Zweyer, Jan - Rainer Esch 01
Schreibmaschine ein paar Zeilen über die gefälschte Unterschrift, mit denen sie sich die Vollmacht erteilte, das Schließfach ihres Bruders öffnen zu dürfen.
Stefanie ging zu Bett und fiel in einen kurzen, von Alpträumen gestörten Schlaf.
Um kurz vor sieben stand sie auf, rief bei ihrer Arbeitsstelle an und erklärte, sie müsse dringend zum Arzt. »Eine Frauengeschichte, verstehen Sie.«
Sie suchte ihr bestes Kostüm aus dem Schrank, die dazu passende Handtasche und legte mehr Make-up auf als üblich.
Sie betrachtete sich im Spiegel und war zufrieden. Ungeduldig lief sie in ihrer Wohnung herum, schaltete das Radio ein und aus und starrte auf ihre Uhr, deren Zeiger sich nicht bewegen wollten.
Kurz vor halb zehn verließ sie ihre Wohnung, um in die Innenstadt zu fahren. Sie parkte ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz neben dem Rathaus und ging zu Fuß zur Filiale der Deutschen Bank. Vor dem Eingang verharrte sie und atmete tief durch. Sie wollte das Gebäude gerade betreten, als ihr der Fehler in ihrem Plan bewußt wurde. Was würde sie den Mitarbeitern der Bank erklären, sollte sich herausstellen, daß der Schlüssel nicht zu einem Schließfach der Deutschen Bank gehörte? Da ihr als Antwort auf diese Frage nichts, aber auch rein gar nichts einfallen wollte, tat sie das Vernünftigste, was sie sich in ihrer Situation vorstellen konnte: Sie verdrängte das Problem.
Entschlossen betrat sie die Bankhalle und steuerte den ersten freien Schalter an. »Guten Morgen, ich möchte an das Schließfach meines Bruders.«
»Da sind Sie hier falsch. Bitte da drüben, bei dem Kollegen«, antwortete die Bankangestellte und zeigte auf einen jungen Mann in Blau zwei Schalter weiter.
»Danke.« Stefanie Westhoff wandte sich in die angegebene Richtung.
»Guten Morgen, mein Name ist Westhoff.« Sie wiederholte ihren Wunsch.
»Guten Morgen. Gerne. Darf ich um die Nummer bitten?
Sicher haben Sie eine Vollmacht?«
Jetzt galt es. Stefanie schenkte ihrem Gegenüber ihr schönstes Lächeln. Schlange, dachte sie. »Natürlich.
Einhundertfünfundzwanzig. Und hier ist die Vollmacht.« Sie reichte dem Mann hinter dem Tresen die Fälschung. Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft. Was mach ich, wenn es die Nummer nicht gibt? Bitte, bitte, laß es die Nummer geben. Und was passiert, wenn der Banker die Fälschung erkennt? Sie zitterte leicht.
Der Bankangestellte hantierte an seinem Computer. Er sah auf.
Stefanie hatte das Gefühl, er mustere sie prüfend.
Wahrscheinlich überlegt er noch, ob er sofort die Polizei rufen oder mich erst noch etwas zappeln lassen soll, befürchtete sie.
»Frau Westhoff, dürfte ich Ihren Ausweis kurz sehen?«
Ihre Knie wurden weich. Mit schweißnassen Händen fingerte sie ihren Personalausweis aus ihrer Handtasche. Der Bankangestellte sah nur kurz auf den Ausweis.
»Danke. Wenn Sie hier unterschreiben würden, Frau Westhoff.« Er schob ihr ein Formular zu. Sie kam seinem Wunsch nach.
»Bitte folgen Sie mir.«
Der Stein, der ihr vom Herzen fiel, riß ein Loch in den Boden der Bank. Stefanies Herz hüpfte. Sie hatte es geschafft.
Der Banker führte sie in einen Kellerraum, in dem sich die Schließfächer befanden.
»Hier, bitte. Ich warte draußen.«
Stefanie war endlich allein. Sie tupfte sich den Schweiß von der Stirn und suchte mit den Augen die Schließfachreihen ab.
Ziemlich weit unten war das Fach mit der Nummer 125. Der Schlüssel paßte. Stefanie öffnete das Fach und mußte sich, tief bücken, um hineinzusehen. Darinnen befand sich eine Metallkassette. Deutsche Bank stand auf der Box.
Sie nahm langsam den Deckel ab. Die Kassette enthielt einen dünnen Schnellhefter. Sonst nichts.
Einen Moment lang war Stefanie enttäuscht. Dann schüttelte sie über ihre eigenen Erwartungen den Kopf, rollte den Schnellhefter zusammen, stopfte ihn in ihre Handtasche, verstaute die Box wieder im Fach, schloß ab und verließ den Raum.
Der Bankangestellte war in ein Gespräch mit einer anderen Kundin vertieft und sah kurz auf. Stefanie Westhoff nickte ihm freundlich zu und verließ mit schnellen Schritten die Bank.
Das war ein Clou. Robert Redford war nichts dagegen. Von wegen Erbschein! Sie hatte die Unterlagen, ohne daß jemand Verdacht geschöpft hatte. Ihr wurde klar, warum Trickbetrüger wie die von Take off Konjunktur hatten. Sicheres Auftreten und gute Nerven waren schon fast alles, was man für diese Profession benötigte.
Obwohl Stefanie vor Neugier fast platzte, verkniff sie es sich,
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