Zweyer, Jan - Rainer Esch 03
fast jeder Bewegung Schmerzen verspüren.«
»Stimmt.«
Der Arzt lachte. »Sehen Sie. Deshalb tragen Sie einen Stützverband um die Brust. Mehr können wir da leider nicht tun. Der Heilungsprozess dauert seine Zeit.«
»Wie lange?«
»Ein, zwei Wochen. Wenn Sie sich schonen.«
»Werde ich, darauf können Sie sich verlassen.«
»Schön. Ihre Hodenprellung ist weniger dramatisch, als es zunächst den Anschein hatte, aber…«
»Sie tut trotzdem weh.«
»Glaube ich gerne. Geht aber bald vorbei. Der Verdacht des Kieferbruches hat sich glücklicherweise nicht bestätigt. Nur Ihre Zähne…«
»Was ist mit denen?«
»Es fehlen vier. Oben und unten rechts je zwei. Wir mussten die Wurzeln ausgraben und die Wunden nähen. Da werden Sie sich wohl Brücken machen lassen müssen. Die Schwellungen im Mundbereich und über Ihrem rechten Auge werden in den nächsten Tagen zurückgehen, dann können Sie auch wieder das Auge wie üblich öffnen und normal sprechen. Die Schwester bringt Ihnen nachher Eis zum Kühlen. Und Schmerztabletten. Sonst ist Ihnen nichts passiert, wenn wir von einigen blauen Flecken absehen.«
»Na großartig. Wann komme ich hier heraus?«
»Anfang, Mitte nächster Woche. Das müssen wir abwarten.
So, Herr Esch, das wäre alles. Wir sehen uns morgen.«
Der Arzt drehte sich zur Tür.
»Sagen Sie, darf ich aufstehen?«
»Natürlich. Wenn Sie das schaffen. Aber keine Kraftanstrengungen bitte.«
Nachdem der Weißkittel das Zimmer verlassen hatte, schleppte sich Rainer ins Bad. Der Arzt hatte völlig Recht. Ihm tat jeder Schritt weh. Er machte das Neonlicht an, schaute in den Spiegel und erschrak.
Er sah in ein Gesicht, das ihn nur sehr entfernt an sein früheres Konterfei erinnerte. Das rechte Auge war komplett zugeschwollen und tiefblau unterlaufen. Die rechte Wange, sofern man diese mehr als apfelgroße Ausbuchtung so bezeichnen wollte, zierten ebenfalls zahlreiche Hämatome. Die Oberlippe ähnelte einer Wurst und war mehr dunkelblau als rot. Eschs Gesicht sah so aus wie Quasimodos Rücken.
Ungeschminkt würde er einen prima Hauptdarsteller in einem Horrorfilm abgeben.
Rainer lüpfte das aparte Hemdchen, in das er gekleidet war, und musterte interessiert den weißen, elastischen Brustverband. Vorsichtig drückte er auf die Stelle, wo er die stärksten Schmerzen verspürte, und war sich schlagartig darüber im Klaren, dass er das in Zukunft unterlassen würde.
Ansonsten war sein Oberkörper übersät mit blauen und roten Flecken. Auf eine Inspektion der sich in tieferen Gefilden seines Körpers befindlichen Teile verzichtete Rainer. Icke und seine Freunde hatten wirklich ganze Arbeit geleistet.
Esch hatte es gerade geschafft, wieder in sein Bett zu kriechen, als es an der Tür klopfte und Hauptkommissar Rüdiger Brischinsky und sein Assistent Heiner Baumann das Zimmer betraten.
»Na, Ihnen haben die Kerle ja ziemlich übel mitgespielt. Was Ernstes?«, erkundigte sich Brischinsky zur Begrüßung.
»Tach. Nee, glücklicherweise nicht.«
»Und? Schmerzen? Sie sehen ja böse aus. Aber machen Sie sich keine Sorgen, das wird schon wieder«, stellte Brischinsky freundlich fest.
Rainer stöhnte auf.
Baumann, der den Grund dafür missdeutete, fragte mitleidig:
»So schlimm?«
»Nee, geht schon. Danke der Nachfrage. Aber Sie wollen doch nicht nur einen Krankenbesuch bei mir machen, oder?«
»Natürlich nicht. Die Polizei hier in Herne konnte die Täter unmittelbar nach der Tat festnehmen. Icke, der Ihnen ja wohl nicht ganz unbekannt ist, heißt mit bürgerlichem Namen Hubert Schranska, seine Freunde sind die Brüder Wilfried und Günther Blotter. Alle drei einschlägig vorbestraft wegen schwerer Körperverletzung und weiterer solcher Kleinigkeiten.
Herr Esch«, Brischinsky sah das körperliche Wrack vor sich im Bett prüfend an, »wir würden gerne wissen, was Sie mit diesen Kerlen zu tun haben. Und ob Sie zufällig wissen, wo sich Ihr Freund Kaya momentan aufhält.«
Rainer überlegte einen Moment. »Keine Ahnung, was die von mir wollten.«
»Wirklich nicht?« Der Hauptkommissar fixierte den Kranken.
»Nein, wenn ich es Ihnen doch sage.« Rainer fühlte sich unbehaglich unter dem Blick des Kriminalisten.
»Was wollten Sie denn in der U-Bahn-Station, Herr Esch? Ihr Revier ist doch eigentlich eher Recklinghausen oder irre ich mich?«
»Nein, ich war in meinem Büro und wollte noch nach Bochum. Ins Bermuda-Dreieck. Da die U-Bahn am Schloss Strünkede erst zwanzig Minuten später
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