Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Teilen des Berges. Hier verfolgten sie ganz andere Ziele, und der Bergbau diente ihnen lediglich als Deckmantel.
    Als wir aus dem Fahrstuhl traten, standen wir am Ende eines 60 Meter langen Tunnels mit glatten Betonwänden. Er war sechs Meter breit und etwa dreieinhalb Meter hoch. An der Decke waren Leuchtstoffröhren angebracht. Durch Ventilatoren im oberen Teil der Wände strömte warme, trockene Luft ein, während andere Ventilatoren in Bodennähe die kühlere Luft absaugten. Große rote Feuerlöscher waren neben den glänzenden Stahltüren montiert, die im Abstand von 15 Metern auf beiden Seiten des Korridors zu sehen waren. Neben den Feuerlöschern waren Sprechanlagen angebracht. Dieser Ort strahlte eine ungeheure — und zutiefst erschreckende — Zweckmäßigkeit aus.
    Der Steinboden vibrierte, so als seien in einiger Entfernung riesige Maschinen in Betrieb.
    An der Wand gegenüber den Aufzügen sah ich das mir inzwischen vertraute, aber nichtsdestotrotz rätselhafte Symbol: ein schwarzes Keramikrechteck, 1,20 Meter lang und 90 cm breit, war in den Beton eingelassen; in der Mitte ein weißer Keramikkreis mit einem Durchmesser von 60 cm; und dieser Kreis wurde von einem gezackten schwarzen Blitz unterteilt.
    Durch das Symbol hindurch erblickte ich jene seltsame, kalte, beängstigende unermeßliche Leere, die ich zum erstenmal wahrgenommen hatte, als vor einigen Tagen der LKW der Kohlen-Gesellschaft an mir vorbeigefahren war. Ein ewiges schweigendes Nichts, dessen Tiefe sich mit Worten nicht beschreiben ließ. Es zog mich wie ein Magnet an; ich hatte das Gefühl, als würde ich in dieses schreckliche Vakuum fallen und von einem Strudel in die Tiefe gerissen werden.
    Ich wandte mich hastig von dem Symbol ab und ging zur ersten Stahltür auf der linken Seite des Korridors. Keine Klinke, kein Knauf. Ich drückte auf den weißen Knopf im Türrahmen, und sofort glitten die schweren Türflügel auseinander.
    Rya und ich traten rasch ein, darauf eingestellt, Schrotflinte und Maschinenpistole zu benutzen, aber die Kammer war dunkel. Offenbar hielt sich niemand darin auf. Ich fand den Lichtschalter, und gleich darauf flackerten Leuchtstoffröhren auf. Wir befanden uns in einem riesigen Lagerraum. Holzkisten waren fast bis zur Decke sorgfältig aufeinander gestapelt, in ordentlichen Reihen und deutlich beschriftet, so daß wir innerhalb weniger Minuten feststellen konnten, daß es hier Ersatzteile für alle erdenklichen Geräte gab — für Drehbänke und Fräsmaschinen ebenso wie für Gabelstapler und Transistorradios.
    Wir schalteten das Licht aus, schlossen hinter uns die Tür und gingen leise weiter den Tunnel entlang, von einem Raum zum anderen.
    Überall fanden wir Vorräte: Tausende von Glühbirnen in stabilen Kartons; Hunderte von Kisten mit Tausenden kleiner Schachteln, die Millionen von Schrauben und Nägeln in allen Größen und Stärken enthielten; Hunderte von Hämmern, Schraubenschlüsseln, Schraubenziehern, Zangen, Bohrmaschinen, Sägen und anderen Werkzeugen. Ein Raum von den Ausmaßen einer Kathedrale war mit mottenabweisendem Zedernholz getäfelt und enthielt auf hohen Regalen unzählige Stoffrollen — Seide, Baumwolle, Wolle, Leinen. In einer anderen Kammer wurden medizinische Geräte und Arzneimittel aufbewahrt: Apparaturen für EKG und EEG, Einwegspritzen, Verbandszeug, Desinfektionsmittel, Antibiotika, Betäubungspräparate und vieles andere mehr. Auch vom nächsten Tunnel gingen Türen ab, und dahinter befanden sich weitere Lagerräume. Es gab Fässer mit Korn — Weizen, Reis, Hafer, Roggen. Der Inhalt war — den Etiketten zufolge — getrocknet, tiefgekühlt und vakuumverpackt, mit einer Frischegarantie für mindestens 30 Jahre. Hunderte — nein, Tausende — ähnlich versiegelter Fässer enthielten Mehl, Zucker, Trockenmilch, Trockeneier, Vitamin- und Mineraltabletten; in kleineren Behältern gab es Gewürze wie Zimt, Muskatnuß, Oregano und Lorbeerblätter.
    Die Anlage kam mir wie ein Pharaonengrab vor, wie das größte Grab der Welt, ausgestattet mit allem, was der König und seine Diener im Jenseits zu einem bequemen Leben benötigen würden. In stillen Räumen, die wir noch nicht erforscht hatten, mußte es auch Tempelhunde und heilige Katzen geben, die getötet und liebevoll mumifiziert worden waren, um die Reise in den Tod zusammen mit ihrem königlichen Herrn anzutreten; irgendwo lagen unermeßliche Schätze an Gold und Edelsteinen; irgendwo ruhten einige Dienerinnen, die in der

Weitere Kostenlose Bücher