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Zwergensturm

Zwergensturm

Titel: Zwergensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Mueller-Hammerschmidt
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schließlich doch das Bild aus seiner Westentasche und zeigte es dem Wirt: „Kennt Ihr diesen Zwerg hier?“ Der Wirt kramte ein Monokel hervor und starrte das Bild minutenlang an, bevor er erwiderte: „Nein, den Zwerg kenne ich nicht. Ist das der Freund eures Freundes?“ „Nein“, sprach Tinchena schneller, als Haggy reagieren konnte, „das ist der König der Zwerge!“
    Der Wirt starrte Tinchena an: „Junge Dame, ich kann es verstehen, wenn Euch meine Erzählungen nicht gefallen haben, aber bitte verspottet einen alten Mann nicht. Ich bin zu alt dafür, als Witzfigur zu dienen.“ Tinchena wollte sich gerade rechtfertigen, als Haggy dazwischenfuhr: „Lass es gut sein, Tinch. Und Ihr“, sprach er an den Wirt gerichtet, „entschuldigt bitte. Manchmal ist ihr Mund schneller als ihr Verstand.“ Tinchena stand auf und stemmte erbost beide Fäuste in ihre Hüften. Drohend hob sie einen Zeigerfinger und sprach zu Haggy: „Pass auf, mein Freund, oder ich zeige dir gleich mal, was bei mir noch schneller funktioniert als mein Verstand.“ Haggy war froh, dass Otto und Zahrin dies als Scherz auffassten und mit ihrem Lachen die Spannung der Situation lösten.

    Nach dem Frühstück hatten sie sich von dem Wirt verabschiedet und sich aufgemacht, um in der Stadt weitere Leute nach dem Zwerg auf dem Pergament zu befragen. Ihre Waffen hatten sie, sicher aufbewahrt, auf den Zimmern des Gasthauses zurückgelassen.
    Sie waren wieder auf die Hauptstraße eingebogen, die jenige, die schnurstracks auf den Palast zuführte. Auf den Straßen herrschte ein reges Treiben, Zwerge, Gnome und Menschen eilten zwischen ihren Arbeitsstellen und anderen Angelegenheiten hin und her. Ab und zu hielten die Suchenden jemanden an, doch wen auch immer sie fragten, keiner kannte den Zwerg auf dem Bild. Haggy fragte sich immer mehr, ob diese Vorgehensweise sinnvoll war; er schätzte mittlerweile die Einwohnerzahl Grünlebens auf mehr als 20.000, und da wäre es schon ein arger Zufall, wenn man auf jemanden stieße, der den Zwerg auf dem fünfunddreißig Jahre alten Bild kannte und erkannte.
    Näher am Palast begann ein zweiter Straßenring, und hier fanden sich viele Geschäfte sowie einige Kunstateliers, die ganz offenkundig mit Waren aus fremden Ländern handelten. Als Haggy sich deren Preise ansah, schüttelte er ungläubig den Kopf. Ein einziges Kunstwerk – der Künstler hatte Metall zu dünnen Drähten geformt und dann irgendwie verknotet – kostete mehr Geld als Hunderte von Puddingtaschen! „Wer ist denn so dämlich, dafür so viel Geld auszugeben“, fragte er sich. Die Antwort kam ihm, als er tiefer in den Laden hineinspähte und ein Dunkelelfenpaar erblickte, das sich gerade einige der Ausstellungsstücke ansah. „Dafür nehmen sie uns also aus“, dachte er grimmig.
    Otto, Zahrin und Tinchena machten sich derweil über ein Gemälde lustig, auf dem auch Haggy bei m besten Willen nichts zu erkennen vermochte.
    Sie schlenderten weiter im Schatten des Palastes die Straßen entlang und sahen und staunten. Kleidung, welche sie nie zuvor gesehen hatten und deren Zweck sich ihnen nicht erschloss, Prachtgegenstände aller Art, doch auch Geschäfte voller Leckereien taten sich auf. Mit einigen der Ladenangestellten tratschten sie und erfuhren, dass in der Tat Dunkelelfen die üblichen Kunden in diesen Läden wären – für normale Leute war alles viel zu teuer.
    In einer Seitengasse fanden sie schließlich eine normale Bäckerei, in der sie sich für die Mittagspause eindeckten. Sie waren nun dem Palast sehr nahe und setzten sich auf eine Holzbank, von der aus man das Bauwerk betrachten konnte. Vor ihnen sprudelte ein kleiner Bach, der um den ganzen Palast herumfloss und hinter dem der Hügel begann, auf dem adrett einige Büsche gepflanzt waren. Kurz geschorener Rasen überbrückte die Distanz von dort bis hin zum Palast. Von ihnen aus gesehen auf der linken Seite erkannten sie das Haupttor, von dem aus eine Brücke in Richtung der Stadt verlief. Die Brücke endete diesseitig des Bachs auf einem Plateau, von welchem aus Treppen hinab auf einen Platz und in die Sphäre der normalen Bürger führten. Weiter hinter dem Plateau gelegen erblickten sie eine verfallene Kirche. Auch in dieser hier war der Glockenturm leer.
    Als sie gerade ihre Pause beenden wollten, kam eine Dunkelelfenwache vorbei und verscheuchte sie mit der Begründung, dass herumlungernde Bewohner das Bild des Palastes stören würden. Sie fügten sich und setzten ihre

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