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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sie zu lesen.«
    »Aber ich wette, ihr tut es!«
    Wie Lämmlein stimmten sie mir zu: »Kurz bevor Sie kamen, hatte Anacrites eine seiner kodierten Botschaften geschickt. Voll mit unverständlichem Zeug, wie gewöhnlich: der Agent würde keinen offiziellen Kontakt aufnehmen, aber wir hätten ihm volle Unterstützung zu geben.«
    »Ich wette, ihr dachtet, das beträfe mich.«
    »Aber nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Der Agent war eine Frau, Falco.«
    »Tja, dann werdet ihr sie bestimmt mit Freuden unterstützen!« Das hatte ich grinsend gesagt, aber innerlich stöhnte ich.
    Anacrites hätte planen müssen, Valentinus zu schicken, denn der hatte eindeutig an dem Fall gearbeitet, und Momus, mein Kumpel im Palast, hatte gesagt, Valentinus sei der beste Agent in Anacrites’ Diensten. Wieso dann eine Frau schicken? Na gut, Valentinus war Freiberufler, sein eigener Herr. Vielleicht hatte er sich geweigert, einen Auslandsauftrag zu übernehmen. Doch das hätte mich überrascht. Alles, was ich von ihm wußte – was zugegebenermaßen nicht viel war –, hatte darauf hin gedeutet, daß er ein ruhiger, tüchtiger Mann war, der vor nichts zurückschreckte. Die meisten Leute begrüßen das Angebot einer kostenlosen Fernreise.
    Selbst Anacrites konnte doch nicht an das alte Märchen glauben, daß respektable Geschäftsleute wie die Ölhersteller von Baetica leicht auf weibliche Reize reinfielen? Das mochte zwar auf diejenigen, die ich kennengelernt hatte, zutreffen – aber sie waren zu alt, sich hinterher damit erpressen zu lassen.
    Vielleicht lebte ich schon zu lange mit Helena Justina zusammen. Ich war weich geworden. Mein angeborener Zynismus war mir abhanden gekommen. Ich hatte vergessen, daß es immer Männer geben wird, die sich von entschlossenen Tanzmädchen im Bett brisante Informationen entlocken lassen.
    Als ich gerade gehen wollte, fiel mir noch eine Frage ein. »Was haltet ihr von dem neuen Quästor? Was sagt ihr zu Quadratus?«
    »Ein Drecksack«, versicherten mir meine neuen Freunde.
    »Ach, hört auf. Quästoren sind immer Drecksäcke, das weiß doch jeder. Der hier kann auch nicht schlimmer sein als die anderen, oder? Er ist jung und hochnäsig – aber das kennt ihr doch längst. Ein paar Monate unter eurer erfahrenen Anleitung, und er hat’s kapiert, stimmt’s?«
    »Der ist und bleibt ein Drecksack«, wiederholten die Jungs düster.
    Eines habe ich in den Marmorhallen der Bürokratie gelernt: Die beste Einschätzung von Persönlichkeiten bekommt man von den Schreibern, die von ihnen getreten werden.
    Ich ging zurück und setzte mich, verschränkte die Finger und lehnte mein Kinn darauf. Erst hatte der Prokonsul mich wissen lassen, daß er Zweifel an Quadratus hegte, und jetzt lehnten diese Jungs hier ihn offen ab, ohne ihm auch nur die Chance zu geben, sich zu beweisen. »Spuckt’s aus!« sagte ich. Was sie, als meine zuvorkommenden Freunde, prompt auch taten.
    Quinctius Quadratus hatte keine ganz reine Weste. Seine Personalunterlagen waren ihm nach Baetica vorausgeschickt worden, und obwohl sie vertraulich waren ( weil sie es waren), hatte das Sekretariat sie genauestens studiert: Es gab da eine dunkle Angelegenheit, eine, die Quadratus bei seiner zukünftigen Laufbahn nur schwer würde loswerden können. Auf seinem Weg zum Senat hatte er in seinen späten Jugendjahren als Militärtribun gedient. Während seiner Stationierung in Dalmatien war er in eine häßliche Sache verwickelt gewesen, bei der einige Soldaten bei dem Versuch, eine Brücke über einen durch Regengüsse angeschwollenen Fluß zu reparieren, ihr Leben verloren hatten. Die Reparaturen hätten warten können, bis der Fluß wieder abschwoll, aber Quadratus befahl ihnen, sie trotz des offensichtlichen Risikos in Angriff zu nehmen. Eine offizielle Untersuchung hatte die Sache als tragischen Unfall eingestuft – aber es war die Art von Unfall, die seinen ehemaligen Kommandeur veranlaßt hatte, die Einzelheiten persönlich an den Prokonsul weiterzuleiten, dem Quadratus gerade für ein neues Zivilamt zugeteilt worden war.
    Also war sein Name tatsächlich mit einem schwarzen Punkt gekennzeichnet.
     
    Kurz danach, als ich schließlich den Flur erreichte, bemerkte ich einige Frühankömmlinge, die sich für eine Audienz beim Prokonsul anstellten. Ein Schreiber, der einen höheren Posten haben mußte als die anderen – weil er noch später zur Arbeit erschien und offenbar einen noch größeren Kater hatte –, wurde von zwei Gestalten aufgehalten, die

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