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Zwergensturm

Zwergensturm

Titel: Zwergensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Mueller-Hammerschmidt
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Ehrfurcht. Er hätte nie gedacht, dem Herrscherpalast der Dunkelelfen, der seinen Schatten bis weit über die Brücke warf, einmal so nahe zu kommen. Kaum spürbar reduzierte er das Reittempo ein wenig, um den Moment noch etwas länger zu genießen. Immer noch gab es eine Vielzahl von Zuschauern, die die Gruppe mit Hochrufen und Liedern begleiteten. Jetzt erblickte Haggy inmitten der Gruppe der Dunkelelfen Maui. Die Herrscherin leibhaftig ging von Krieger zu Krieger und sprach ihnen zu. Nun ging sie sogar zu den Zwergen! Auch mit ihnen sprach sie, tätschelte einigen gar die Schulter. Duram und die anderen gesellten sich zur Streitmacht. Duram suchte Mauis Blick, und die Königin nickte ihm zu.
    Duram stellte sein Pferd auf die Hinterläufe und rief, so laut er konnte: „Hört zu, Mitstreiter, Zwerge und Dunkelelfen! Das Land ist in höchster Gefahr, der Tod selber steht vor Aurum, der größten Stadt des Königreiches der Zwerge! Heute marschieren wir gemeinsam, wir, die wir uns seit Jahrzehnten als Besatzer und als Besetzte feindlich gegenüberstanden, um zusammen gegen das Böse anzutreten. Wir werden gemeinsam unser Blut vergießen, und auf dem Grund des Schlachtfeldes werden sich Zwergenblut und Dunkelelfenblut vermischen. Wir werden gemeinsam sterben, oder wir werden gemeinsam siegen!“
    Die Zwerge jubelten, und auch die Dunkelelfen spendeten Applaus. Doch das Volk draußen hinter dem Bach jubelte ohrenbetäubend.
    Jetzt hob Maui ihre Arme und bat um Ruhe. Sie sprach mit leiser, aber deutlicher Stimme: „So sei es. Besatzer und Besetzte, durch einen gemeinsamen Feind geeint, reiten zusammen nach Osten, dem Gefallenen Gebiet und seinen Ausgeburten entgegen. Macht euren Völkern keine Schande, kämpft, bis ihr den Sieg davontragt. Ohne euch, ohne euren Kampf und ohne den Sieg wird es sonst bald nichts mehr geben, weder Besatzer noch Besetzte. Die Städte werden ausradiert, die Völker werden tot sein. Ihr aber, die ihr euch bereiterklärt habt, den Kampf aufzunehmen, ihr seid die Speerspitze des Lebens, das Licht der Hoffnung. Viel Glück − und mögen die Götter mit euch sein.“
    Wieder gab es Jubel, und dieses Mal stimmten auch die Dunkelelfen lauter ein.
    Duram hob die rechte Hand, sah sich um und schrie: „Auf geht’s, Männer und Frauen, in Marschordnung hinter mir sammeln, es geht … gen Osten!“
    Unter dem Jubel Tausender zog die Kolonne erst durch Grünleben, dann in Richtung Osten aus der Stadt hinaus. Zahrins Kopf schmerzte; der ausbleibende Alkoholnachschub machte sich bemerkbar. Der Lärm der jubelnden Stadtbewohner, der Geruch der Pferde, der Beerenschnaps im Schädel … Mühsam hielt sie sich am Zügel fest. Trotz der vielfältigen sinnlichen Eindrücke, die auf sie einströmten, drohte ihr Körper den Kampf gegen die aufkommende Übel- und Müdigkeit aufzugeben. Ihr Oberkörper fiel nach vorne, aber sie vermochte es noch, mit den Armen um den Hals des Ponys zu greifen. Ihr Kopf ruhte auf dem Nacken des Pferdes.
    Haggy schmunzelte ob des Anblicks seiner Freundin, doch natürlich war er vor allem darüber froh, dass sie nun einigermaßen stabil saß. Seit dem Abritt hatte sie auf dem Pony gefährlich geschwankt. Auch Otto wurde ruhiger, da die unmittelbare Wirkung des Alkohols nun auch bei ihm langsam nachließ. An den rollenden Augen des Menschen erkannte Haggy, dass auch Otto noch einige Zeit brauchen würde, um wieder vollständig Herr seiner Sinne zu sein. Haggy fragte sich, ob die beiden überhaupt mitbekommen hatten, worauf sie sich einließen.
    Tinchena hingegen war frisch wie eh und je und winkte fröhlich den Menschen, Zwergen und Gnomen am Straßenrand zu. Als die Gruppe den zweiten, äußeren Straßenring passierte, standen mehrere Gnome am Rand und bejubelten die Streitmacht besonders heftig, als sie die einzige Gnomin, Tinchena, erblickten. In ihrem Übermut stellte Tinchena sich auf den Rücken des Ponys und wollte mit einer Hand winken, während die andere die Zügel hielt. Das hätte fast desaströs geendet, doch im letzten Moment fing sie sich und setzte sich wieder ordentlich hin. „Was sind wir für ein Haufen“, dachte Haggy. „Zwei sturzbetrunken, eine fällt beim Winken fast vom Pony, und ich wäre lieber zu Hause bei Mama und Vati, anstatt den Helden zu spielen. Aber so reiten wir mit einer Horde von Steinbrucharbeitern in eine Schlacht gegen einen dutzendfach überlegenen Gegner.“
    Aber Haggy gab dem Trübsinn keine Chance. Auch er genoss die Freude, die

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