Zuvor allerdings blickte er zur Seite und schien aus den Augenwinkeln heraus zu beobachten, wie die Gruppe darauf reagieren mochte. Außerdem stellten sich seine spitzen Ohren auf, sodass er es sogar mitbekommen hätte, wenn jemand hinter ihm geflüstert hätte.
Nein, so nicht , dachte Tomli und fasste einen Entschluss.
Er machte einige schnelle Schritte auf den Zentauren zu und rief: »Wartet, Ambaros!«
Der Zentaur drehte sich um und stand seitlich im Eingang der Höhle. »Ich weiß, wann meine Anwesenheit nicht erwünscht ist, Kleiner«, sagte er und hob dabei das Kinn, um zu zeigen, wie sehr er sich beleidigt fühlte.
»Nun seid doch nicht so, Ambaros«, versuchte ihn Tomli zu beschwichtigen. »Die Wahrheit ist, dass wir jede Hilfe brauchen können. Wenn Ihr Euch in Cosan auskennt, könntet Ihr uns sogar ziemlich nützlich sein.«
»Wie kommt es, dass ihr beide so überaus vertraut miteinander redet?«, fragte Saradul ebenso argwöhnisch wie aufgebracht. »Habt Ihr meinen Lehrling etwa mit einem Zauber belegt und in Euren Bann geschlagen, dass er nicht mehr klar zu denken vermag?«
»Eine kurze, aber angenehme Unterhaltung vor ein paar Tagen«, erklärte Ambaros. »Mehr war da nicht, und es besteht überhaupt kein Grund, mir Misstrauen entgegenzubringen.«
»Meister, er weiß doch sowieso schon alles«, sagte Tomli beschwörend.
Lirandil stimmte ihm zu. »Und damit der Zentaur auch wirklich den Ernst der Lage begreift und nicht überall unbedacht herumplaudert, was er beobachtet und gehört hat, sollten wir ihn auch noch über den Rest aufklären«, meinte er. »Auch wenn ich Euch ungern widerspreche, Meister Saradul, Euer Lehrling hat recht.«
Meister Saradul knurrte auf eine Weise, die an einen bissigen Hund erinnerte.
»Also gut«, fügte sich der Zaubermeister und seufzte schwer. »Es gibt wohl keine andere Möglichkeit …“
In diesem Moment ertönte von draußen ein durchdringendes Wiehern, das sich fast wie ein Schrei anhörte.
»Unsere Reittiere!«, rief Olfalas.
Der rothaarige Halbelb stürzte sofort zum Höhleneingang und drängte den massigen Pferdeleib des
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