Zwergensturm
sehen gewesen war, sah sich zu seinen Mitstreitern um und sagte etwas in Richtung des Hinterhanges. Bald darauf blies er erneut in sein Horn und erhob sein Schwert, und Brecher konnte den Schlachtruf Durams selbst aus der Distanz deutlich vernehmen: „Für die Freiheit, für das Leben!“ Und der Zwergensturm begann.
Grünleben, Herrscherpalast
Gram war sauer. Mal wieder. Doch diesmal war er noch saurer als jemals zuvor. Die Ausrufung hatte ihn überhaupt nicht interessiert. Er wusste, was der Meister und seine Freunde planten. Er wusste auch, wie sie ihren Plan umzusetzen gedachten. Und nichts und niemand würde sie aufhalten können.
Auch kein eilig zusammengestelltes Zwergen- und Dunkelelfenheer. Trotzdem, die Tatsache, dass Maui einfach so das Königreich der Zwerge an einen dahergelaufenen Möchtegernkönig hergab, verzehrte ihn beinahe.
Er musste sich und seine immer stärker werdende dämonische Energie mit aller Macht zügeln, um nicht zu seiner Schwester zu eilen und sie zu zerreißen. Wie kann sie uns nur so verraten? Eine stolze Dunkelelfin, Erbin des Königthrons des ganzen Besetzten Landes, verrät ihr Erbe und die Tradition ihres ganzen Volkes. Um Sklaven zu schützen! Widerlich, und so jemand ist meine Schwester.
Er wollte nicht schon wieder in die Kellerge wölbe des Palastes eilen, um sich mit dem Meister zu beraten. Er störte ihn schon oft genug. Außerdem war er überzeugt, dass der Meister, der ohnehin über Grams Gedanken verfügte, über die neue Situation Bescheid wusste, auch wenn sie noch so marginal war. Jetzt ertappte sich Gram dabei, an den Fähigkeiten des Meisters gezweifelt zu haben.
Der Meister würde ihn zur Rechenschaft ziehen, sofern es noch etwas in Gram zu ernten gäbe.
Alles lief nach Plan, das Heer des Besetzten Landes nicht mehr als eine Witzveranstaltung und nichts, was die Pläne des Meisters in irgendeiner Weise erschüttern würde. Doch aus der Liebe zu seiner Schwester war zuerst blinde Verachtung und schließlich purer Hass geworden.
Trotzdem war und blieb sie seine Schwester. Er riss sich zusammen. Er musste weiter planen, wie er ihr einen letzten Dienst erweisen konnte, bevor er an die Seite des Meisters trat.
Östlich des Dorfes Aurelia
Duram genoss den Anblick der verwirrten Orks. Da stand er, ganz alleine auf der Hügelkette, und hatte gerade in sein eilig geschnitztes Horn geblasen. Der Ansturm der Orks auf das Dorf war augenblicklich erloschen, und Hunderte Augenpaare waren nun von dort unten auf ihn gerichtet. Er lächelte.
Er ahnte aber, dass die Verwirrung unter den Orks nicht lange anhalten würde, und flüsterte daher Lok’thodar, der hinter ihm auf dem Hinterhang lauerte, einige Informationen über der Lage und Positionierung des Orkheeres zu. Lok’thodar verstand sofort und sandte einen seiner unmittelbaren Begleiter zur Gruppe der Dunkelelfen aus, die bereits ihre Langbögen gezogen und Pfeile eingelegt hatten.
Ein weiteres Mal ließ Duram den Blick über die Reihen der Orks schweifen. Sie sahen gut aus in ihren gewienerten Rüstungen und mit ihren strahlenden Waffen, doch das Böse, der Blutdurst, die Kampf eslust, standen ihnen ins Gesicht geschrieben.
Dieser Gegner mochte zu hart für seine zusammengewürfelte Streitmacht sein, aber sie hatten keine andere Wahl.
Duram winkte die Zwerge heran. Langsam kamen sie hervor, auf den Hügelkamm und somit ins Blickfeld der Orks. Haggy kam zusammen mit seinen Freunden zu ihm, die anderen Zwerge reihten sich rechts und links von seiner Position auf. Er hatte angeordnet, dass sie nicht zu weit ausfächern sollten, sondern enger zusammenbleiben, damit die Kräfte konzentriert auf die linke Flanke der Orks einwirken konnten.
Duram betrachtete die Zwerge in seiner Nähe. Angst vermochte er nicht zu erkennen, Unsicherheit hingegen schon. Einige atmeten tief durch, andere hielten sich an Glücksbringern fest. Lediglich Zahrin und Otto sahen extrem mitgenommen aus, und er hoffte, dass sie so sehr Herr ihrer Sinne wären, dass es reichen würde, den ersten Ansturm zu überleben. Und hoffentlich auch den Rest des Kampfes.
Zwei Männer in Aurelia hatten die Zwergenstreitmacht erkannt und jubelten. Sie liefen ins Dorfinnere, wohl um von der neuen Lage zu berichten.
Duram setzte sein Horn an und blies. Er blies, so kräftig er konnte, so als wolle er die Orks wegblasen. Er hob sein Schwert in die Luft, rief seinen Kampfruf, der hundertfach widerhallte, und stürmte los.
Haggy lief, so schnell er konnte.
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