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Zwergensturm

Zwergensturm

Titel: Zwergensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Mueller-Hammerschmidt
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Kaninchen zu sehen, die recht gemütlich ihres Weges hoppelten. Tinchena blickte mit schrägem, fragendem Blick Haggy an, schüttelte den Kopf und richtete die Augen auf das Kaninchenpaar. Sie kniff sie zusammen, ihre rechte Hand beschrieb blitzschnell zwei kleine Kreise. Sie hatte richtig dosiert; die Dunkelfeuer verbrutzelten den Hüpfern das Fell und brieten sie gleichzeitig gut durch. „Essen ist fertig!“, gluckste sie und eilte den Braten entgegen. Otto frohlockte.

    Die Gruppe aus nunmehr fünf Lebewesen plus Ponys hatte es sich zur Rast gemütlich gemacht. Die Kaninchen waren schnell aufgeteilt und verputzt, die Ponys frischgemacht, und von einem nahen Bach hatte man frisches Wasser besorgt. Tinchena hatte ihnen in der Mitte des Rastplatzes ein Dunkelfeuer angezündet, das eine wohlige, wenn auch irgendwie unheimliche Wärme ausstrahlte. Eigentlich war die Wärme so unheimlich, dass Haggy weggerannt wäre, wenn das Feuer nicht von Tinchena gestammt hätte – ihr aber vertraute er mit jeder Faser seines Leibes. Er lehnte mit seinem Rücken an Piggy, der dem Sonnenuntergang entgegendöste.
    „Vielleicht solltest du den Braten mal waschen, der riecht nach … Schwein.“ Es schien, als wenn Otto Haggys neuen Freund immer noch lieber in der Pfanne gesehen hätte. „Ach was“, entgegnete Haggy. „Es wird sicherlich bald mal regnen, dann wird es schon gehen.“ Der Gestank schien ihn nicht zu stören. Tinchena nagte zum Nachtisch noch an einem Knochen, Zahrin lag bereits lang ausgestreckt auf dem Rücken und gab ein leises Schnarchen von sich.
    Im Hintergrund zirpte eine Grille, irgendwo im hohen Gras abseits der Straße. Müde blinzelte Haggy in die Sonne. Nun schloss auch er die Augen. Er genoss die wohlige Wärme, die Piggy in seinem Nacken ausstrahlte. Es würde seine erste Nacht unter freiem Himmel sein. Nach den Anstrengungen des Tages, der langen Reise und dem ersten überstandenen Gefecht spürte er jedoch die Trägheit in seinen Knochen und war sich sicher, gut schlafen zu können. Ein letztes Mal hob er die Augenlider und sah, dass auch Otto und Tinchena sich hingelegt hatten. Sie wünschten sich noch eine gute Nacht, und dann nickte er ein.
    Man träumte nicht oft im Besetzten Land, doch Haggy fiel in einen tiefen, ruhigen Schlaf. Es erschien ihm Piggy, mit seinem kurzen Schwänz chen wedelnd, so als wolle er sich bei ihm bedanken. Im Hintergrund erkannte Haggy seine Freunde, die lachten und sich ein paar Späße erlaubten. Haggy hörte seinen eigenen tiefen Atem. Er konnte das frische Gras riechen und die Blumen, die sich überall im hügeligen Land breitmachten. Ein Schmetterling kam und setzte sich auf seine Nase. Haggy lachte. Er versuchte, den Schmetterling zu betrachten, doch so sehr er auch schielte, er konnte ihn nicht fokussieren. Der Schmetterling schien blau zu sein, mit feinen schwarzen Mustern. Oder war er doch grün? Ja, jetzt sah er grün aus. Ein tiefes, dunkles … nein, das Grün wurde heller. Fast grell. Haggy hielt sich die Hand vor die Augen, um sie vor der Helligkeit des jetzt fast strahlenden Schmetterlings abzuschirmen, doch das Grün durchdrang seine Hand. Seine Augen schmerzten. Er wollte den Schmetterling fortjagen, versuchte ihn wegzuwischen. Doch der Schmetterling war nicht mehr da, das grüne Leuchten jedoch sehr wohl. Stumm schrie Haggy auf. Seine Hände wollten das grüne Leuchten packen, es fortwischen, es greifen und zusammendrücken. Doch es ging nicht. Das dämonische Leuchten kam noch näher. Es trat in seine Augenhöhle. Es war, als bahne es sich einen Weg direkt in sein Hirn. Er dachte, er spüre kalte Finger, die sich ihren Weg durch sein Auge arbeiteten. Seine Stirnhöhle erkaltete. Die Finger tasteten sich fort, immer weiter, bis sie dorthin kamen, wo die Hirnrinde beginnen musste.
    Als sie die Stelle erreichten, riss der Traum augenblicklich ab. Haggy schreckte auf. Er hatte kalten Schweiß auf der Stirn. Er keuchte, schnappte nach Luft. Was für ein böser Traum. Endlich mal ein Traum, und dann das. „Da verzichte ich lieber aufs Träumen“, dachte er bei sich, als er ein matt schimmerndes Leuchten wahrnahm. Es sah sich um und fand es im Himmel. Es sah aus wie ein großes, grünes Leinentuch, das sich im Wind bewegte. Haggy schätzte es auf drei-, vierhundert Schritte Länge und zweihundert Schritte Breite. Es war wunderschön und erleuchtete die Nacht in einem unüblichen Grün.
    Haggy schaute sich um und wurde gewahr, dass die anderen alle ruhig

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