Zwielicht
Warnschuss vor ihren Bug abgegeben.
Akaars Fragen folgten dem Muster des letzten Gesprächs, gleich nach seiner Ankunft: Er tadelte Bajors Regierung und indirekt sogar die Bevölkerung. »Verzeihen Sie, Admiral«, sagte sie und bemühte sich um Haltung, »aber können Sie derartige Informationen nicht auch auf anderem Weg erhalten?« Die Vermutung, er wisse ohnehin schon, was er nun von ihr zu hören verlangte, verkniff sie sich.
»Unwichtig, Colonel. Wollen Sie andeuten, dass Sie meine Frage nicht beantworten können oder wollen?«
Die Wut, die in ihr aufstieg, verlieh Kira neue Energie. Mit einem Mal glaubte sie, aufstehen und umhergehen zu müssen, um ihren Frust abzulassen, doch dann würde sie auch den letzten Rest an Kontrolle über die Situation an Akaar verlieren.
»Ich kann Ihnen antworten, Admiral«, sagte sie stattdessen. »Und ich werde es. Allerdings habe ich Sie hergebeten!« Und zwar vor drei Tagen , fügte sie gedanklich hinzu und begriff plötzlich, dass dieses Treffen gar nichts mit ihrer Bitte zu tun hatte. Es fand statt, weil er es wollte.
»Sollte es Ihnen Unbehagen bereiten, mit mir über Ihr Volk zu sprechen …«, fuhr der Admiral fort, als hätte es ihren Einwand nie gegeben, ließ den Satz aber unvollendet.
»Nicht im Geringsten«, widersprach Kira ein wenig zu laut, als dass es für sie noch glaubhaft geklungen hätte, und rief sich die jüngsten Statusberichte über die bajoranische Schiffsproduktion auf den Monitor. »Ein dritter großer und zwei mittlere Replikatoren sind ebenfalls in den Werften im Einsatz.«
Der Admiral nickte nahezu unmerklich. »Glauben Sie, dass Bajor zurzeit ausreichend Gewicht auf seine Verteidigung legt?«
»Selbstverständlich«, antwortete sie mit erhobener Stimme. »Verteidigung ist ein Grundpfeiler unserer Regierung. Und egal wie viele Replikatoren die Föderation uns zur Verfügung stellt, sie bleiben dünn gesät. Wenn Sie andeuten wollen, dass …«
»Ich deute gar nichts an«, sagte Akaar ruhig. »Ich will nur wissen, ob Bajor Ihrer Ansicht nach verteidigungsfähig ist.«
»Und ich glaube, Ihnen genau dies gesagt zu haben, Admiral.«
Kira hörte, wie sich Wut in ihre Stimme schlich.
»Worauf basiert Ihre Überzeugung?«, hakte er nach.
Kira legte die Hände flach auf den Tisch, spreizte die Finger und kämpfte gegen den Drang an, aufzuspringen und durch ihr Büro zu stapfen. »Wissen Sie, Admiral, vielleicht sollten Sie diese Unterhaltung besser mit Premierminister Shakaar oder Verteidigungsminis-ter Reydau fuhren.«
»Ich führe sie mit Ihnen«, erwiderte Akaar, und für einen Moment funkelte es in seinen Augen. Kira war, als sehe sie Wut darin – und etwas, das ihrem Gefühl nach gar nichts mit ihr und Bajor zu tun hatte. »Colonel, Ihr Volk gilt als sehr spirituell«, fuhr er fort, und der Ausdruck schwand so schnell aus seinem Gesicht, dass Kira fast glaubte, ihn sich eingebildet zu haben. »Definiert sich Ihr Volk so stark durch seine Spiritualität, dass die Errichtung einer starken militärischen Infrastruktur darunter leidet?«
Kira nahm die Hände vom Tisch und ließ sie in ihren Schoß sinken. »Admiral, die Anzahl der von uns zum Schiffsbau verwendeten Replikatoren ist kein Maßstab für unseren Willen, Bajor zu verteidigen. Wir haben auch andere Bedürfnisse: nach Unterkünften, Stra-
ßen, Dämmen, Kraftwerken …« Es gefiel ihr nicht, ihr Volk verteidigen zu müssen. Doch sie glaubte an Bajor, und dieser Glaube verlieh ihr Kraft. »Natürlich müssen wir uns verteidigen können, doch wir haben weitaus mehr Verpflichtungen zu erfüllen. Und ja, unser Glaube leitet uns auf unserem Weg.«
»Was ist mit denen, die ihm nicht folgen?«, fragte Akaar.
Kira explodierte innerlich und sprang auf. Diese offene Anspielung auf ihre Befleckung war die letzte Beleidigung, die sie sich von ihm gefallen lassen würde. Hart fuhr ihre Hand auf die Tischplatte nieder. »Das reicht. Diese Besprechung ist vorbei.«
Akaar sah sie reglos an, das Gesicht wie eine Maske. Obwohl er saß, waren seine Augen fast auf einer Höhe mit ihren. »Colonel, ich erkundige mich nur nach Ihrem Volk. Seine Lebenswege und seine Identität interessieren mich.«
»Bei Ihren Fragen gibt es kein ›nur‹, Admiral«, fuhr sie ihn an. »In den wenigen Gesprächen, die wir seit Ihrer Ankunft führten, haben Sie Bajors Einsatz zum Wohle Cardassias infrage gestellt, unsere Verteidigungsbereitschaft, unsere Spiritualität sowie meinen Kom-mandostil kritisiert – und
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