Zwergensturm
wird uns diese Reise wohl führen? Wird sie wirklich in Grünleben zu Ende sein? Werden wir überhaupt so weit kommen? Und werden wir den König der Zwerge finden? Werden wir ihn davon überzeugen können, dass er tatsächlich der König der Zwerge ist? Und was, wenn der alte Wily sich das alles nur eingebildet hat? Aber das Bild existierte zumindest. Grübelnd ging Haggy weiter seines Weges. Er genoss die Frische des Morgens. Bald würde er seine Freunde auf dem Marktplatz treffen. Die Kirche, die den Platz zierte, konnte er bereits sehen. Er wusste gar nicht, wofür das Gebäude eigentlich da war. Sein einziger Nutzen war, dass die Ausrufer der Dunkelelfen ihrer Aufgabe auf den Treppenstufen der Kirche nachkamen, wenn sie etwas mitzuteilen hatten. Als Kind hatte er mal kurz in die Kirche hineinspähen können, aber dort standen nur reihenweise Holzbänke und, ganz vorne, ein Tisch. Was sollte man mit so einer Einrichtung? Es hieß, in dem hohen Turm habe mal eine Glocke gehangen. Der Turm war nun seit Langem leer. Man sagte, die Dunkelelfen hätten die Glocke verkauft oder eingeschmolzen oder was auch immer. Die Glocke in dem großen Turm musste wohl ganz schön groß gewesen sein. Und laut! Wofür man eine solch große, laute Glocke gebraucht haben konnte, war ihm nicht bekannt.
Kurz vor dem Ende der Gasse, die auf den Marktplatz zuführte, befand sich Haggys Lieblingsbäckerei. Er frohlockte, als er sah, dass dort schon Licht brannte und ein Reklamebrett, auf dem Brotwaren aufgemalt waren, draußen stand. Er liebte das Brot, leistete sich dennoch nicht oft etwas von hier, aber unter diesen Umständen … Wer weiß, wann ich wieder die Gelegenheit dazu haben werde?
Haggy betrat die Bäckerei, es duftete herrlich nach frisch geback enem Brot und nach allerlei Leckereien. Die gebackenen Puddingtaschen hatten es ihm angetan. Er grüßte den Bäcker fröhlich. „Na Haggy, schon hungrig vor der Arbeit?“, fragte der Bäcker zurück. Bei allem leckeren Geruch wurde es Haggy jetzt etwas ungemütlich. Was sollte er dem Bäcker sagen? Was würde passieren, wenn er heute nicht am Stall auftauchte? Und morgen auch nicht? Und danach vielleicht … nie wieder? Würde der Stallmeister das melden? Dazu hatte er die Pflicht, er musste das tun. Wer wusste schon, was die Dunkelelfen sonst mit ihm machen würden, wenn sie irgendwie selbst herausfänden, dass er die ihm zugeteilte Arbeit nicht erfüllte? Konnte er vielleicht dem Bäcker sagen, dass er verreisen würde? Er war kein Händler, das würde sofort für Tratsch sorgen. Er entschied sich daher, das Spiel mitzuspielen.
„Ja“, lächelte er zurück. „Die Ponys halten mich auf Trab und fressen alles weg, was man sich nicht unmittelbar selber reinhaut!“ Der Bäcker lachte. Haggy deutete auf die Puddingtaschen und bestellte eine. Der Bäcker nahm sie und wickelte sie in dünne n Stoff ein. Haggy nahm sie, zahlte und verabschiedete sich.
Seine Freunde würden warten müssen. Er änderte seinen Weg und ging zügig weiter. Zum Stall. Er würde seinen Meister informieren.
Der Stall befand sich nicht allzu weit entfernt, aber ein paar Gassen hatte Haggy schon hinter sich lassen müssen. Die Puddingtasche versüßte ihm den Weg. Ein bisschen von der klebrigen, zuckrigen Füllung des Gebäcks hing noch in Haggys Bart, was ihn nicht sonderlich störte.
Er betrat den Stall , und sogleich stieg ihm der Geruch der Ponys in die Nase. Zwischen zwanzig und dreißig Tiere hatten sie hier, manchmal kamen Dunkelelfen und nahmen welche mit, die sie in aller Regel später wieder zurückbrachten. Haggys Lieblingspony war ein pechschwarzer, recht junger Gaul, dessen Temperament auch einem Esel gut zu Gesicht gestanden hätte; Haggy hatte dem braven, lieben und etwas faulen Tier den Spitznamen „Stier“ beschert.
Die Tiere waren in einzelnen Boxen untergebracht. Er ging zu Stiers Box und spähte hinein. Stier lag auf dem Boden und kaute langsam auf einer alten Karotte herum. Als er Haggy sah, schnaubte er fröhlich, stand mühsam auf und kam zum Boxentor. Haggy öffnete es und nahm Stiers Kopf liebevoll in den Arm. „Na, mein Kleiner“, raunte er ihm zu. Stier hob seinen Kopf mit der halb abgebissenen Karotte im Maul und hielt sie Haggy hin. Der lachte: „Nein, du, danke, iss deine Karotte mal alleine! Ich hatte gerade eine Puddingtasche.“ Stier protestierte leise – offenbar hätte er sich auch mit der Puddingtasche anfreunden können.
Haggy sah den Stallmeister weiter hin
Weitere Kostenlose Bücher