Zwielicht in Cordoba
Grau durchsetzt. Auf mehrere Lagen seines Kinns verteilten sich dunkle Bartstoppeln. Er besaß all die körperlichen Attribute, die zu einem fröhlichen Kumpan gehören – einschließlich der unangenehmen Rauhbeinigkeit.
Ich ließ mich auf eine Bank fallen und kam gleich zur Sache: »Bei unserer letzten Begegnung, meine Herren, befand ich mich in meiner Heimatstadt, und Sie waren die Besucher. Allerdings haben wir uns ebenfalls beim Essen gesehen.« Ich ließ meinen Blick über die leeren Teller wandern, über die Fischgräten, abgekauten Olivenkerne, Hühnerknochen, Austernschalen, Lorbeerblätter und Rosmarinzweige. »Äußerst beeindruckend, was Sie so verputzen!«
»Sie sind im Vorteil«, sagte Norbanus. Er klang vollkommen nüchtern. Festmahle gehörten zum Alltag dieser Männer. Er hatte seinen Rüssel schon wieder in den Becher gesteckt, ohne Anstalten zu machen, mir etwas zu trinken anzubieten.
»Mein Name ist Falco.«
Sie nahmen weder miteinander noch mit mir Blickkontakt auf. Das hieß, sie hatten von vornherein gewußt, wer ich war. Entweder erinnerten sie sich tatsächlich daran, daß sie mir auf dem Palatin vorgestellt worden waren, oder sie wußten, daß ich der nicht allzu geheime Agent war, der wegen des Kartells ermittelte.
»So! Sie sind also der angesehene Meister-Flußschiffer Cyzacus und Sie der bedeutende Negotiator Norbanus. Beides Männer von so hohem Ansehen, daß sie von dem hochmögenden Quinctius Attractus nach Rom eingeladen wurden?«
»Dem hochmögenden Kriecher!« höhnte Norbanus, ohne die Stimme zu senken. Cyzacus warf ihm einen nachsichtigen Blick zu. Die Verachtung des Negotiators galt nicht nur dem Senator, sondern allem Römischen – einschließlich mir.
»Dem hochmögenden Fädenzieher«, stimmte ich freimütig zu. »Was mich betrifft, ich bin Republikaner – und einer aus dem Plebs. Mir wär’s nur recht, wenn sich herausstellt, daß der Senator und sein Sohn die Dinge ein wenig übertrieben haben.« Diesmal wurden sie beide ganz reglos. Doch man mußte genau hinschauen, um es zu bemerken.
»Ich habe mit Ihren Söhnen gesprochen«, sagte ich zu dem Flußschiffer. Gorax und der junge Cyzacus konnten in den drei Tagen seit unserer Begegnung unmöglich Kontakt mit ihrem Papa aufgenommen haben. Ich hoffte, ihn mit dem Gedanken an das, was sie mir vielleicht erzählt haben könnten, ein wenig in Unruhe zu versetzen.
»Wie schön für Sie.« Er ließ sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen. »Was machen meine Jungs?«
»Gehen fleißig ihrer Arbeit nach.«
»Das ist ja mal was ganz Neues!« Hier hielt man mit seiner Meinung offenbar nicht hinter dem Berg. Trotzdem hatte ich das Gefühl, daß dieser gerissene alte Mann die Geschäfte in Corduba nicht seinen Jungs überlassen hätte, wenn er ihnen nicht vollkommen trauen würde. Er hatte ihnen alles Erforderliche beigebracht, und trotz der bitteren Enttäuschung, die er gespürt haben mußte, als sich sein eigener Sohn der Dichtkunst verschrieb, arbeiteten die drei inzwischen eng zusammen. Die beiden Söhne hatten auf mich durchaus loyal gewirkt, sowohl einander als auch ihrem Vater gegenüber.
»Cyzacus junior hat mir von seiner Dichterlaufbahn erzählt, und Gorax war mit ein paar Hühnern beschäftigt. Sie erklärten mir, Sie seien in Rom gewesen, um Tacheles über Exporte zu reden.«
»Ich war als Gast dort!« Cyzacus gab sich als harmloser Greis, der seine Sinne nicht mehr ganz beisammen hat. Aber er war schlau, wußte, daß ich nichts beweisen konnte. »Attractus hat mich eingeladen und für alles bezahlt.«
»Wie großzügig!«
»Gibt sich gern spendabel«, meinte Norbanus mit einem gackernden Lachen und deutete damit an, daß er den Mann für einen Trottel hielt. Ich bekam den durchaus angenehmen Eindruck, daß die beiden die kostenlose Reise zynischerweise angenommen hatten, ohne je vorzuhaben, sich zu etwas nötigen zu lassen. Schließlich waren sie beide im Transportwesen tätig und konnten jederzeit praktisch umsonst nach Rom gelangen.
»Wie sehr Attractus Ihren Witz und die Unterhaltung mit Ihnen auch schätzen mag, mir will doch scheinen, als deute das Zahlen von Überfahrten und die Aufnahme in seinem eigenen feudalen Haus – was er ja wohl schon öfter mit verschiedenen Gruppen aus Baetica gemacht hat – darauf hin, daß der illustre Philanthrop etwas von Ihnen will?«
»Ausgezeichneter Geschäftssinn«, grinste Norbanus.
»Und ein scharfer Blick für lukrative Handelsabschlüsse?«
»Das
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