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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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fuhren alle gleichzeitig los. Ich hatte den Kutscher der Rufii angewiesen, ein äußerst langsames Tempo anzuschlagen, damit dem Verletzten nichts passierte. Das verschaffte Marmarides einen Vorsprung, und bald hatte er die andere Kutsche weit hinter sich gelassen, was mich freute. Der größte Teil der Fahrt führte durch die ausgedehnten Felder des Quinctius-Gutes. Ich hatte mich zu Marmarides auf den Kutschbock gesetzt, damit die beiden Frauen in Ruhe miteinander reden konnten, doch Helena erzählte mir später, daß sie ein schweigsames Paar abgegeben hätten, wobei Claudia Rufina wie betäubt in die Gegend starrte. Ihr war offenbar die Kraft ausgegangen, und der erlittene Schock hatte sie schließlich überwältigt.
    Am Todesort des jungen Mannes war ein tragbarer Altar aufgestellt – direkt neben dem Weg, so daß niemand vorbeigehen konnte, ohne Notiz von der Tragödie zu nehmen. Auf einer Steinplatte standen Blumen, Schüsseln mit Öl und Weizenkuchen. Der Sklave, den wir im Schatten eines Kastanienbaumes schlummern sahen, sollte eigentlich diesen traurigen Schrein bewachen.
    Ich erinnerte mich an diesen Ort. Die Ölmühlen der Rufii standen an einem Hof nicht weit weg vom Haupthaus. Er gehörte zum ursprünglichen Wohngebäude, einer Villa Rustika im älteren Stil, die man aufgegeben hatte, als die Familie wohlhabend wurde und sich für ein größeres, aufwendigeres und städtischeres Wohnhaus entschloß. Im alten Haus waren jetzt vermutlich die Verwalter und Aufseher untergebracht; allerdings war es während des Tages normalerweise verlassen, da sie sich alle auf den Feldern und in den Olivenhainen befanden. So mußte es auch gestern gewesen sein, als der junge Rufius hierherkam.
    Als Marmarides die Fahrt verlangsamte, sprang ich rasch vom Kutschbock. Der Hauptweg des Gutes führte durch diesen Hof. Marmarides ließ die Mulis eine Kehrtwendung machen und lenkte die Kutsche auf die Schattenseite, wo bereits ein Pferd angebunden war. Im Vorbeigehen tätschelte ich das Tier und merkte, daß seine Flanken noch warm vom Ritt waren. Eine Schar weißer Gänse kam bedrohlich auf mich zugewatschelt, aber der Sklave, der den Schrein bewachen sollte, griff nach einem Stock und trieb sie weg.
    Es gab verschiedene Wirtschaftsgebäude, in die ich jeweils einen raschen Blick warf: Ställe und Schuppen für die Pflüge, ein Weinkeller, eine Dreschtenne und schließlich der Teil, in dem das Öl hergestellt wurde. Er war überdacht, aber in der zum Hof gelegenen Wand befanden sich riesige Falttüren, durch die vermutlich die Karren einfuhren. Im Sommer standen die Türen weit offen.
    Zwei Räume wurden zur Ölgewinnung benutzt, wie das auf den meisten Gütern üblich war. Im äußeren standen zwei Ölpressen, und in den Boden waren Bottiche eingelassen. Hier war Constans offenbar nicht zu Tode gekommen. Die Bottiche wurden wohl dazu benutzt, das ausgepreßte Öl zu schöpfen, es ruhen zu lassen und an die dreißig Mal von anderen, in ihm enthaltenen Flüssigkeiten zu trennen. Riesige Schöpfkellen hingen an den Wänden, zusammen mit einer großen Anzahl von Espartosäcken. Ich sah sie mir gerade näher an, als jemand geduckt durch den Bogendurchgang zum nächsten Raum trat und sofort sagte: »In die wird das Preßgut gefüllt, bevor es ausgepreßt wird.«
    Es war Marius Optatus. Da ich sein Pferd draußen gesehen hatte, war ich auf seine Anwesenheit vorbereitet, obwohl ich mich fragte, was zum Hades er hier tat. Ruhig fuhr er fort: »Man schichtet etwa fünfundzwanzig bis dreißig Säcke aufeinander und schiebt gelegentlich Metallplatten dazwischen, damit sie nicht verrutschen …« Er deutete auf den zweiten Raum, aus dem er gekommen war. »Constans ist dort drinnen gestorben.«
    Hinter mir im Hof konnte ich Helena und Claudia langsam aus der Kutsche steigen hören. Helena versuchte, das Mädchen möglichst lange zurückzuhalten, damit ich Zeit hatte, mir den Tatort allein anzusehen. Optatus hörte sie auch und machte ein besorgtes Gesicht. Ich trat hinaus in den Hof und rief Helena zu, draußen zu bleiben. Dann folgte ich Optatus in den zweiten Raum.
     
    Durch die Schlitze an der Nordwand sickerte nur schwach das Licht herein. Ich blieb einen Moment stehen, um meine Augen an das Halbdunkel des kleinen Raumes zu gewöhnen. Ein schwacher und doch ausgeprägter Geruch nach den Oliven des Vorjahres hing immer noch im Raum. Es war eng und still hier, obwohl wir gedämpfte Stimmen aus dem Hof hören konnten. Die Leiche des

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