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Zweyer, Jan - Rainer Esch 01

Zweyer, Jan - Rainer Esch 01

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Esch 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glück ab Glück auf
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eigentlichen Halle getrennt sind.
    Durch diese Schalter wurde früher den Bergleuten ihr Wochenlohn in bar ausgezahlt. An diesen Zahltagen warteten dann die Ehefrauen der Bergleute vor den Toren der Pütts, um zu verhindern, daß ihre Männer sofort einen Teil des schwer erarbeiteten Geldes in die nächste Kneipe trugen.
    Die Lohnhalle von Kayas neuem Pütt war eher funktional.
    Hier hatte sich kein Baumeister vergangener Tage ein Denkmal gesetzt.
    Der Türke ging zum ersten Schalterfenster und klopfte.
    »Glück auf. Ich suche den Reviersteiger vom Revier 32.«
    »Auf. Da hinten. Der mit der Zigarette.« Der Mann schloß den Schalter, ohne seinen Dank abzuwarten.
    Cengiz steuerte die angegebene Richtung an und klopfte erneut an die Glasscheibe. »Glück auf. Sind Sie Reviersteiger im Revier 32? Mein Name ist Cengiz Kaya. Ich bin hierhin verlegt worden.«
    »Glück auf. Einen Moment.« Sein Gegenüber blätterte in einer Namensliste. »Ja, stimmt. Ich bin Karl Müller. Kannst Karl sagen.« Er streckte ihm durch den Schalter seine Hand zur Begrüßung hin. »Warste schon beim Betriebsrat?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Dann mach das ma erst. Ist ja noch Zeit.« Müller sah auf die Uhr. »Danach gehste zum Kauenwärter und läßt dir ‘nen Spind und Haken geben.« Er stand halb auf und sah durch die Scheibe nach unten auf Kayas Wäschesack. »Schlösser mit?
    Klamotten alle bei? Helm, Schuhe, Schienbeinschoner? Oder brauchste noch was?«
    »Nein, nur Filter und Lampe.«
    »Gut. Hier ist deine Nummer.«
    Müller kramte in seiner Schublade und reichte Kaya ein kleines, ovales Metallschild mit einer vierstelligen Nummer.
    »Filter und Lampe unter der Nummer. Alles klar? Ich treff dich dann am Korb. Sei pünktlich.« Müller schloß das Fenster und vertiefte sich wieder in seine Schreibarbeiten.
    Kaya machte sich auf den Weg zum Betriebsratsbüro, das sich direkt hinter der Lohnhalle befand, um dort die obligatorische Frage, ob er Gewerkschaftsmitglied sei, zu bejahen und sich von einem Betriebsratsmitglied versichern zu lassen, daß er, sofern er irgendwelche Probleme habe, jederzeit zu ihm kommen könne.
    Nach einigen Minuten konnte Cengiz das Büro wieder verlassen und schloß sich seinen neuen Kollegen an, die alle in Richtung Kaue, dem Wasch-und Umkleideort der Bergleute, strömten.
    Den Kauenwärter fand er recht schnell, und bald öffnete er in der Weißkaue seinen Spind, verstaute seine Wertsachen wie Uhr und Geldbörse und verschloß ihn mit einem mitgebrachten Vorhängeschloß. Er holte seinen Wäschehaken von der Decke, entkleidete sich, hängte seine Straßenkleidung auf den Haken, zog ihn wieder hoch und sicherte auch diese Kette mit einem Schloß.
     
    Dann folgte er den Hunderten anderer nackter Männer an den Duschen vorbei in die Schwarzkaue, suchte auch da seinen Haken, den er aber nur mit seinem Wäschesack belastete und zog die mitgebrachte Arbeitskleidung an. Einige der sich neben ihm umziehenden Kollegen warfen ihm neugierige Blicke zu und grüßten kurz mit einem Kopfnicken, welches er ebenso knapp erwiderte. Vor Schichtbeginn, das kannte Cengiz von seinem alten Pütt, war die Unterhaltung eher eingeschränkt, vor allem mit neuen Kollegen. Das würde sich geben, da war er sich sicher.
    In der Lampenstube fand er unter seiner Nummer eine geladene und geprüfte Helmleuchte sowie den Filterselbstretter, der es ihm ermöglichen sollte, unter Tage beispielsweise bei Rauchentwicklung, einige womöglich entscheidende Minuten zu überleben. Er kannte persönlich allerdings keinen Bergmann, der das Ding jemals gebraucht hatte. Beruhigend, fand er. Trotzdem war der Filter Pflichtbestandteil der Schutzausrüstung jedes Bergmannes, wie auch die Kleidung, Schuhe, Helm, Leuchte und Schienbeinschoner. Für besondere Tätigkeiten gab es noch eine weitere Spezialausrüstung, Cengiz hoffte jedoch, diese nicht zu benötigen, da die damit verknüpften Arbeiten nicht unbedingt zu den angenehmsten in einer Grube gehörten.
    Er befestigte die Leuchte am Helm und schaltete sie ein. Der Filterselbstretter kam an eine Schlaufe an den Hosengürtel.
    Zuletzt nahm er seine Getränkeflasche und füllte sie auf dem Weg zum Korb an einem Automaten mit kostenlosem, leider stark verdünntem Fruchtsaft. Die Bergleute nannten dieses Getränk immer noch Tee, obwohl die Teeküchen auf den Bergwerken schon lange Geschichte waren.
    An der Zeiterfassungsstation vor dem Schacht, der Cengiz zu seiner Arbeitsstelle unter Tage führen sollte, zog

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