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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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halfen.
    An der Ecke des nächsten Blockes befand sich ein Wirtshaus, und gleich danach führte die Duncannon Road ins düstere, bewaldete Vorgebirge empor, von dem Yontsdown auf drei Seiten eingeschlossen war. Rya fuhr auf den Parkplatz der Wirtschaft, parkte unseren Kombi neben einem Lieferwagen und schaltete die Scheinwerfer aus. Von dieser Position aus hatten wir die Kreuzung Duncannon Road und Apple Lane im Blickfeld, wo der Troll-Polizist jetzt neben der rothaarigen Frau stand, der er wie ein Retter aus höchster Not vorkommen mußte.
    »Wir haben die Schußwaffen zu Hause gelassen«, sagte Rya.
    »Wir dachten ja auch nicht, daß der Krieg schon jetzt beginnen würde. Ab jetzt werden wir immer unsere Pistolen mitnehmen«, erwiderte ich nervös. Die Vision des Totenschädels hatte mich ziemlich mitgenommen.
    »Aber im Moment sind wir unbewaffnet«, beharrte Rya.
    »Ich habe mein Messer«, meinte ich und klopfte an meinen Stiefel.
    »Das ist nicht viel.«
    »Es reicht.«
    »Vielleicht.«
    An der Kreuzung stieg der Rotschopf in den Streifenwagen, zweifellos erleichtert, daß ein lächelnder und höflicher Gesetzeshüter ihr aus der Patsche half.
    Einige wenige Autos waren in der Zwischenzeit vorbeigekommen, doch um diese Zeit herrschte hier am Stadtrand kaum Verkehr, und als der Streifenwagen jetzt losfuhr, war weit und breit kein anderes Fahrzeug zu sehen.
    Rya war startbereit, hatte die Scheinwerfer aber noch nicht eingeschaltet.
    Wir duckten uns auf den Sitzen, so daß unsere Köpfe kaum über das Armaturenbrett hinausragten. Als der Streifenwagen mit klirrenden Schneeketten an uns vorbeifuhr, sahen wir den uniformierten Troll am Steuer. Von der Rothaarigen war nichts zu sehen. Sie hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen, das hatten wir beobachtet. Doch jetzt war sie verschwunden.
    »Wo ist sie denn abgeblieben?« wunderte sich Rya.
    »Als sie eingestiegen ist, war die Straße leer. Ich wette, daß das Schwein diese Chance sofort genutzt hat. Wahrscheinlich hat er sie mit Handschellen gefesselt und sie gezwungen, auf den Boden zu rutschen. Vielleicht hat er sie aber auch bewußtlos geschlagen.«
    »Sie könnte sogar schon tot sein», murmelte Rya.
    »Nein«, widersprach ich. »Los. Folg dem Wagen. Er bringt sie bestimmt an irgendeinen abgelegenen Ort, wo er sie in aller Ruhe langsam töten kann. Das ist es doch, was ihnen am meisten Genuß verschafft — ein qualvoll in die Länge gezogener Tod ihres Opfers. Einen schnellen Schlag führen sie nur im Notfall.«
    Als Rya vom Parkplatz auf die Duncannon Road einbog, waren von dem Streifenwagen nur noch die roten Rücklichter zu sehen, die höher und höher stiegen, bis sie über uns in der Luft zu schweben schienen, um sodann hinter einem Hügel zu verschwinden. Hinter uns war kein Fahrzeug zu sehen. Rya beschleunigte, und wir folgten dem Streifenwagen mit größtmöglicher Geschwindigkeit.
    Bald verengte sich die Duncannon Road zur zweispurigen Landstraße. Auf beiden Seiten rückten Kiefern und Rottannen immer dichter an die Fahrbahn heran. In ihren Kapuzenmänteln aus immergrünen Nadeln wirkten sie unnahbar und geradezu bedrohlich.
    Obwohl wir den Abstand zum Streifenwagen bald auf weniger als 400 Meter verringerten, brauchten wir nicht zu befürchten, daß der Troll uns entdecken würde. Die Straße wand sich in Serpentinen ins Gebirge empor, so daß wir ihn nie länger als einige Sekunden hintereinander im Blickfeld hatten, und das bedeutete, daß wir für ihn nur ferne Scheinwerfer waren, in denen er keine Bedrohung sehen würde. Immer wieder bogen Wege von der Straße ab — es mußte sich wohl um Auffahrten handeln, denn an diesen Abzweigungen waren Briefkästen auf Pfosten montiert; die Häuser lagen hinter eisverkrusteten Bäumen versteckt. Nach sieben oder acht Kilometern sahen wir von einer Anhöhe aus, daß der Streifenwagen weiter unten abbremste und in eine solche Auffahrt abbog. Wir passierten diese Abzweigung, ohne das Tempo zu verringern, um keinen Verdacht zu erregen. Auf dem grauen Briefkasten stand der Name HAVENDAHL. Die Rücklichter des Streifenwagens tauchten zwischen den Bäumen in einer so undurchdringlichen Dunkelheit unter, daß mein Orientierungssinn — und mein Gleichgewicht — kurz außer Kraft gesetzt wurden: Es kam mir tatsächlich so vor, als hinge ich in der Luft, während der Streifenwagen sich nicht über die Erdoberfläche bewegte, sondern den Mittelpunkt des Planeten — oder vielleicht die Hölle? — zum Ziel zu haben

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