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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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beleidigte ihn nicht. Er war stolz auf sich, und das mit gutem Grund. »Ich bin ein kaiserlicher Freigelassener. Aus der Zeit Neros«, fühlte er sich verpflichtet hinzuzufügen. Er wußte, daß ich nachgefragt hätte. Freigelassene des Palastes werden immer nach dem Regime beurteilt, unter dem ihre Karriere begann. »Aber das beeinträchtigt meine Loyalität nicht.«
    »Jeder, der dem Staat unter Nero diente, wird Vespasian mit einem großen Erleichterungsseufzer willkommen heißen. Vespasian weiß das.«
    »Ich tue meine Arbeit.« Eine Behauptung, die ich ihm ohne weiteres abnahm.
    »Und wie sind Sie zu dieser Stellung gekommen?«
    »Ich habe mir meine Freiheit gekauft, mich als Geschäftsmann betätigt, genug verdient, um in den Ritterstand erhoben zu werden und mich dann für einen nützlichen Posten zur Verfügung gestellt. Man hat mich hierher geschickt.« Er hatte die Art von Werdegang, um die ich mich selbst bemühen sollte. Vielleicht hätte ich es geschafft, wenn ich als Sklave geboren worden wäre. Statt dessen hatten sich mir Stolz und Halsstarrigkeit in den Weg gestellt.
    »Und jetzt haben Sie eine ganz hübsche Kontroverse entfacht. Wo hat es denn angefangen zu stinken?«
    Er antwortete nicht sofort. »Schwer zu sagen. Ich hätte beinahe überhaupt keinen Bericht verfaßt.«
    »Haben Sie es mit jemandem durchgesprochen?«
    »Dem Quästor.«
    »Cornelius?«
    Er sah mich schockiert an. »Wem denn sonst?« Der neue Quästor war offensichtlich keine Alternative.
    »Ein anständiger Mann?«
    »Ich mochte ihn. Stellte sich auf niemandes Seite. Erledigte seine Arbeit – was man nicht sehr oft findet!«
    »Wie kam Cornelius mit dem Prokonsul aus?«
    »Er war der gewählte Stellvertreter. Sie hatten schon vorher zusammen gearbeitet. Er war der oberste Tribun in der Legion des Alten. Sie kamen zusammen hierher. Aber jetzt braucht Cornelius einen Karrieresprung. Er will sein Gesicht im Senat zeigen. Der Alte erklärte sich bereit, ihn freizugeben.«
    »Worauf er mit dem Burschen vorlieb nehmen mußte, der ihm als Ersatz geschickt wurde! Aber ich hörte, daß Cornelius nicht nach Rom zurückgekehrt ist? Er soll sich auf Reisen befinden.«
    Ein ärgerlicher Ausdruck huschte über Placidus’ Gesicht. »Diese Reise von Cornelius gehört auch zu dem üblen Gestank!« Das war interessant. »Eine direkte Rückkehr nach Rom wäre zu einfach gewesen, nicht wahr? Dann hätte er ja unseren Bericht selbst vortragen können.«
    »Was wollen Sie damit sagen, Placidus?«
    »Cornelius war bereit für die Rückkehr. Er wollte zurück.«
    »Erpicht darauf?«
    »Mehr als das!« Einer von denen. Ein Karrierist! Ich ließ mir meine Gedanken nicht anmerken. Auf einer niedrigeren Sprosse der Erfolgsleiter im öffentlichen Dienst war auch Placidus ein Karrierist. »Er wollte in die Politik. Außerdem hatte er Heiratspläne.«
    »Ein Fatalist! Und wo genau ist er jetzt?« wollte ich mit einem unguten Gefühl wissen. Aus irgendeinem Grund war ich mir sicher, daß er sagen würde, der junge Mann sei tot.
    »In Athen.«
    Nachdem ich mich von dieser unerwarteten Antwort erholt hatte, fragte ich: »Was zieht einen denn nach Athen?«
    »Sie meinen abgesehen von Kunst, Geschichte, Sprache und Philosophie?« fragte Placidus eher trocken. Ich bekam den Eindruck, daß er einer dieser Kulturvernarrten war, der selbst liebend gern eine Reise nach Griechenland unternommen hätte. »Nun ja, Cornelius war allerdings nicht sehr scharf darauf. Sowas liegt ihm nicht. Jemand in Rom hatte nur zufällig eine ungenutzte Fahrkarte für ein Schiff von Gades nach Piräus. Er sprach mit Cornelius’ Vater und bot sie ihm als Geschenk an.«
    »Wie großzügig! Und Cornelius senior war entzückt?«
    »Welcher Vater würde die Chance zurückweisen, seinen Sohn kostenlos auf die Universität zu schicken?«
    Tja, meiner zum Beispiel. Aber meiner hatte vor langem erkannt, daß ich mich, je mehr ich lernte, immer mehr seiner Kontrolle entzog. Er überschüttete mich nicht mit Kunst, Geschichte, Sprachen oder Philosophie. Auf diese Weise brauchte er auch nie meine geheuchelte Dankbarkeit zu ertragen.
    Aber ich konnte mit Cornelius mitfühlen. Er saß in der Klemme. Eine Senatorenlaufbahn ist nicht billig. Eine Eheschließung ebenfalls nicht. Um sich das elterliche Wohlwollen nicht zu verscherzen, mußte er alles mitmachen, wie ungelegen es ihm auch kam, was sein wohlmeinender Papa ihm aufbürdete – nur weil irgendein Bekannter aus der Kurie es ihm lächelnd angeboten

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